1505 - Der blinde Blutsauger
und drehte dann den Kopf. Noch in der Bewegung nahm er etwas Fremdes wahr.
Sofort schnellte er hoch!
Was dann geschah, war für ihn im Einzelnen kaum nachvollziehbar. Er sah eine Gestalt, die in einen dunklen Umhang gehüllt war, aber das war ihm egal.
Etwas anderes nahm seine Aufmerksamkeit viel mehr in Anspruch. Das Gesicht mit einer Haut, die recht dunkel war. Allerdings gab es dort einen krassen Gegensatz, als er einen Blick in die Augen warf und von einem Moment zum anderen nicht mehr in der Lage war, seinen Kopf wegzudrehen, weil ihn diese Augen bannten. Das waren keine normalen Blicke, das waren auch keine normalen Augen, da war einfach gar nichts.
Zwei Löcher, die mit etwas Weißem gefüllt waren, durch das sich allerdings winzige rote Äderchen zogen.
Plötzlich raste sein Herzschlag. Schweiß brach ihm aus allen Poren. Ihm wurde kalt und heiß zugleich. Obwohl ihm diese Gestalt noch nichts getan hatte, war er sich sicher, dass er einem Feind gegenüberstand, der ihm ans Leben wollte.
Er fing an zu zittern. Die Gedanken rasten hinter seiner Stirn. Walter überlegte fieberhaft, ob er die Gestalt schon mal zu Gesicht bekommen hatte. Daran konnte er sich nicht erinnern, denn einen Kerl wie den hätte er nie im Leben vergessen.
Und dann passierte noch etwas.
Der Fremde, auf dessen Kopf die Haare wie schwarzer Lack klebten, öffnete den Mund, der in diesen langen Augenblicken zu einem regelrechten Maul wurde.
Es blieb offen, sodass der Hausmeister hineinschauen konnte und er das sah, was einen Vampir ausmachte.
Zwei spitze Zähne!
Es gab auch andere, aber die beiden waren so prägnant, denn sie wuchsen aus dem Oberkiefer hervor und befanden sich rechts und links neben den Schneidezähnen.
Seine Gedanken bildeten noch immer ein wahres Durcheinander, aber etwas kristallisierte sich hervor.
Er ist ein Vampir!
Die Gestalt vor Augen und das Wissen trafen ihn wie ein Doppelschlag, der ihn leicht in die Knie gehen ließ, denn er wusste jetzt, dass ein Vampir nur eines wollte - Blut!
Mein Blut!, dachte Walter.
Er kam gar nicht erst auf den Gedanken, dass diese Gestalt sich verkleidet hatte. Derartige Spaße gab es höchstens zu Halloween und zu Karneval. Zudem strömte etwas Böses von ihr aus, was der Hausmeister noch nie in seinem Leben gespürt hatte.
»Verdammt - verdammt, wer bist du?«, keuchte er. »Was - was - willst du hier?«
»Dich!«
Die Antwort war nicht mehr als ein Flüstern gewesen, aber das reichte aus, um Walters Angst in ungeahnte Höhen schießen zu lassen. Er hatte genug über die Blutsauger gehört, um zu wissen, welch ein Schicksal ihm bevorstand.
Als einzige Möglichkeit blieb ihm die Flucht, und er erinnerte sich daran, dass die Tür hinter ihm offen stand.
Er wich zurück.
Genau darauf hatte der Baron gewartet. Er veränderte sein Verhalten radikal, denn jetzt musste er auf nichts mehr Rücksicht nehmen. Sogar einen Triumphschrei konnte er sich erlauben, und der brandete auf, als er seinen Körper nach vorn warf.
Er war schneller als Walter. Der schaffte keine Drehung mehr. Die beiden Arme schienen plötzlich aus Gummi zu bestehen, als der Blutsauger zugriff. Nur einmal brauchte er das, dann hatte er den Hausmeister gepackt und schleuderte ihn zu Boden.
Er hielt ihn so hart fest, dass er ihn auch während des Falls nicht losließ.
Eine Schmerzwelle jagte durch Walters Körper, als er den Boden berührte.
Er stieß sich heftig den Kopf. Für einen Moment war die Welt für ihn nicht mehr vorhanden. Er sah nichts mehr, aber er spürte die Schmerzen in seinem Schädel, die sich wie Wellen ausbreiteten.
Eine Sekunde später lag der Vampir auf ihm und presste ihn mit seinem Gesicht gegen den steinigen Kellerboden.
Der Hausmeister war durch den Sturz noch etwas benommen, so schaffte er es nicht, gedanklich umzuschalten und sich zu wehren. Das Gesicht mit den toten Augen schwebte plötzlich über dem seinen. Er sah es nicht mehr so klar, aber er hasste es.
Finger wühlten sich in seine Haare.
Tief aus der Kehle des anderen drang ein Stöhnen. Es klang sogar lustvoll, und das konnte Walter verstehen, denn ein Vampir benötigte Blut, um sein Dasein weiterführen zu können.
Sein Kopf wurde nach rechts gedreht. Jetzt spannte sich die Haut an der linken Seite, und genau das hatte der Blutsauger gewollt. Er brauchte sie so, er wollte sehen, wo die Adern verliefen, um dann effektiv zubeißen zu können.
Seine Vorfreude auf das Blut des Menschen war so groß, dass er mit den
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