1503 - Die Nacht der Bestien
kaltes Augenpaar, das innerhalb des Unterholzes und am Waldrand geleuchtet hätte. Die Natur hatte sich nicht verändert, sie blieb völlig normal.
Er schaute sich um, weil er hin und wieder einen Fluch hörte. Den hatte dann Robby Coleman ausgestoßen. Der Weg war ihm doch zu weit und fing an beschwerlich zu werden.
Camilla trieb ihn an. »Reiß dich mal zusammen, verdammt. Wir sind gleich da. Dann kannst du deinen lahmen Arsch in den Wagen schwingen.«
»Hör auf, mir ist schlecht.«
»Dann hättest du nicht so viel trinken sollen.«
»Ja, ja, schon gut…« Johnny kümmerte sich nicht um das Theater. Aber auf seinem Gesicht erschien ein schwaches und doch erleichtert wirkendes Lächeln, als er den dunklen Umriss des Polos sah, der sich vom Untergrund abhob. Im Licht des Mondes war das Fahrzeug gut zu erkennen.
Er hatte einen kleinen Vorsprung herausgeholt, drehte sich zu den anderen um und winkte mit beiden Armen. »He, ich sehe den Wagen!«
»Echt?«, rief Jenny.
»Klar, ich sehe ihn deutlich.«
»Gott sei Dank.«
Im Hintergrund keuchte Robby. »Endlich hat die verdammte Schinderei ein Ende. Das wurde auch Zeit.«
Johnny enthielt sich eines Kommentars. Für ihn stand nur fest, dass er mit diesem Typen keine Minute seiner Freizeit mehr verbringen würde.
Der war einfach ätzend.
Jenny warf Johnny den Wagenschlüssel zu. »Schließ schon auf, dann geht alles schneller. Du kannst auch fahren.«
»Ist okay.«
Johnny hatte es eilig. Zwar war er froh, das Ziel erreicht zu haben, aber ein gutes Gefühl durchströmte ihn nicht. Die Spannung blieb, und während er auf das Auto zulief, dachte er daran, dass sie noch längst nicht in Sicherheit waren. Er kannte diese Bestien. Sie waren oft menschengroß, manchmal noch größer, und sie würden sich auch nicht von einem Auto aufhalten lassen. Mit ihren Kräften waren sie sogar in der Lage, einen Personenwagen umzukippen.
Johnny schloss die vier Türen des Polos auf und öffnete sie. So konnten alle schnell einsteigen.
Er selbst wartete noch ab. Erst als sich Jenny Modner auf den Beifahrersitz geworfen hatte, nahm er hinter dem Lenkrad Platz.
Er hörte die junge Frau keuchen. Dabei strich sie durch ihr schweißnasses Gesicht.
»Endlich!«
»Du sagst es.«
»Wo bleiben denn die anderen beiden?« Jenny schüttelte den Kopf.
»Verdammt, die sind so lahm.«
»Robby ist eine Flasche.«
»Ja, das habe ich bisher nicht gewusst.« Sie stieß Johnny an. »Starte schon mal den Motor.«
»Okay.« Er drehte den Zündschlüssel, als Camilla und Robby die Höhe der vorderen Stoßstange erreicht hatten. Selbst in der Dunkelheit war zu sehen, wie Robby der Schweiß in Strömen über das Gesicht lief. Er war ziemlich am Ende. Camilla musste ihn praktisch in den Wagen hineindrücken, und dann erfüllte Robbys Keuchen den Innenraum..
»Geschafft!«, flüsterte Camilla.
Sie hämmerte als Letzte ihre Tür zu.
Johnny schaltete das Licht der Scheinwerfer ein.
Dann fuhr er an. Das heißt, er wollte es, aber er merkte, dass es so einfach nicht ging. Der Boden war an dieser Stelle recht weich, und das Gewicht hatte den Polo schon in den Boden gedrückt.
Die Räder drehten durch. Sie hingen fest, und über Johnnys Lippen drang ein Fluch.
»Scheiße, was ist das?«, kreischte Coleman.
Jenny drehte sich um. »Halt du bloß dein Maul, sonst schmeißen wir dich wieder raus.«
»Das wagt ihr nicht!«
Jenny gab keine Antwort. Sie schaute Johnny an, der sich auf das konzentrierte, was er tun musste. Die Nerven bewahren. Auf keinen Fall etwas überstürzen. Die Reifen durften nicht durchdrehen. Er musste behutsam mit dem Gas umgehen, denn ein Kavalierstart war hier nicht möglich.
Er behielt die Nerven, gab nur langsam Gas, und dann stellte er fest, dass sich der Polo bewegte. Er rollte nach vorn, auch wenn die Räder noch mal kurz durchdrehten.
Sie kamen von der Stelle, und Jenny klatschte in die Hände.
Im nächsten Augenblick schrie sie auf.
Von der Seite her sprang eine gewaltige Gestalt in die Lichtflut der Scheinwerfer und blieb vor dem Wagen stehen.
Es war der Werwolf!
In den folgenden Sekunden veränderte sich die Lage schlagartig. Noch war die Gestalt so weit entfernt, dass Johnny bremsen konnte, ohne gegen sie zu rammen. Das tat er auch. Es war mehr ein Reflex, und er brachte den Polo zum Stehen.
Jetzt, wo er noch näher an die Gestalt herangefahren war, gab es keinen Zweifel mehr für ihn. Das war kein normaler Wolf, der gehörte zu den Bestien, die ihre
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