15 Gruselstories
Geschichte gerne schreiben würde. Es ist keine jener Schnulzen, die die Presseagenturen nur zu gerne verbreiten. Würde ich doch für das Public-Relations-Büro der Filmgesellschaft arbeiten, hätte ich diese Geschichte auch gar nicht erst niedergeschrieben, denn ich hätte doch keine Zeitung gefunden, die sie abdruckt.
Wir Männer, die wir für Hollywood die Reklametrommel rühren, müssen diese Filmstadt als einen heiteren, fröhlichen Ort präsentieren, als eine Welt voller Ruhm und Herrlichkeit und eitel Sonnenschein. Wir dürfen nur die Lichtseiten von Hollywood zeigen. Aber jeder weiß, daß da, wo Licht ist, auch Schatten sein muß. Ich habe jahrelang davon gelebt, dem Publikum die Lichtseiten in den glänzendsten Farben zu schildern. Aber die Ereignisse, über die ich Ihnen jetzt berichten möchte, waren zu einschneidend, als daß man über sie hinweggehen könnte. Denn der Schatten, den dieser Zwischenfall warf, war nicht mehr menschlich .
Diese ganze Affäre lastete so sehr auf meiner Seele, daß ich danach meiner gewohnten Arbeit nicht mehr nachgehen konnte. Ich nehme an, das war auch der Grund, warum ich dann meinen Posten bei der Filmgesellschaft aufgegeben habe. Ich wollte vergessen. Der Himmel mag wissen, ob mir das jemals gelingt. Ich habe irgendwie das Gefühl, daß ich mich wohler fühlen werde, wenn ich mir die ganze Geschichte von der Seele geschrieben habe. Vielleicht kann ich dann eines Tages Karl Jorlas Augen vergessen …
Diese Affäre liegt jetzt drei Jahre zurück.
Sie begann an einem Abend im September …
Les Kincaid und ich schlenderten über die Hauptstraße in Los Angeles. Les ist ein Hilfsregisseur des Studios, und wir schlenderten an diesem späten Abend nicht zum schieren Vergnügen über die Hauptstraße in Los Angeles. Er brauchte für den Gangsterfilm, den er gerade drehte, noch ein paar Statisten, die realistisch wirken sollten, so echt ›aus dem Leben gegriffen‹. Les war in diesem Punkt sehr eigen. Er engagierte lieber ein paar finstere Gestalten von der Straße weg als die auf echt getrimmten Imitationen an der Filmbörse.
Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir schon eine beachtliche Strecke zurückgelegt. Wir waren an den engen Gassen des Chinesenviertels vorbeigekommen, hatten dann die Touristenfalle – ich meine die Olvera Street – abgegrast und landeten schließlich bei den schäbigen Hotels und Etablissements am Ende der endlos langen Hauptstraße, wo uns unschuldig blickende Philippinos wie zufällig folgten.
Wir hatten das Ganze langsam satt. Ich glaube, das war auch der Grund, daß uns das kleine, schmutzige, düstere Theater plötzlich ins Auge stach.
»Laß uns hineingehen und ein bißchen ausruhen«, schlug Les vor. »Ich bin todmüde.«
Nun gibt es selbst bei der übelsten Show Stühle, und ich hatte ebenfalls das dringende Bedürfnis, meine Beine auszustrecken und ein kleines Nickerchen zu machen. Die Bilder im Schaukasten versprachen nicht gerade umwerfende Darbietungen, aber das war mir gleichgültig, und ich stimmte Les’ Vorschlag zu.
Nachdem wir unsere Eintrittskarten gekauft hatten, betraten wir das enge, muffige Lokal und setzten uns. Wir ließen zwei Striptease-Tänze, einen uralten Sketch und das ›Große Finale‹ über uns ergehen. Danach ist es in solchen Lokalen üblich, daß sich die Bühne verdunkelt und eine Leinwand heruntergezogen wird.
Damit war der Augenblick gekommen, wo wir in Ruhe unser Nickerchen machen konnten. Bei den Filmen, die in diesen Häusern gezeigt werden, handelt es sich meist um uralte Schinken, die als Füller gezeigt werden; mit denen man die Gäste, die doch nichts mehr bestellen, hinausekelt, um für neue Kunden Platz
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