1506 - Liliths böser Kosmos
der Atem.
Die anderen Hexen mussten sich in Deckung der Bäume verborgen gehalten haben. Und sie hatten einen bestimmten Zeitpunkt abgewartet, der nun gekommen war.
Sie waren dabei, ihre Deckungen zu verlassen. Sie gingen nicht mal geduckt, sondern schritten aufrecht, als wollten sie durch ihre Haltung andeuten, dass sie so gut wie unbesiegbar waren.
Da sie allesamt die gleiche Kleidung trugen, sahen sie aus wie Soldatinnen, die lange in Deckung gelegen hatten und nun angreifen wollten. Dabei hielten sie keine Waffen in den Händen.
Jane konnte sich vorstellen, dass es unter den Mänteln schon die geeigneten Verstecke gab, doch den Gedanken stellte sie erst mal hintan.
»Siehst du sie?«
»Ja, die sehe ich!«
»Sie sind gekommen, um dich zurückzuholen. Ebenso, wie ich dich holen wollte.«
Jane reagierte. Sie, drückte einen bestimmten Knopf, und schon war der Wagen verriegelt.
Leila kicherte. »Ein Gefängnis?«
»So ähnlich. Aber eines, mit dem man fahren kann, wenn du mich verstehst.«
»Gib dir keine Mühe.«
»Das musst du schon mir überlassen.«
»Du gehörst zu uns. Wieder. Die alten Zeiten sind nicht gestorben. Horche in dich hinein, dann wirst du es merken.«
Das tat Jane nicht. Für sie gab es wichtigere Dinge. Sie wollte wissen, was in der Umgebung ablief, und wenn sie nach vorn auf die Mauer schaute, war das nicht zum Lachen.
Die Blonde hatte sich aufgerichtet. Sie stand jetzt, hielt den Kopf gesenkt und schaute durch die Frontscheibe, als suchte sie Janes Blick, um die Detektivin zu hypnotisieren. In ihrem Gesicht bewegte sich dabei nichts, aber Jane wusste, dass sie nicht auf ihrer Seite stand.
Jetzt stieß sie sich ab und sprang von der Mauerkrone.
Für einen Moment glaubte Jane, dass sie auf der Kühlerhaube landen würde, aber da hatte sie Glück gehabt, denn es gab noch einen schmalen freien Raum zwischen der Mauer und dem Wagen.
Da blieb sie stehen und wurde von Leila durch das Anheben der Hand begrüßt.
»Ich glaube, dass wir jetzt aussteigen sollten«, sagte Leila. »Es ist besser.«
»Nein!«
»Was wirst du dann tun?«
»Ich bin es gewohnt, nicht so schnell aufzugeben, das kann ich dir versprechen. Und wenn es gegen den Teufel und einen Abschnitt meiner Vergangenheit geht, dann werde ich mich zu wehren wissen.«
»Wenn du das sagst.«
»Ja, das sage ich«, wollte Jane erwidern, aber da war ein Klang in der Stimme ihrer Nachbarin gewesen, der sie hatte aufmerksam werden lassen. Zu siegessicher.
Jane schaute in Leilas Augen. Sie glänzten, und die Detektivin selbst nahm aus den Augenwinkeln eine Bewegung an der rechten Seite des Fahrzeugs wahr.
Sie drehte den Kopf und erschrak heftig, obwohl sie damit gerechnet hatte.
An der Seite standen zwei Hexen.
Verdammt!, fuhr es ihr durch den Kopf. Dann schaute sie nach links und sah die beiden anderen.
Fünf hielten sich außerhalb des Fahrzeugs auf, eines dieser Weiber saß neben ihr.
Kein gutes Verhältnis, und jetzt stiegen die Vorwürfe in ihr hoch, dass sie nicht losgefahren war. Das hätte sie längst tun können. Jetzt konnte es zu spät sein.
Ein seltsamer Knall mit einem Echo verbunden riss sie aus ihren Gedanken. Die Hexe vor dem Golf hatte wütend auf die Motorhaube geschlagen, auf die sie jetzt kletterte.
Jane hielt für einen Moment den Atem an. Schlangengleich bewegte sich die blonde Frau vor und hatte ihre Lippen zu einem widerlichen Grinsen in die Breite gezogen.
Für Jane Collins stand ab nun fest, dass es nur eine Möglichkeit gab. Sie ließ das Fenster in die Höhe fahren, dann fasste sie nach dem Zündschlüssel, der bereits im Schloss steckte, um den Motor zu starten.
Die Flucht war ihre einzige Chance.
Sie drehte den Schlüssel nicht.
Leila veränderte sich innerhalb einer Sekunde. Ihre Starre war vorbei.
Sie brauchte den Arm nicht groß anzuheben, um den heftigen Schlag durchzuführen.
Jane Collins schrie auf, als der Treffer ihr linkes Handgelenk erwischte und sie das Gefühl hatte, ihre Haut in glühendes Metall zu halten…
***
Die folgenden Sekunden waren für sie ein Albtraum. Der Treffer hatte sie bewegungsunfähig gemacht, und das nutzte Leila aus. Sie zerrte den Schlüssel aus dem Zündschloss und schleuderte ihn über ihre Schulter hinweg auf den Rücksitz.
Dabei lachte sie grell auf und wollte auch die Verriegelung der Wagentüren öffnen.
Das bekam Jane im letzten Moment mit. Auch wenn die Hand schmerzte, sie schlug damit trotzdem zu.
Der harte Handrücken traf Leilas Gesicht.
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