150 - Aufbruch in die Silberwelt
ziehst du jetzt mal ein und schlüpfst hier durch.«
Der Hüne zwängte sich durch die Öffnung. Ganz kurz sah es aus, als würde er steckenbleiben, aber dann gab er sich einen Ruck und war nicht mehr zu sehen.
Ich folgte ihm. Um Boram brauchten wir uns nicht zu kümmern, der kam mit Sicherheit mit.
Hinter dem Geröllberg spürte ich zum erstenmal den Sog, von dem Boram gesprochen hatte, allerdings nur ganz leicht. Ein Luftstrom strich über meine Wangen, und der nahm zu, als wir uns weiter vorwagten.
Ich hielt McGoohans Stablampe in der Hand und tastete mich mit dem Lichtfinger durch die Dunkelheit. Ab und zu sah ich ein silbernes Flirren auf Mr. Silvers Haut. Das bewies mir, daß er ebenso aufgeregt war wie ich.
Nicht einmal er konnte wissen, wie dieses Abenteuer ausgehen würde, und da er schon so lange von der Silberwelt fort war, würde ihm vieles, was ihm einst vertraut war, fremd sein.
Dennoch war er mir gegenüber im Vorteil – denn er kam gewissermaßen nach Hause , während ich absolutes Neuland betrat.
»Ich bin gespannt, wo wir rauskommen, wenn wir das Zeittor passiert haben«, brummte der Ex-Dämon. »Es gibt Gebiete, die relativ gefahrlos sind. Und dann gibt es wiederum welche, in denen man nicht vorsichtig genug sein kann.«
»Und wo lebt Shrogg?« fragte ich.
»Überall und nirgends. Er hat keinen festen Wohnsitz.«
»Na wunderbar. Dann können wir die ganze Silberwelt nach ihm absuchen.«
»Auf diese Weise lernst du meine Heimat wenigstens kennen.«
»Wenn ich ehrlich sein soll… Ich lege keinen besonderen Wert darauf.«
Ein Säuseln und Wispern umgab uns, der Sog nahm zu. Vor uns lag eine unnatürliche Schwärze, die sich nicht durchdringen ließ.
Der Lichtstrahl meiner Lampe fiel auf sie und wurde von ihr absorbiert.
Es schien sich um eine Öffnung zu handeln, die im Moment fast ganz geschlossen war.
Deshalb der verhältnismäßig leichte Sog. Er würde sich wahrscheinlich verstärken, wenn die Öffnung aufging. Mir war, als würden wir uns einem gefährlichen, alles verschlingenden Schlund nähern.
Mich durchzuckte die Frage, wie wir da wieder zurückkommen konnten.
Mr. Silver befand sich einen halben Schritt vor mir. Als er den nächsten Schritt machte, öffnete sich der Wulst, und der Sog packte mich mit erschreckender Kraft. Er schien mir die Haare vom Kopf reißen zu wollen.
Da ich leichter war als Mr. Silver, wurde ich an ihm vorbeigerissen. Er hielt mich nicht zurück, und ich stemmte mich auch nicht gegen die Kraft, die auf mich einwirkte, denn in diese Richtung wollten wir ja alle.
Ich verlor die Stablampe, hob vom Boden ab und sauste in eine schwarze Röhre hinein, deren Wände ab und zu Löcher aufwiesen.
Dort gab es Wirbel und Strömungen, die mich in eine andere Richtung befördern wollten.
Ich begriff, daß es nicht nur einen Weg auf die Silberwelt gab, sondern viele, und welche Strömung gerade die Oberhand hatte, die beförderte einen weiter.
Kaum war mir das klar, spannte sich meine Kopfhaut, denn das bedeutete, daß wir in dieser Röhre getrennt wurden. Theoretisch konnte jeder von uns an einem anderen Punkt der Silberwelt herauskommen.
Jeder für sich allein auf der Silberwelt!
Das behagte mir ganz und gar nicht. So hatten wir uns diesen Ausflug in die Vergangenheit nicht vorgestellt.
***
Als Cardia die unterschiedlichen Strömungen spürte, erschrak sie, weil sie nicht schon wieder von Sammeh getrennt werden wollte.
Ihr kleinwüchsiger Sohn entfernte sich bereits.
»Cnahl!« rief Cardia aufgeregt. »Halt ihn fest, sonst verlieren wir ihn!«
Cnahl griff mit beiden Händen nach Sammeh, der bereits in eine andere Richtung getragen wurde, und zog ihn an sich, und Cardia hängte sich an den knöchernen Alten, damit sie beisammenblieben.
»Laß ihn nicht los, Cnahl!« rief die Hellseherin. »Halt dich an Cnahl fest, Sammeh!«
»Sei unbesorgt«, beruhigte sie ihr väterlicher Freund. »Sammeh bleibt bei uns, du wirst ihn nicht verlieren.«
»Wo sind die anderen?«
»Hoffentlich bereits dort, wohin wir unterwegs sind.«
Cardia drehte sich und blickte zurück. »Roxane und Metal befinden sich nicht mehr hinter uns.«
»Vielleicht doch. Man kann ja nicht weit sehen.«
»Ich sage dir, sie sind nicht mehr da. Sie müssen in eine andere Richtung getragen worden sein.«
Cardia klammerte sich an Cnahl. Sammeh befand sich zwischen ihnen und wurde nun von beiden festgehalten. Da sich Sammeh sowohl an Cnahl als auch an seiner Mutter festhielt, bildeten sie
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