1503 - Die Nacht der Bestien
zurück.
»Nein.«
»Ich auch nicht, und ich…« Er schwieg, denn wieder hatte die Tür an seiner Seite einen heftigen Schlag erhalten. Wenn das so weiterging, würde die Bestie den gesamten Wagen einbeulen.
Aber es ging nicht so weiter, denn der Werwolf mochte mit einem Menschen zwar wenig Ähnlichkeit haben, er war trotzdem verdammt schlau, denn seine Klaue umklammerte den Griff der Tür.
Er zog sie auf!
Eigentlich hätten die Freunde davon nicht überrascht werden können. Es passierte trotzdem. Die andere Luft wehte in den Wagen und kühlte die schweißnassen Gesichter.
Nichts ging mehr für sie. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Nur ihr heftiges Atmen war zu hören.
Da er die hintere Tür zuerst aufgezogen hatte, war klar, wer sein erstes Opfer werden würde. Ausgerechnet Robby, der sich vor Angst schon in die Hose gepinkelt hatte.
Kein Gurt musste gelöst werden. Die Bestie hatte freie Bahn. Sie griff mit ihren Krallen zu und zerrte an Robby. Der versuchte noch, sich an der Kante des Fahrersitzes festzuhalten, aber seine Kraft reichte nicht aus.
Die Hände rutschten ab, dann schlugen die Arme ins Leere, und der Wolf hatte freie Bahn.
Mir einem besonders heftigen Ruck zerrte er Robby Coleman durch die Tür. Er prellte sich noch den Kopf, was er kaum wahrnahm. Er befand sich plötzlich draußen und schlug rücklings auf den Boden, der zum Glück recht weich war.
Der Werwolf heulte auf. Das Geräusch schwang nur kurz durch die Luft, als hätte eine Sirene gejault.
Es war sein Triumph, und das bekam auch Robby zu sehen, dessen Augen weit offen standen.
Der Werwolf stand vor seinen Füßen. Noch geduckt, aber jetzt richtete er sich auf.
Für Robby verwandelte er sich in einen Riesen. Der junge Mann streckte ihm die Arme entgegen. Die Hände hatte er gespreizt, aber er wusste selbst, dass er die Bestie nicht aufhalten konnte.
Zwischen seinen Beinen spürte er die Nässe. Die interessierte ihn nicht, denn er sah, wie die Gestalt ihr Maul weit aufriss.
Ein furchtbares Gebiss kam zum Vorschein. Die Zähne wuchsen nicht nur aus dem Unterkiefer hervor, sie ragten auch von oben nach unten und waren an ihren Enden besonders spitz.
Es gab kein Entkommen mehr.
Ein leiser Schrei verließ die Kehle des jungen Mannes, als er die Pranken spürte, die ihn von zwei Seiten umfasst hielten und ihn in die Höhe zerrten. Er glaubte, die Zähne schon an seinem Hals zu spüren, da wuchtete ihn der Werwolf herum und drückte ihn gegen den Polo.
Er hatte sich sein Opfer zurechtgestellt.
Heißer Atem fuhr wie ein Gruß aus der Hölle gegen das Gesicht des Opfers. Eobby Coleman nahm diesen wilden Geruch wahr, den die Bestie ausströmte. Eine Chance sah er nicht mehr. Den Retter in letzter Sekunde gab es nicht in der Wirklichkeit.
Und doch irrte er sich.
Von der anderen Seite des gekippten Wagens her hörte er die fremde Männerstimme.
»Lass ihn los, Marvin! Verdammt, lass ihn los!«
Marc Hunters Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. Er wusste, welche Aufgabe vor ihm lag, und er wusste auch, wie schwer es ihm fallen würde, sie zu erledigen.
Es gab nichts anderes für ihn, auch wenn es der eigene Sohn war, den er zur Hölle schicken musste. Doch noch hatte er ihn nicht. Er hatte auch keine Spur von ihm entdeckt und irrte weiterhin durch den Wald, denn er glaubte, dass sich Marvin nur dort versteckt haben konnte. Eine andere Möglichkeit konnte er sich nicht vorstellen.
Der Mann kannte sich in der Gegend aus. Er wusste, wo man sich am besten verstecken konnte, und genau diese Stellen ging er ab. Jedes Mal entfuhr ihm ein Fluch, wenn er wieder einen leeren Ort entdeckte.
Marvin war schlau. Er wollte die Menschen finden, nicht sie ihn. Aber hier hatte er sich geirrt. Hunter ging weiter. Er war der Jäger. Er war dem Wild auf der Spur. Und er war sicher, dass ihm sein Sohn, der eigentlich nicht mehr sein Sohn war, nicht entkommen würde.
Mit seiner doppelläufigen Schrotflinte bahnte er sich hin und wieder den Weg. Oft wuchs das Gestrüpp zu dicht, da musste er sich den Weg mit der Waffe bahnen. Diese Schrotflinte war für ihn wichtig. Da konnten die beiden Bullen sagen, was sie wollten.
Gesehen hatte er die Männer nach dem ersten Treffen nicht mehr. Das war auch normal, denn Hunter konnte sich nicht vorstellen, dass sie auch dieses dicht bewachsene Gebiet durchsuchten. Sie würden sich mehr auf den wenigen Wegen halten.
Hunter zerrann die Zeit zwischen den Fingern. Er fing an, sich über seine Erfolglosigkeit
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