1513 - Gier nach Templerblut
erreicht.
Das verdankten sie der stellvertretenden Bürgermeisterin Jeanette Fouche und Sophie Blanc. Beide hatten sich sehr für die Armentafel eingesetzt, gegen die ja niemand etwas hatte. Nur gab es Probleme, einen dafür geeigneten Raum oder Platz zu finden, an dem die Speisen ausgegeben werden konnten.
Sophie hatte schon das Kloster in Erwägung gezogen, war aber überstimmt worden. Es lag ein wenig zu abseits, und zudem gab es Menschen, die sich vor einem solchen Bau fürchteten.
Schließlich war es den beiden Frauen durch mehrere Telefonate gelungen, einem Weinhändler ein Haus abzuluchsen, das er als Lager für leere und reparaturbedürftige Fässer benutzt hatte. Zur Hälfte stand der alte Bau leer und war sogar mal von Madame Fouche als Schandfleck bezeichnet worden, der am besten abgerissen wurde.
Das wollte der Händler nicht, und so hatte er sich dem sanften Druck der Frauen gebeugt.
Das feierten sie wie einen Sieg. Madame Fouche gab eine Flasche Champagner aus, die sie vorn beim Wirt des Lokals bestellte. Sie und die Frauen hatten ihre Versammlung in einem hinteren Raum abgehalten.
»He, gibt es denn was zu feiern?«
»Ja, wir haben es geschafft.«
»Na denn.«
Der Inhalt der Flasche reichte aus, um alle Gläser zu füllen. Fünf Frauen stießen miteinander an und freuten sich. Beinahe hätten sie noch getanzt, doch das ließen sie bleiben. Stattdessen machten sie ihrer Erleichterung auf andere Weise Luft, indem sie darüber sprachen, wie lange ihre Bemühungen gedauert hatten.
Nur Sophie Blanc hielt sich ein wenig zurück. Nicht, weil sie sich nicht freute, es entsprach nicht ihrem Wesen, groß aufzutrumpfen. Sie war mehr die stille Genießerin und näherte sich einem der Fenster, um sich etwas zurückzuziehen. Sie wollte sich auf der Fensterbank sitzend abstützen, doch wie der Zufall es wollte, warf sie zuvor einen Blick durch die Scheibe in die draußen herrschende Dunkelheit, denn die Versammlung hatte sehr lange gedauert.
Sie sah das Gesicht!
Ein Frauengesicht, das ihr nicht nur düster, sondern auch verzerrt vorkam. Sie glaubte sogar, ein rotes Augenpaar zu sehen, das allerdings in der nächsten Sekunde zusammen mit dem Gesicht wieder verschwunden war.
Einbildung oder Wahrheit?
Sie wollte es genauer wissen und warf einen längeren Blick nach draußen.
Da war nichts mehr zu sehen als nur der in der Dunkelheit liegende Hinterhof.
Egal, es konnte auch sein, dass ihr die Nerven einen Streich gespielt hatten. Lange dauerte die kleine Siegesfeier sowieso nicht mehr, denn die Gläser waren schnell leer getrunken, und so wollten sich die Frauen auf den Heimweg machen.
Sophie Blanc war nicht mit dem Auto gefahren. Sie war die kurze Strecke zu Fuß gegangen, und das war auch den anderen Frauen bekannt.
Jeanette Fouche trat auf sie zu, nachdem die leeren Gläser auf dem Tablett standen. »Sie sind ja ohne Wagen gekommen. Ich könnte Sie mitnehmen. Es ist kein Umweg für mich. Wobei es in dieser Stadt sowieso keine Umwege gibt.«
»Sehr nett, aber ich denke, dass ich die frische Luft noch genießen werde.«
»Ja. Dann kommen Sie gut heim.« Die Frau lächelte ein wenig hintergründig. »Da hätte ich noch eine Frage, und bitte, nehmen Sie es mir nicht übel.«
»Nein, nein, reden Sie.«
»Wie fühlt man sich eigentlich als einzelne Frau unter Männern. Es ist doch ungewöhnlich, auch wenn Sie die Partnerin des Templerführers sind.«
»Besser als Sie denken, Madame.«
»Ach…«
»Ja.« Jetzt lächelte auch Sophie. »Ich werde sehr respektiert. Deshalb gibt es auch keine Probleme.«
Bei der stellvertretenden Bürgermeisterin blieben die Augen und der Mund offen. Sie nickte nur, und Sophie Blanc sah keinen Grund, weiterhin bei ihr stehen zu bleiben. Und so war sie eine der ersten Personen, die das Lokal verließen.
Sie atmete auf, als sie vor dem Lokal stand. Die Fouche war ja irgendwie nett, aber auch irrsinnig neugierig, und genau das passte Sophie Blanc nicht in den Plan. Sie wollte irgendwelchen Redereien keinen Vorschub leisten. Deshalb hielt sie den Mund. Es wurde sowieso schon zu viel getratscht.
Die Luft war perfekt für einen Spaziergang durch die Nacht und die Dunkelheit.
Man konnte Alet-les-Bains als einen verschlafenen Ort bezeichnen, was nicht schlecht sein musste. Danach hatte man sich auch mit der Beleuchtung gerichtet. Da gab es keine kalten Lichtquellen, all die Lampen gaben einen weichen Schein ab, der sich den Häusern irgendwie anpasste und ihnen einen warmen
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