1505 - Der blinde Blutsauger
Knospen, und das Erlebnis der Nacht wurde ihr augenblicklich wieder präsent.
Jetzt weiteten sich ihre Augen, sie fing an zu zittern und…
»Na, hast du es getan?«
»Ja«, raunte sie.
»Und du weißt, was es ist?«
»Nein - ja, ich - ich - bin durcheinander. Bitte, ich kann dir nicht sagen, was da passiert ist. Genau, meine ich.«
»Dann hör gut zu, meine Liebe. Hör genau zu. Es sind die Male, die ich bei meinem Besuch bei dir hinterlassen habe. Du kannst auch von Bissstellen sprechen. Ja, so ist das! Bissstellen, die von meinen Zähnen stammen, als ich dich besucht habe.«
Stella Doyle konnte nicht mehr sprechen. Da war eine unsichtbare Kraft, die ihr den Hals zupresste. Aber ihre Gedanken jagten sich. Er hatte von Bissstellen gesprochen. Das konnte nur bedeuten, dass er sie besucht und gebissen hatte.
»Warum?«, flüsterte Stella. »Warum, zum Henker, hast du das getan? Was sollte das?«
»Denk nach!«
»Das tue ich!«
»Nein, nicht richtig.«
Der Baron schien Spaß an ihrer Unsicherheit zu haben, denn er kicherte und sprach erst danach weiter. »Weißt du, warum du sie bekommen hast?« Wieder das Lachen. »Ich glaube nicht, dass du es weißt. Aber ich kann es dir sagen. Ich habe von deinem Blut getrunken. Ja, ob du es glaubst oder nicht, ich wollte dein Blut, und ich habe es bekommen. Es war einfach wunderbar. Es hat mir sehr gut gemundet. Es war süß, es schmeckte nach mehr.«
Der Baron sprach noch weiter, aber Stella hörte nicht mehr zu. Ihre Gedanken hatten sich selbstständig gemacht, und sie drehten sich um ein einziges Thema: Sie war überfallen worden, und man hatte sie gebissen, um ihr Blut zu trinken.
Verrückt! Da lief etwas aus dem Euder, und trotz ihrer Panik kam sie zu einer bestimmten Erkenntnis. Jemand, der Menschen anfiel und sie in den Hals biss, um ihr Blut zu saugen, war kein normaler Mensch mehr.
Es gab bestimmte Kreaturen, die sich vom Blut anderer Menschen ernährten.
Vampire!
Dieses eine Wort verwandelte sich in ihrem Kopf in einen Feuerstrahl, der ihre Gedankenwelt noch mehr erhitzte. Sie kam nicht darüber hinweg. Es war eine einfach zu grausame Wahrheit, mit der sie sich auseinandersetzen musste.
Wären da nicht die beiden kleinen Wunden an ihrem Hals gewesen, sie hätte darüber gelacht. Aber das sah jetzt anders aus. Es gab die Wunden, es gab auch ihren Blutverlust. Sie hatte sich nach dem Erwachen furchtbar gefühlt. So schwach. Als würde sie neben sich stehen. Und doch war es eine verdammte Tatsache, und sie musste sich mit dem Gedanken abfinden, dass es tatsächlich Vampire gab, denn dass normale Menschen Blut trinken würden, das konnte sie sich nicht vorstellen.
»Na, habe ich dich aufklären können, Stella?«
Ihr Mund klebte ihr zu, als befände sich Leim zwischen ihren Lippen.
»Es ist verdammt schwer, ich weiß. Aber ihr Menschen müsst akzeptieren, dass es uns gibt, verstehst du?«
Stella hatte verstanden, denn das eine Wort rutschte ihr jetzt hervor.
»Vampire.«
»Perfekt.«
Sie fing an zu lachen, obwohl sie es gar nicht wollte. Es musste einfach heraus, und sie schüttelte heftig den Kopf. Ihre Sinne hatten sich vernebelt, sie hörte nicht mehr genau hin, denn in ihren Ohren erklang ein wildes Brausen.
Der Anrufer ahnte es wohl, denn er ließ sich Zeit, bevor er erneut anfing.
»Dein Blut war köstlich, das kannst du mir glauben. Ich hätte dich auch ganz leer trinken können, aber ich habe darauf bewusst verzichtet. Es war nur ein erster Biss, ein Herantasten, wenn du so willst. Aber ich kann dir verraten, dass es nicht dabei bleiben wird. Du darfst dich nicht mehr gegen mich stellen, das hat auch die kleine Eve nicht getan, wenn du dich erinnerst.«
»Wieso Eve?«
»Kennst du sie nicht? Sie war oder ist doch bei dir im Heim. Die schöne blinde Eve, die von eurem Gönner so gemocht wurde, dass er sie hin und wieder zu sich geholt hat. Er wird seine Überraschung erleben, da kannst du dir sicher sein.«
»Was ist mit Eve?«
»Sie geriet unter meine Kontrolle. Ich habe es geschafft, ihr Blut zu trinken, und ich habe nicht wie bei dir nur einen kurzen Schluck genommen. Sie gehört jetzt zu mir. Sie ist wie ich. Ein weiblicher Blutsauger wurde durch mich geboren, und sie ist nicht die Einzige. In der letzten Nacht bin ich erfolgreich gewesen, und ich möchte, dass du das weißt. Mein Biss war bei dir so etwas wie eine Begrüßung. Denk ab jetzt daran, dass ich der Chef hier bin. Ich bin dabei, euch zu übernehmen, und eigentlich habe ich
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