1515 - Die Balkan-Bestie
ich mich mit ein«
»Gut«, sagte ich, »dann wäre das wohl zunächst alles.«
»Sind Sie nicht enttäuscht?«
Ich winkte ab. »Es hält sich in Grenzen. Aber Enttäuschungen hinzunehmen gehört zu unserem Job. Wir denken immer daran, dass auch mal bessere Zeiten kommen.«
»Die wünschen wir uns wohl alle hier.«
Suko hatte noch eine Frage und stellte sie auch: »Wo hat dieser Frank Tyler eigentlich gewohnt?«
»In einer Pension am Ende des Ortes. Ich sage Ihnen auch den Namen…«
Mama Rosa hieß die Pension, und wir erfuhren, dass die Wirtin Italienerin war.
Und dann war da noch dieser Schuhmacher, der die Leiche entdeckt hatte. Auch seine Adresse ließen wir uns geben. So ausgerüstet, verabschiedeten wir uns.
»Glauben Sie denn, dass Sie den Fall lösen können?«, erkundigte sich der Kollege besorgt.
»Glaube und Hoffnung sterben zuletzt«, erklärte ich. »Wir möchten nur nicht, dass es noch ein zweites Opfer gibt.«
»Ja, wer will das schon?«
»Eben.«
Jonny Rogowski brachte uns noch bis zur Tür. Glücklich sah er nicht aus, und er sprach wieder davon, dass die Angst in der Stadt umginge.
Besonders unter den älteren Bewohnern, die, wenn sie unter sich waren, noch direkt über Werwölfe sprachen.
»Gibt es denn jemanden, der sich auf diesem Gebiet besonders auskennt?«, wollte ich wissen.
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Okay, dann sehen wir uns bestimmt später noch mal.«
»Bei einem gelösten Fall?«
Ich lächelte. »Mal schauen.«
Suko saß bereits auf der Maschine. Er blickte zum Himmel und wartete offenbar darauf, dass sich die Dämmerung zeigte und damit auch der blasse Kreis des Mondes sichtbar wurde.
»Und?«, fragte ich.
»Die Zeit wird uns lang werden. Aber das ist zu dieser Jahreszeit nun mal so.«
»Du sagst es.«
»Wohin möchten Seine Lordschaft denn expediert werden?«
»Am liebsten nach London.«
»Dafür haben wir zu wenig Benzin.«
»Sicher, und ich denke darüber nach, wo sich ein Werwolf, wenn er tagsüber ein Mensch ist, verstecken kann.«
»Ganz einfach. Entweder in einem Wald, wo man ihn nicht so leicht entdeckt, oder aber bei den Menschen als normaler Mensch, denn dort fällt er nicht auf.«
»Okay, dann sehen wir uns erst mal im Wald um. Irgendwas müssen wir ja tun. Ich möchte nicht im Hotelbett liegen und darauf warten, dass etwas passiert.«
»Dann steig mal auf, Alter…«
Suko war ein Fan von heißen Ofen. Das konnte man von diesem alten Vehikel zwar nicht behaupten, aber diese Maschine tat ihre Pflicht, und das war auch im Gelände der Fall.
Die Strecke, die wir nahmen, ging querfeldein. Nicht mal ein Pfad zeichnete sich auf dem Boden ab, und so musste Suko die Maschine über den unebenen Boden lenken und dabei achtgeben, dass wir auf dem manchmal weichen Gelände nicht stecken blieben. Aber Sukos Ehrgeiz war herausgefordert, und so spielte er mit Gas und Bremse. Er fuhr öfter Schlangenlinien, und es warf auch keiner von uns einen Blick zurück, nur nach vorn, wo der breite Waldrand allmählich näher rückte.
Ein wirklich dicht bewachsenes Gebiet aus alten, knorrigen Bäumen, die ihr Blätterdach schützend über dem Erdboden ausgebreitet hatten. Es war ein Wald, wie wir ihn von der Insel her nicht kannten, und kurz bevor wir seinen Rand erreichten, kämpfte sich die Maschine durch dicht wachsendes und kniehohes Gras.
»Das wird wohl reichen«, sagte Suko und hielt an.
Darüber war ich froh, denn die Fahrt bis hierher war nicht eben ein Vergnügen gewesen. Jede Unebenheit des Bodens hatte ich mitbekommen, und mein Hinterteil war besonders malträtiert worden.
Als Suko mein Gesicht sah, musste er grinsen. »He, was ist? Hast du Probleme?«
»Jetzt nicht mehr.«
»Dann lass uns mal schauen.«
Da die Bäume sehr dicht beieinander standen, gab es auch nicht viel Unterholz, denn das Licht wurde durch das Blätterdach der Bäume abgefangen. Es hatte sich hier eine gewisse Feuchtigkeit gehalten, denn das Wasser verdunstete nur langsam. Es hatte erst vor zwei Tagen geregnet.
Suko machte den Anfang. Ich ging hinter ihm her und musste schon bald über feuchte Baumwurzeln steigen, die wie glänzende und zugleich schmutzige gebogene Krallen aus dem Boden wuchsen.
Man konnte den Eindruck gewinnen, in einem finsteren Märchenwald zu stehen, in dem sich urplötzlich eine schaurig aussehende Hexe zeigte, um die Menschen zu erschrecken. Wir dachten da eher an einen Werwolf, und ich hätte nicht mal etwas dagegen gehabt, ihm hier zu begegnen.
Das
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