15 Tante Dimity und die Geister am Ende der Welt (Aunt Dimity Down Under)
hatte, winkte ich den Jungs noch zum Abschied zu und begab mich in die Küche, um Stanley zu füttern, den Geschirrspüler zu beladen und den Tisch abzuwischen.
Ich nahm an, dass ein Provinzanwalt an einem Montagmorgen um neun in seinem Büro sein würde. Als es so weit war, griff ich zum Telefon und wählte die Nummer auf der Visitenkarte, die ich auf dem Kaminsims der Pyms gefunden hatte. Die Frau, die mir antwortete, sprach mit einem melodischen schottischen Akzent.
» Guten Morgen«, sagte sie. » Sie sind mit der Kanzlei von Fortescue Makepeace verbunden. Mein Name ist Mrs Abercrombie. Wie kann ich Ihnen helfen?«
» Guten Morgen, Mrs Abercrombie«, sagte ich. » Hier spricht Lori Shepherd…«
» Ah, Mrs Shepherd«, sagte sie sofort. » Verzeihen Sie, dass ich Sie gleich unterbreche, aber Mr Makepeace hat mich bereits darauf vorbereitet, dass Sie heute in einer dringlichen Angelegenheit anrufen würden. Würde es Ihnen passen, sich heute mit Mr Makepeace zu treffen?«
» Ich kann in einer Stunde bei Ihnen sein«, sagte ich, denn ich rechnete aufgrund der nassen Straßen mit einer verlängerten Fahrzeit.
» Ich werde Mr Makepeace informieren«, sagte Mrs Abercrombie. » Wir erwarten Sie also um zehn Uhr, Mrs Shepherd.«
» Bis dann«, sagte ich und legte auf.
Erleichtert nahm ich zur Kenntnis, dass die Pyms mir den Weg zu ihrem Anwalt bereits geebnet hatten. So musste ich nicht viel Zeit damit verschwenden, ihm zu erklären, wer ich war und was ich wollte. Auch wenn ich Tante Dimitys Optimismus schätzte, so wurde ich doch das Gefühl nicht los, dass die Zeit gegen mich lief.
» Je eher er mir sagt, was ich wissen muss, umso besser«, murmelte ich auf dem Weg zum Flur.
Ich zog mir einen weiten schwarzen Regenmantel an, von dem ich hoffte, dass er mich vor Dornen und Wespenattacken schützen würde, schwang mir meine Schultertasche über und nahm die Schlüssel vom Telefontisch. Nachdem ich mich von Stanley verabschiedet hatte, lief ich im strömenden Regen zu meinem Mini. Mit etwas Glück, dachte ich, könnte ich an Aubreys Grab stehen, noch bevor Rob und Will aus der Schule kamen.
Das Haus Fanshaw Crescent Nummer zwölfwar der Mittelteil eines dreistöckigen georgianischen Reihenhauses ein paar Straßen südlich des Marktplatzes von Upper Deeping. Wenn die Sonne geschienen hätte, so hätte ich mir die Zeit genommen, die elegante, sandfarbene Fassade des Gebäudes zu bewundern, aber da sich der Regen in einen Monsun zu verwandeln drohte, stellte ich den Mini auf einem nahe gelegenen Parkplatz ab und lief schleunigst zu der schwarz glänzenden Tür von Nummer zwölf.
Kaum hatten meine Finger die kupferne Türklingel gedrückt, als eine große grauhaarige Frau mir öffnete. Sie trug einen Tweedrock, eine weiße Bluse, eine unförmige Strickjacke, deren Farbe an Haferschleim erinnerte, und schwarze Pumps mit flachem Absatz. Es umgab sie eine Aura unaufdringlicher Kompetenz, während sie mich hereinbat und mir aus meinem tropfnassen Regenmantel half, den sie in einem kleinen Seitenzimmer des Foyers aufhängte.
Die Frau stellte sich mir als Mrs Abercrombie, Mr Makepeaces Sekretärin, vor und führte mich eine gewundene Steintreppe hinauf in den zweiten Stock und zu einer Doppeltür, an die sie klopfte. Ein kleiner rundlicher Mann mit rosafarbenem Gesicht öffnete. Sein nüchterner schwarzer Anzug stand in nicht unerheblichem Gegensatz zu der weißen Seidenweste mit einem Muster aus Frühlingsblumen. Was ihm an Haaren geblieben war, trug er akkurat an beiden Seiten seines ansonsten kahlen Kopfes glatt gekämmt, und an seinem Revers prangte eine prachtvolle gelbe Orchidee. Seine hellblauen Augen funkelten.
» Ihr Zehn-Uhr-Termin ist eingetroffen, Mr Makepeace«, murmelte Mrs Abercrombie.
» Aber, aber, ich bitte um Entschuldigung«, protestierte Mr Makepeace und bedachte mich mit einem jovialen Lächeln. » Es handelt sich hier nicht um einen Zehn-Uhr-Termin, sondern um die äußerst liebenswürdige Ms Shepherd, deren Wille, ihren Nachbarn zu helfen, so dankenswert ist, dass ich kaum weiß, wie ich es in Worte fassen soll. Kommen Sie herein, werte Dame, und nehmen Sie Platz am Kamin. Mrs Abercrombie, Tee, bitte, und ein paar von Ihren köstlichen Keksen. Nach seiner anstrengenden Reise braucht unser Gast eine Stärkung.«
Noch während er sprach, führte mich Mr Makepeace zu einem pflaumenfarbenen Regency-Sessel, der zusammen mit einem zweiten eine Polsterbank aus Rosenholz flankierte. Die Sitzmöbel
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