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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich diesem Ruf sofort folgen; da aber rief jener Mann, welcher mein Führer gewesen:
    „Halt! Laßt ihn nicht hinaus!“
    Sie stellten sich mir entgegen. Ich aber rannte dem einen Kerl den Büchsenlauf an den Leib, daß er mit einem Schmerzensschrei zurücktaumelte und stürzte, schlug dem nächsten die Faust ins Gesicht und stand dann draußen. Das war das Werk nur dreier Sekunden gewesen; aber schon jagte der Waffenschmied über die Lichtung dahin – auf meinem Rappen und meinen Henrystutzen in der Hand schwingend.
    Er hatte ganz unvermutet meinem Halef den Stutzen entrissen, ihm den Kolben an den Kopf geschlagen und sich dann blitzschnell auf meinen Rih geworfen. Osco und Omar hatten dies bemerkt und nach ihm geschossen, ihn aber nicht getroffen.
    „Bleibt hier!“ rief ich ihnen zu. „Laßt keinen aus der Tür! Schießt jeden nieder, der entweichen will!“
    Der Maulesel des dicken Bäckers und die Pferde Halefs und des Ismilaners standen da. Des letzteren Pferd schien das frischeste zu sein. Ich sprang auf, stieß dem Tier die Sporen ein, daß es mit allen vieren in die Luft ging, riß es herum und galoppierte dem Dieb nach.
    Was hinter mir geschah, war gleichgültig. Ich mußte mein Pferd wieder haben. Ich hatte die Büchse in der Hand und war entschlossen, den Kerl aus dem Sattel zu schießen, wenn es nicht anders gehen sollte.
    Er hatte die Richtung nach Kabatsch genommen. Ich konnte ihn nicht sehen. Die Spur führte durch den Wald. Wenn ich ihm gleich im Anfang einen Vorsprung ließ, so war mir Rih verloren. Ich trieb also den Klepper, welchen ich ritt, zur größten Eile an.
    Es war mir zwar, als ob ich Hufschlag vor mir hörte; sehen aber konnte ich wegen der Bäume nichts. So ging es wohl volle fünf Minuten lang unter den licht stehenden Bäumen dahin. Es war mir, als ob ich in dieser kurzen Zeit wenigstens drei englische Meilen zurückgelegt hätte. Und nun – keine Täuschung – hörte ich auch wirklich Hufschlag vor mir. Vor mir? Nein; das konnte nur hinter mir sein. Ich drehte mich um und erblickte Halef, welcher im sausenden Galopp mir nachkam. Er stand, weit vornüber geneigt, in den Bügeln und bearbeitete sein armes Pferd mit der Peitsche von Nilpferdhaut, daß ich es klatschen hörte.
    „Kudam! Khawam, bil' aghel! 'sa Rih chatirak – vorwärts! Rasch, schnell! Sonst Rih, lebe wohl!“ rief er.
    Er sprach Arabisch und das war ein Zeichen, daß er sich in großer Aufregung befand.
    „Warum hast du die Hütte verlassen?“ fragte ich zurück. „Nun werden sie entkommen!“
    „Osco wa Omar hunak – Osco und Omar sind dort!“ antwortete er sich entschuldigend.
    Weiter konnten wir nicht miteinander sprechen.
    Jetzt wurde der Wald noch lichter. Die Bäume traten mehr und mehr zurück, und endlich jagten wir in freies Feld hinaus, welches ungehinderte Aussicht gewährte.
    Wir befanden uns auf der Höhe. Unten lag ein Dorf, jedenfalls Kabatsch, ungefähr eine halbe Wegstunde entfernt. Von links kam ein breiter Bach, der sich hinter dem Dorf mit dem Flüßchen Söüdlü vereinigte. Oberhalb dieser Vereinigung gab es eine Holzbrücke.
    Natürlich sahen wir auch den Ismilaner. Er befand sich weit vor uns. Es war unmöglich, ihn mit der Kugel zu erreichen. Rih war ja ein ausgezeichneter Renner. Er spielte aber nur. Wäre der Waffenschmied ein besserer Reiter gewesen, so hätte er bereits den dreifachen, fünffachen Vorsprung haben können.
    Er hatte nicht die Richtung nach dem Dorf genommen. Er scheute sich wohl, sich dort sehen zu lassen. Er hielt unbegreiflicherweise nach dem Bach zu. Getraute er sich wirklich, ihn zu überspringen? Ich glaubte nicht daran. Der Bach war breit und hatte sehr hohe Ufer.
    „Ihm nach!“ rief ich Halef zu. „Treibe ihn nach der Brücke.“
    Ich selbst lenkte nach dem Dorf ein. Dies war der geradeste Weg zur Brücke. Vielleicht gelang es mir, trotz meines schlechten Pferdes dort eher anzukommen, als der Dieb.
    Mein Tier war zu schwerfällig. Ich machte mich so leicht wie möglich – vergebens! Ich mußte zu einer Grausamkeit greifen: – ich zog das Messer und stach das Pferd vielleicht einen Zoll tief in den Hals.
    Es stöhnte laut auf und tat sein allermöglichstes. Ich flog dem Dorf völlig entgegen; aber das Tier schien nun auch ganz aus dem Häuschen geraten zu sein. Es wollte nicht mehr gehorchen. Es stürmte blind vorwärts, immer gradaus, und da von einem Weg hier keine Rede war, so hatte ich meine liebe Not, einen Sturz zu verhüten, welcher

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