15 - Todestanz
der Wecker.«
»Na prima.«
»Ja. Wurde auch allerhöchste Zeit. Noch eine weitere schlaflose Nacht und ich hätte völlig zombiemäßig ausgesehen.«
Giles zuckte zusammen, doch dann wurde ihm bewusst, dass sie ihre letzte Bemerkung wohl eher metaphorisch gemeint hatte. Offenbar lebte er bereits entschieden zu lange am Höllenschlund.
Beruhigt, dass es sich bei ihrem Gespräch offensichtlich nur um harmloses Geplapper handelte, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder anderen Dingen zu, nur um im nächsten Augenblick so abrupt innezuhalten, dass er um ein Haar die beiden Exemplare des Letzten Mohikaners, die er in den Händen hielt, fallen gelassen hätte.
Hatte Elaine nicht gerade etwas von Auflauern und Hinterherschleichen gesagt?
Ihre Freundin ... Sheila war ihr Name, wie er sich nun erinnerte ... schüttelte lachend den Kopf. »Nein, nein. Halb so wild. Ich nehme an, die Fantasie ist ein wenig mit mir durchgegangen. Du weißt doch, so ein altes Städtchen kann ziemlich unheimlich sein, wenn man nachts mutterseelenallein durch gottverlassene Straßen irrt. Erst hatte ich nur eine kleine Gänsehaut, die dann zu einer großen Paranoia wurde. Siehst du? Dieses Seminar über Alltagspsychosen war letztlich doch zu etwas nütze. Ich kann mich selbst analysieren.«
»Sheila, hör mal, vielleicht solltest du die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen«, erwiderte Elaine mit ernstem Gesicht.
»Du weißt doch, was für verrückte Typen es gibt, Spanner, Perverse, oder noch Schlimmeres - vielleicht solltest du zur Polizei gehen.«
»Aber da war nichts!«, versicherte ihr Sheila.
»Hast du mir überhaupt zugehört? Wer immer es gewesen ist - falls dort jemand gewesen ist -, er scheint letztlich das Interesse an mir verloren zu haben.
Da ist niemand, der nachts vor meinem Fenster herumschleicht. Höchstens vielleicht dieser Kotzbrocken aus der Abschlussklasse, der mich unbedingt seiner Mutter vorstellen möchte. Ein echter Norman-Bates-Verschnitt.«
»Ein harter Vergleich. Hart, aber treffend. Andererseits kann er wohl kaum schrecklicher sein als die anderen Typen, mit denen du sonst in letzter Zeit ausgegangen bist...«
Das Gespräch driftete offenkundig in Bereiche ab, die für Giles weniger von Interesse waren.
Doch er hatte bereits genug gehört.
*
»Ach du meine Güte«, brabbelte Willow aufgeregt, nachdem Giles sie in der Pause aufgestöbert hatte, als sie gerade den Computerraum verlassen wollte. »Ein Agenten-Job. Darin bin ich gut. Von mir nimmt ohnehin nur selten einer Notiz.« Sie unterbrach sich stirnrunzelnd. »Es ist nicht ganz koscher, hab ich Recht?«
»Für den Augenblick«, versicherte ihr Giles, »ist es zunächst einmal äußerst hilfreich. Aus Gründen, die du wahrscheinlich verstehen wirst, ist es mir nur schwerlich möglich, selbst ein Auge auf dieses Mädchen zu haben, geschweige denn, ihr zu nahe zu treten. Das Gleiche gilt für Xander, der, wie ich annehme ...«
»Nein. Auf keinen Fall. Bloß nicht Xander auf sie ansetzen. Auf keine von diesen Tussen. Er hat schon genug Ärger mit den Mädchen, die er bereits kennt.«
»Und Buffy fällt ebenfalls aus. Sie hat andere dringende Aufgaben, um die sie sich kümmern muss. Ich fürchte, ich komme nicht umhin, dich um diesen kleinen Gefallen zu bitten. Wir müssen so viel wie möglich über diese junge Dame in Erfahrung bringen: wo sie wohnt, wer ihre Freunde sind, welche Vergangenheit sie hat. Es könnte auch nicht schaden, ihre Familienverhältnisse ein wenig abzuklopfen.«
Willow nickte, während sie seine Anweisungen in ihrem Gedächtnis abspeicherte. »Okay, also ganz nebenbei auch noch ein kleiner Hacker-Job. Hm, wie weit soll ich ...«
Giles machte eine abwehrende Handbewegung und was er von ihr erwartete, war ihm zutiefst zuwider. »Sollten deine Nachforschungen dich an einen Punkt führen, der die Grenzen der Legalität überschreitet ...«
»Wenn Sie nichts davon wissen, können Sie nichts dagegen tun. Und wenn ich Ihnen später nichts davon erzähle, können Sie auch nicht herumtoben, oder?«
Um Gottes Willen, er hatte gerade eine Schülerin zum Gesetzesbruch aufgefordert.
Doch die Ernsthaftigkeit der Lage ließ ihm kaum eine andere Wahl. Wenn sie den Korred tatsächlich wieder loswerden wollten, mussten sie zunächst Klarheit darüber haben, was ihn überhaupt erst hierhergelockt hatte. Und wenn diese Studentin der Schlüssel dazu war, galt es alles über sie herauszufinden. Mit welchen Mitteln auch immer, sie würden
Weitere Kostenlose Bücher