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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß wir uns wiedersehen werden, wenn du nicht selbst darauf verzichtest.“
    „Ich verzichte nicht und hoffe, daß dieses Wiedersehen ein freundliches sein werde. Fände das Gegenteil statt, so könnte dir leicht etwas passieren, was dir nicht lieb ist.“
    Ich hatte während dieses sehr freundschaftlichen Gespräches das von ihm empfangene Paket an dem Sattel befestigt, war aufgestiegen und ritt nun davon.

DRITTES KAPITEL
    In Gefahr
    Nach wenigen Minuten kam ich an das eigentliche Dorf Dschnibaschlü, ritt hindurch und befand mich dann wieder zwischen Mais- und andern Feldern, an welche sich eine Weideebene schloß, die von dem vorhin besprochenen Wald begrenzt wurde.
    Die Räderspuren der großen, unbeholfenen Ochsenwagen waren deutlich zu sehen. Ich folgte ihnen in der angegebenen südwestlichen Richtung und hatte beinahe den Wald erreicht, als ich einen Reiter bemerkte, welcher von links her über die Ebene herangetrabt kam. Da ich langsamer ritt als er, hatte er mich bald erreicht.
    „Allah bilindsche – Gott sei mit dir!“ grüßte er.
    „Müteschekkürüm – ich danke dir!“ grüßte ich.
    Er betrachtete mich prüfend, und ich tat dasselbe mit ihm, doch geschah dies von mir nicht so auffällig, wie von ihm. Es war nichts Besonderes an ihm zu bemerken. Sein Pferd war schlecht, seine Kleidung war schlecht, und sein Gesicht machte keinen viel besseren Eindruck. Nur die Pistolen und das Messer, welche in seinem Gürtel staken, schienen gut zu sein.
    „Woher kommst du?“ fragte er.
    „Von Dschnibaschlü“, antwortete ich bereitwillig.
    „Und wohin reitest du?“
    „Nach Kabatsch.“
    „Ich auch. Ist dir der Weg bekannt?“
    „Ich hoffe, ihn zu finden.“
    „Du hoffst es? So bist du fremd?“
    „Ja.“
    „Darf ich dein Gefährte sein? Wenn du es mir erlaubst, so kannst du dich nicht verirren.“
    Er machte keinen angenehmen Eindruck auf mich; aber dies war kein Grund, ihn zu beleidigen. Er konnte trotzdem ein braver Mensch sein. Und selbst wenn das Gegenteil der Fall war, konnte es mir nicht nützen, ihn von mir zu weisen. Ich hätte höchstens seinen Zorn oder gar seine Rachsucht herausgefordert. Und er sah mir ganz so aus, als ob er in einem solchen Falle geneigt sein würde, mich von der Güte seiner Waffen zu überzeugen; darum antwortete ich:
    „Du bist sehr freundlich. Bleiben wir beisammen!“
    Er nickte befriedigt und lenkte sein Pferd an die Seite des meinigen.
    Eine Weile ritten wir schweigend nebeneinander her. Er betrachtete mit sichtlichem Interesse meinen Rappen und meine Waffen. Dabei war es mir, als ob sein Blick zuweilen besorgt die Umgebung mustere. Gab es hier vielleicht etwas zu befürchten? Ich hielt es für angezeigt, keine Frage auszusprechen. Später freilich erfuhr ich den Grund dieser besorgten Blicke.
    „Reitest du von Kabatsch dann weiter?“ fragte er mich nun in freundlichem Ton.
    „Nein.“
    „So besuchst du dort jemand?“
    „Ja.“
    „Darf ich wissen, wen? Du bist ja fremd, und vielleicht kann ich dir seine Wohnung zeigen.“
    „Ich reite zu Ali, dem Sahaf.“
    „O, den kenne ich! Wir kommen an seinem Haus vorüber. Ich werde dich aufmerksam machen.“
    Wieder stockte das Gespräch. Ich fühlte keine Lust, auf eine Unterhaltung einzugehen, und er schien sich ganz in derselben Stimmung zu befinden. So legten wir eine große Strecke zurück, ohne daß ein weiteres Wort gefallen wäre.
    Der Weg zog sich zwischen den Bäumen des Waldes mehr und mehr bergan. Wir erreichten die von dem Bäcker erwähnte Höhe und auch die Stelle, an welcher die Räderspuren sich nach Süden wendeten. Doch war zu bemerken, daß Leute auch nach Westen geritten seien. Dieser letzteren Richtung folgten wir, und dann zeigte sich auch bald der Bach, von welchem die Rede gewesen war.
    Nach kurzer Zeit erreichten wir eine kleine Lichtung, an deren Rand ich eine niedrige, länglich gebaute Hütte gewahrte. Sie war ganz roh aus Steinen errichtet und schindelähnlich mit gespaltenem Holz bedeckt. Ich bemerkte eine niedrige Tür und eine kleine Fensteröffnung. Im Dach befand sich eine Öffnung, welche jedenfalls den Zweck hatte, den Rauch abziehen zu lassen. Mächtige Eichen streckten ihre knorrigen Zweige über dieses urwüchsige Bauwerk aus, welches den Eindruck eines traurigen Verlassenseins machte.
    Wie nur so nebenbei, deutete mein Begleiter nach der Hütte hinüber und sagte:
    „Dort wohnt ein Bettler.“
    Er machte keine Miene, sein Pferd anzuhalten. Dieser Umstand ließ den

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