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1501 - Weg ohne Wiederkehr

Titel: 1501 - Weg ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ein wenig, dann zeigte das Fadenkreuz aufs Blatt. Er brauchte nur noch abzudrücken, und ein Energiestrahl würde mitten durch das Herz des Tieres fahren.
    Sein Finger krümmte sich um den Abzug. Er fühlte den Druckpunkt, doch dann ließ er die Waffe plötzlich fallen, als habe sie sich in ein glühendes Eisen verwandelt. „Ich will nicht töten", flüsterte er. „Was wäre das für ein Abschied, wenn ich so ein riesiges Tier umbrächte, nur um mir ein Steak aus seinem Rücken zu schneiden? Oder mir die Trophäe an die Wand zu hängen?"
    Er befand sich in einem weiten Tal im Norden von Kanada, einem vollkommen unbesiedelten Gebiet, in dem der Sommer nur ein paar Wochen dauerte. Hier glaubte er allein zu sein und von niemandem gestört zu werden.
    Das war es, was er wollte. Wenigstens einige Stunden mal unbehelligt bleiben und in Ruhe nachdenken können. Nach anfänglicher Überaktivität - war er zu der Erkenntnis gekommen, daß er dem Problem nicht davonlaufen konnte und daß er sich ihm stellen mußte.
    Wie seltsam Menschen doch sind, dachte er. In den vergangenen Jahrtausenden hätte es mich hundertfach treffen können. Wie oft habe ich mich in Gefahren befunden, aus denen es scheinbar keinen Ausweg mehr gab.
    Aber nie habe ich mich dabei veranlaßt gesehen, mich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Ich bin ja nicht einmal krank gewesen in all den Jahren. Der Aktivator hat es verhindert. Aber es hat immer noch eine Chance gegeben, so gering sie auch gewesen sein mag. Und nie zuvor hat sich ein Problem so unmittelbar auf mich selbst konzentriert. Es sieht wirklich so aus, als könnte ich damit nicht fertig werden.
    Seine Blicke glitten über die gegenüberliegende Berghänge, auf denen es nur spärlichen Baumbewuchs gab.
    Das Licht der Sonne, das sich in einem Fluß spiegelte, schuf dort eigenartige Lichtreflexe. Sie erweckten den Eindruck bei ihm, daß sich etwas zwischen den Felsen bewegte.
    Ein Ast zerbrach krachend unter seinen Füßen, und der Elch schreckte auf. Er warf den Kopf mit den mächtigen Schaufeln zurück und stakste dann langsam und majestätisch durch den Sumpf davon.
    Homer G. Adams nahm sein Gewehr auf, setzte es an die Schulter und blickte durch das Zielfernrohr zu den Berghängen hinüber. Gab es dort drüben Wild, das eine aufregendere Jagd versprach als ein regungslos im Sumpf stehender Elch, den abzuschießen selbst ein Kind geschafft hätte? Er wollte es nicht töten.
    Er wollte es in seinem Zielfernrohr haben, es verfolgen, um dann das Gefühl zu haben, es erlegen zu können.
    Doch das Zielfernrohr erfaßte kein Wild, sondern ein mit einem Zielfernrohr bestücktes Gewehr, das auf einem Felsen lag.
    Adams ließ sein Gewehr enttäuscht sinken. Er war nicht allein in diesem abgelegenen Tal. Selbst hier im hohen Norden war es ihm nicht vergönnt, die Einsamkeit der Natur zu genießen. Er mußte das Revier mit einem anderen Jäger teilen.
    Unter diesen Umständen wollte er nicht länger hier bleiben. Er drehte sich um und ging einige Schritte durch das Dickicht, um zu seinem Gleiter zurückzukehren. Doch dann blieb er - einem unbestimmbaren Impuls folgend - stehen, drehte sich um und blickte noch einmal durch das Zielfernrohr.
    Er sah den anderen Mann. Es war ein dunkelhäutiger Riese mit einem grünen Schlapphut, der ihn ebenfalls durch das Zielfernrohr beobachtete.
    Nein! Er beobachtet mich nicht, er zielt auf mich, schoß es dem Finanzgenie durch den Kopf.
    Er ließ sich auf den Boden fallen, und im gleichen Moment zuckte es leise sirrend an ihm vorbei.
    Adams erkannte sofort, daß der Schuß ihn tödlich getroffen hätte, wenn er auch nur um den Bruchteil einer Sekunde langsamer reagiert hätte.
    Er wälzte sich zur Seite, um in den Schutz eines Felsbrockens zu kommen.
    Was soll das? fragte er sich. Warum versteckst du dich? Laß ihn doch zum Schuß kommen. Dann ist alles vorbei, und dir bleibt ein würdeloser Tod erspart!
    Für einen kurzen Moment spielte er mit dem Gedanken, aufzustehen und sich dem Schützen als Ziel zu bieten.
    Er wußte, daß der Tod so schnell kommen würde, daß er nichts davon merken würde.
    Doch er stand nicht auf. „Nein", sagte er laut „Den Gefallen tue ich dir nicht!"
    Etwa zwei Meter neben ihm lag ein weiterer Felsen, der ihm ausreichend Deckung bieten konnte.
    Danach folgte eine Senke, die zu dichtem Gehölz hinüberführte. Wenn er dorthin kommen konnte, befand er sich in Sicherheit.
    Er umklammerte das Gewehr, zog die Beine an und setzte zum Sprung an.

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