1515 - Die Balkan-Bestie
Später hatte man ihn mit Geröll aufgefüllt, und darauf landete Manescu.
Er dachte zwar an Flucht, doch er wusste im selben Moment, dass es nicht zu schaffen war. Der Mond, gegen den er schaute, wurde plötzlich von einem mächtigen Schatten verdunkelt.
Der Werwolf kippte nach vorn.
Zwei Pranken packten zu. Die Krallen zerrten den Mann in die Höhe und aus dem Brunnen hervor.
Manescu befand sich noch im Griff der BalkanBestie, als sich die Zähne bereits in seine linke Schulter bohrten und zubissen.
Nie zuvor in seinem Leben hatte Manescu so schreckliche Schmerzen verspürt. Er konnte nicht mal schreien, weil sich eine Pranke auf seinen Mund gelegt hatte und die Krallenspitzen ihm die Lippen zerfetzten. Blut rann in seinen Mund, als er den zweiten Biss erlebte.
Wieder durchtoste ihn der Schmerz, aber der war so gnädig, dass er überging in eine tiefe Bewusstlosigkeit, und Manescu spürte nicht mehr, dass ihn die Bestie losließ.
Der Werwolf richtete sich auf. Er wuchs dabei, und man konnte schon von einer mächtigen Gestalt mit einer blutigen Schnauze sprechen.
Daran klebte der Lebenssaft des Menschen.
Die Bestie drückte ihren Körper zurück. Der Kopf lag weit im Nacken, und ein fauchendes Lachen zerriss die Stille, bevor sich die Gestalt umdrehte und in der Dunkelheit verschwand…
Wir waren unterwegs und hatten sogar darüber nachgedacht, mit dem Motorrad zu fahren. Schließlich hatten wir uns dagegen entschieden und waren zu Fuß unterwegs wie zwei einsame Westernhelden, die eine Stadt von einem Albtraum befreien wollten.
Es tat sich nichts.
Es war und blieb ruhig.
Nur in einer Gaststätte herrschte noch Betrieb. Wir betraten sie nicht und gingen daran vorbei.
Unser nächstes Ziel war die Kirche. Wahrscheinlich stand sie recht einsam, und deshalb gingen wir davon aus, dass es dort einige gute Verstecke gab.
Die mochte es zwar geben, aber die BalkanBestie fanden wir nicht. Und ein Pfarrer war auch nicht zu sehen. In dieser Gegend fiel uns nur die besonders dichte Dunkelheit auf.
»Lohnt es sich noch für uns?«, fragte Suko.
»Hast du einen besseren Vorschlag?«
»Nein, habe ich nicht.«
»Dann machen wir weiter.«
Wir nahmen den gleichen Weg zurück, und ich hörte Suko fragen: »Was macht eigentlich Graham Ford?«
»Keine Ahnung. Was interessiert dich so an ihm?«
»Weiß ich nicht so genau. Ich kann mir nur vorstellen, dass ich an seiner Stelle verdammt unruhig wäre, wenn man mir einen Mitarbeiter auf eine derartige Weise genommen hätte.«
»Vielleicht ist er das auch.«
»Ich weiß nicht«, murmelte Suko. »Ich denke eher, dass er froh ist, seine Ruhe zu haben - oder?«
»Kann sein.«
»Vielleicht treffen wir ihn sogar.«
»Die BalkanBestie wäre mir lieber.«
»Mir auch«, sagte Suko.
Aber die zeigte sich leider nicht. Wir machten uns da auch keine zu großen Hoffnungen, denn wir waren eher darauf gefasst, die Wölfe zu entdecken, die unserer Meinung nach so etwas wie eine Vorhut bildeten.
Nur waren sie uns noch nicht über den Weg gelaufen, aber wir hatten ja noch nicht den gesamten Ort durchsucht.
Wir dachten dabei auch an Verstecke, die durchaus in den leer stehenden Schuppen zu finden waren. Aber jeden einzelnen zu durchsuchen war auch nicht das Wahre. Außerdem war so ein Werwolf auf Menschen programmiert, denn die brauchte er.
Es konnte sein, dass er sich in die Häuser schlich. Dort lagen die Menschen im tiefen Schlaf, sie würden nicht merken, wenn das Unheil über sie kam, und es war auch nicht gesagt, dass die Bestie unbedingt töten wollte. Beißen war für sie wichtiger. Sie wollte den Keim weitergeben und so für Nachwuchs sorgen.
Alles war klar. Nur die Bestie fehlte.
Suko schlug vor, dass wir uns trennten. Wir dachten beide noch über die Idee nach, als alles anders wurde. Die Stille wurde durch einen Knall zerrissen.
»Ein Schuss!«, flüsterte ich.
Suko hatte sich bereits nach rechts gedreht. Dort war der Schuss aufgeklungen.
Und rechts von uns lag auch der Brunnen, wo der tote Frank Tyler gefunden worden war.
Wir sagten nichts mehr und rannten los…
***
Jonny Rogowski war noch einen Schritt zurückgewichen. In seinen Augen funkelte es. Noch nie hatte er einen so harten und schnellen Herzschlag erlebt. Auch das Zittern in seinen Knien war für ihn neu.
Seine Blicke waren und blieben auf den Fensterausschnitt konzentriert, und er sah nur diesen verdammten Wolfsschädel mit seinen kalten Augen über der aufgerissenen Schnauze.
Er wusste auch,
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