1509 - Der Dunkle und sein Schatten
befunden hatte, indoktriniert worden war.
Und das jederzeit Gewalt über sie und ihr Tun und Lassen gewinnen konnte.
Es kostete sie Kraft, ihre Gedanken nicht ständig um diese Ahnungen und Befürchtungen kreisen zu lassen. Sie schaffte es aber, sich soweit zusammenzureißen, daß sie zu ihrer normalen Arbeit zurückkehren konnte.
Als sie auf den Chronographen blickte, sah sie, daß es sich nicht gelohnt hätte, wieder ins Bett zu gehen. In einer halben Stunde wäre sowieso das Wecksignal ertönt.
Gesil kleidete sich an. Sie verzichtete auf ihren SERUN und legte die leichte Bordkombination an.
Auf dem Weg zur Zentrale begegnete sie Loydel Shvartz, der ihr auf dem entgegengesetzt laufenden Transportband entgegenkam.
Sie winkten sich zu und wechselten auf den starren Seitenstreifen. „Du bist früh auf, Loydel", meinte Gesil. „Du aber auch", gab der Hyperphysiker zurück. „Anscheinend findest du keine Ruhe, bevor wir den Grigoroff repariert haben."
„Das auch", erwiderte Gesil. „Aber ich sorge mich immer mehr um Per-E-Kit. Haben die Sonden ihn noch nicht aufgespürt? Du kommst ja aus der Zentrale, nicht wahr?"
„Sie haben keine Spur von ihm gefunden", antwortete Loydel. „Seltsamerweise aber auch nichts von den Puppies und ihren wie auch immer gearteten Wohnstätten. Ich hatte die Sonden auch darauf konditionieren lassen. Es ist dir doch recht?"
„Es ist völlig in meinem Sinn", bestätigte Gesil. „Nun, vielleicht leben die Puppies in Höhlen, deren Zugänge unter Bäumen und Sträuchern verborgen sind." Sie seufzte. „Ich wollte, wir könnten dieses Problem lösen, bevor wir weiterfliegen. Wenn wir nur herausbekämen, warum sie die Gropies immer wieder angreifen.
Möglicherweise ließe sich die Ursache beheben, so daß es künftig keine Gemetzel mehr gibt."
„Schön wäre es", sagte Loydel. „Aber jetzt muß ich zum Grigoroff. Die Reparaturroboter werden ihn inzwischen soweit demontiert haben, daß ich den Defekt finden kann, der die Panne verursachte."
„Viel Glück!" wünschte Gesil, dann sprang sie wieder zu dem Transportband, das in Richtung Zentrale lief.
Als sie eintrat, befand sich noch die letzte Schicht dort. Außer Tamara Juntersman, dachte Gesil voller Schmerz. Ihr Tod auf Virkan war so sinnlos gewesen. Zorn auf Assu-Letel mischte sich in ihre Trauer. Wie kam dieses Wesen dazu, Unschuldige zu töten? Wenn er hinter ihr, Gesil, her war, mußte er ja nicht auf andere Frauen schießen. Sie wünschte sich, ihm in einem offenen Zweikampf gegenübertreten zu können. Dann würde entweder er oder sie sterben. Auf jeden Fall aber hätte ihre ständige Sorge ein Ende, er bliebe ihr auf den Fersen und würde den heimtückischen Anschlag irgendwann wiederholen. „Hallo!" rief Nikki Frickel von ihrem Platz her. „Hast du gut geschlafen?" Sie musterte Gesil genau, und Sorge überschattete ihre Augen. „Nein, anscheinend nicht", stellte sie fest. „Du siehst richtig abgekämpft und verhärmt aus."
„Du übertreibst!" wehrte Gesil ab. „Ich habe schlecht geschlafen, das ist alles. Immer noch keine Spur von Per-E-Kit?"
„Nichts", antwortete die Technikerin Mira Edo, die vor den Rückmeldekontrollen der ausgeschickten Flugsonden saß. „Eigentlich hätten die Hirnwellentaster der Sonden ihn finden müssen, falls er sich nicht weiter als dreihundert Kilometer von dem Ort entfernt hat, wo er verschwand."
„Und falls sein Gehirn aktiv ist", warf der Mediziner Trass Dokon ein. „Hat er denn überhaupt ein Gehirn?" fragte Nikki. „Wir kennen ja von ihm nichts weiter als seine ›Haut‹, sein gelegentliches Blubbern und das, was er uns erzählte und was durchaus gelogen sein kann."
„Fuchtele nicht mit deiner gebrochenen Hand herum!" ermahnte sie der Mediziner.- „Meine Hartschaumtasche fixiert zwar die Bruchstellen einwandfrei, aber wenn du irgendwo hart anstößt, kann es zu einer Verschiebung kommen. Dann läufst du für den Rest deines Lebens mit verkrüppelter Hand herum."
„Schon gut, Doc!" sagte Nikki beschwichtigend. „Wo soll ich hier schon anstoßen?" Sie streckte den rechten Arm aus und schwenkte mit ihrem Sitz herum.
Leider hatte sie nicht bemerkt, daß Tovaa, einer der ehemaligen Rossisten, die zur Besatzung gehörten, sich ihr von hinten genähert hatte. Ihre dick verbundene Hand traf Tovaas Hals. Der Mann blieb stehen und kippte dann bewußtlos um.
Trass knirschte mit den Zähnen.
Nikki Frickel betastete ihre Hartschaumtasche mit der anderen Hand und atmete auf,
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