Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
tot stellen. Jedenfalls schafften sie mich in den Wald, um mich einzuscharren. Vielleicht kamen sie da auf die Idee, die Riemen zurückzubehalten, die doch immerhin einen Wert hatten, wenn auch nur einen ganz geringen. Dann befand ich mich im freien Besitz meiner Glieder.
    Vielleicht gönnten sie dem Grab die beiden Stücke nicht, mit denen ich noch bekleidet war. Wollten sie mir auch diese ausziehen, so mußten sie vorher die Fesseln entfernen. Auch in diesem Fall hatte ich wenigstens die Hoffnung, wenn auch nicht loszukommen, so doch nicht ohne Widerstand an diesem Ort meine irdische Wanderung zu beenden. Es blieb mir also nur übrig, in Geduld zu warten, was da kommen werde. Sicherlich blieben diese Menschen nicht ewig stumm. Ein Gespräch zwischen ihnen konnte einen brauchbaren Wink für mich enthalten.
    Und eben jetzt legte jener Mann, dessen Stimme mir unbekannt gewesen war und den ich für den Waffenschmied aus Ismilan hielt, den letzten Knochen weg. Er wischte sich das Messer an seiner Hose ab, steckte es in den Gürtel und sagte:
    „So! Jetzt haben wir gegessen, und nun können wir auch reden. Ich werde den Schöps bezahlen. Was hat er gekostet?“
    „Nichts“, antwortete der Bettler. „Ich habe ihn gestohlen.“
    „Desto besser. Der Tag fängt also sehr billig an. Ich komme, um euch lohnende Arbeit zu geben, und unterdessen habt ihr eine andere vollbracht, welche vielleicht noch lohnender ist. Ich weiß noch nicht genau, wie es eigentlich zugegangen ist. Ich kam zu Boschak, als er im Begriff war, aufzubrechen, und wir sind so schnell geritten, daß er unterwegs nicht sprechen konnte.“
    „Allah 'l Allah! Ich bin in meinem Leben noch nicht so geritten!“ sagte selbst jetzt der Dicke. „Ich fühle nicht, ob ich noch am Leben bin.“
    „Du lebst, Freund! Aber, konntest du nicht eher aufbrechen?“
    „Nein. Ich habe nur das eine Reittier, und der Bote, den es fortgetragen hatte, kam so spät zurück.“
    „Also nun – wer ist dieser Fremde gewesen?“
    „Ein Christ aus dem Frankenland.“
    „Allah verderbe seine Seele, wie ihr seinen Körper getötet habt! Wie kam er zu dir?“
    „Er hatte mein Weib unterwegs getroffen und nach mir gefragt. Er wußte alle unsere Geheimnisse und wollte mich bestrafen lassen, wenn ich meine Tochter nicht dem Sahaf zum Weib gäbe.“
    „Sie gehört Mosklan, unserem Verbündeten. Wer aber hat diesen Fremdling eingeweiht?“
    „Ich weiß es nicht, er schwieg darüber. Er sprach von Mosklan, vom Schut, von allen; er kannte unser Dorngestrüpp im Feld und zwang mich mit seiner Drohung, ihm meine Einwilligung zu geben.“
    „Du aber hältst es nicht!“
    „Einem Gläubigen halte ich mein Wort, aber er ist ein Christ. Geht nach Stambul und sprecht mit den Ungläubigen. Es gibt dort viele russische Christen, welche sagen, daß niemand sein Wort zu halten brauche, der während des Versprechens im stillen zu sich gesagt hat, daß er es brechen werde. Warum soll ich an ihnen nicht das tun dürfen, was sie lehren und untereinander auch tun?“
    „Du hast recht.“
    „Ich schickte also heimlich meinen Knecht an Saban und die Freunde hier und ließ ihnen sagen, was geschehen soll. Saban mußte sich krank stellen; Murad erwartete den Fremdling, um ihn sicher hierher zu bringen, und die andern versteckten sich hinter die dicken Stämme des Waldes, um dann nach ihm in die Hütte zu treten. Das ist's, was ich weiß; laß dir das weitere von ihnen erzählen.“
    „Nun, Saban, wie ist es dann gekommen?“ fragte der Waffenschmied.
    „Sehr gut und sehr leicht“, antwortete der Bettler. „Der Fremde kam mit Murad, welcher sich den Anschein gab, als ob er weiter reiten wolle, und stieg ab. Ich beobachtete es durch das Fenster und legte mich sodann rasch auf das Lager. Der Fremde trat herein und brachte mir, was der Bäcker ihm für mich gegeben hatte.“
    „Den Wein gibst du mir aber wieder!“ warf der Erwähnte ein. „Ich sandte ihn dir nur zum Schein und habe nur diese eine Flasche. Das Gebäck aber kannst du behalten.“
    „Was! Wein hast du ihm geschickt?“ fragte der Ismilaner.
    „Ja.“
    „Den bekommst du nicht wieder!“
    „Warum?“
    „Weil wir ihn trinken werden.“
    „Wie könnt ihr ihn trinken? Ihr seid gläubige Söhne des Islam, und der Prophet hat den Wein verboten.“
    „Nein, er hat ihn nicht verboten. Er hat nur gesagt: ‚Alles, was trunken macht, sei verflucht!‘ Diese eine Flasche Wein aber wird uns nicht betrunken machen.“
    „Sie ist mein

Weitere Kostenlose Bücher