15 Gruselstories
zu schaffen. Bei den ersten plärrenden Musiklauten, die den Titel des Meisterwerks untermalten, schloß ich die Augen, rutschte tiefer in meinen Stuhl und versank in Morpheus Armen.
Ein kräftiger Hieb in die Rippen riß mich höchst unsanft aus meinem friedlichen Schlummer. Es war Les, der mir den Stoß versetzt hatte und sich jetzt flüsternd zu mir beugte.
»Schau dir das an«, murmelte er, »hast du so etwas schon einmal gesehen?«
Ich richtete meinen müden Blick auf die Leinwand. Ich kann heute nicht mehr sagen, was ich in diesem Augenblick erwartet hatte zu sehen; aber was ich sah – war das nackte Grauen. Ich wurde sehr schnell völlig munter.
Ich schaute auf einen ländlichen Friedhof mit alten dunklen Bäumen, durch die das Mondlicht schimmerte. Es war ein sehr alter Friedhof. Verwaschene Grabsteine und vermoderte Holzkreuze ragten grotesk winklig zum mitternächtlichen Himmel.
Dann schwenkte die Kamera auf ein frisch zugeschaufeltes Grab, das zwischen verfallenen Hügeln lag. Die unterlegte Musik schwoll an und wies damit auf einen Höhepunkt hin. Aber ich vergaß die Kamera und die ganze Filmtechnik, als ich gebannt auf die Leinwand starrte. Das Grab war irgendwie wirklich .
Das Grab bewegte sich !
Die Erde vor dem Grabstein hob sich in leichten, unregelmäßigen Bewegungen; so als ob jemand graben würde. Aber nicht von oben, sondern von unten ! Es war schrecklich, wie langsam die Erde aufgewühlt wurde. Kleine Steine und Erdklumpen fielen zur Seite. Das Gras über der Erde schien zu leben und zu pulsieren.
Langsam, aber stetig brach die Erde im Mondlicht auf. Irgend etwas arbeitete sich von unten durch den Erdhügel durch!
Dieses Etwas mußte jeden Augenblick hervorkommen. Ich muß gestehen, daß ich es mit der Angst zu tun bekam. Ich wollte nicht sehen, was sich da von unten her zum Mondlicht durchkämpfte. Es konnte nichts Natürliches sein. Und es konnte nichts Menschliches im Sinn haben!
Und trotzdem brachte ich es nicht fertig, meinen Blick abzuwenden. Ich mußte es – oder ihn – oder sie – auftauchen sehen! Nachdem jenes Etwas einen großen Erdklumpen mit Rasen beiseite gestoßen zu haben schien, starrte ich vom Rand des Grabes aus in das schwarze Loch hinunter, das mir im Mondlicht entgegenklaffte.
Und irgend etwas bewegte sich.
Irgend etwas glitt durch den offenen Spalt und klammerte sich an der aufgeworfenen Erde des Hügels fest. In dem unheimlichen Schein dieses dämonischen Mondes konnte ich erkennen, daß es eine menschliche Hand war. Oder fast eine menschliche Hand. Es war eine dürre, bleiche Totenhand, an der noch ein paar Fleischfetzen hingen; die Klaue eines Skeletts … Eine zweite Kralle griff in die aufgeworfene Erde, und langsam, ganz langsam kamen zwei gräßliche Arme zum Vorschein. Nackte, fleischlose Arme. Mir stockte der Atem, als diese Arme wie zwei aussätzige weiße Schlangen über das Erdreich tasteten. Und diese Arme gehörten zu einer Leiche, einer Leiche, die sich langsam erhob.
In diesem Augenblick schob sich eine Wolke vor den Mond. Das Licht verblaßte; und das Grab lag im Schatten, als sich jetzt die Schultern und ein dürrer Schädel erhoben. Aber in wenigen Sekunden würde das Gesicht sichtbar werden. Das Gesicht des Wesens aus dem Grabe, die Visage, die durch den Tod längst verfault sein müßte. Was würde ich um Gottes willen zu sehen bekommen?
Der Schatten verschwand. Die ganze Gestalt hatte sich jetzt aus dem Grabe erhoben und drehte mir ihr Gesicht zu. Ich erstarrte und sah –
Nun, Sie waren sicher auch schon in Gruselfilmen. Sie wissen, was man da normalerweise zu sehen bekommt. Den ›Affenmenschen‹ oder den ›Irren‹ oder den ›Totenschädel‹. Sie kennen diese Meisterleistungen der
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