1515 - Die Balkan-Bestie
beschäftigten, und nach einer Weile fragte er mit leiser Stimme: »Müssen wir so vorgehen wie bei einem Vampirbiss?«
»Ich weiß es nicht. Ich möchte ihn gern retten.«
»Und wie?«
»Blutwäsche.«
Suko lachte und entschuldigte sich dafür. Dann sagte er: »Denk mal daran, wo wir uns befinden. Hier gibt es kein Krankenhaus in der Nähe, das für eine Blutwäsche eingerichtet ist.«
»Das weiß ich auch.«
»Und deine Lösung?«
»Ich kann ihn nicht einfach hier liegen lassen.«
»Wo soll er hin?«
»Zu unserem Kollegen.«
»Und dann?«
»Ich habe zwar keine Zellen gesehen«, sagte ich, »aber ich kann mir vorstellen, dass es welche gibt.«
»Das denke ich auch.«
»Okay, fass mit an.«
Fliegen konnten wir nicht, und so mussten wir den Verletzten zum Haus des Kollegen tragen. Weit war es nicht, aber ich dachte daran, dass die Nacht erst begonnen hatte und uns noch einige verdammt lange Stunden bevorstanden…
Jonny Kogowski hatte das getan, was er ansonsten nur selten machte.
Er hatte sich einen Schnaps gegönnt. Die Flasche war hinter dem Papierkorb versteckt, und nachdem er den doppelten Branntwein getrunken hatte, ging es ihm etwas besser.
Aber das Gefühl, der große Sieger zu sein, wollte sich bei ihm noch immer nicht einstellen. Er war gedanklich einfach noch zu stark mit dem Geschehen der letzten Minuten beschäftigt.
Ihm war auch klar, dass er das Tier nicht einfach auf dem Gehsteig liegen lassen konnte. Er musste es zumindest entfernen. Entsorgen konnte er es dann später.
Seine Knie zitterten noch immer, als er sich auf den Weg nach draußen machte. Durch seinen Kopf tanzten die Gedanken, die nie richtig klar wurden. Er tat alles wie ein Automat. Als er die Tür öffnete, da schaute er sich zunächst um.
Nein, es hielt sich niemand auf der Straße auf. Die Furcht vor den Wölfen hatte die Menschen in ihren Häusern gehalten, und für die Kneipengänger war noch längst nicht Schluss. Das kannte er aus Erfahrung. Vor Mitternacht gingen die Männer nicht nach Hause.
Vielleicht würden sie in dieser Nacht sogar noch länger zechen.
Der tote Wolf lag direkt vor dem Fenster. Auch der Kopf berührte mit der linken Seite den Boden. Jonny sah jetzt, wo ihn die Kugel getroffen hatte. Nach einem Streifschuss auf der Schnauze war sie direkt in den Schädel eingedrungen.
Das Tier konnte man erst mal im Flur liegen lassen, dann wurde es wenigstens nicht gesehen. Beide Hände vergrub er im Fell und zerrte das tote und recht schwere Tier das kurze Stück über den Gehsteig hinweg bis zur Tür. Dort drehte er den Körper und schleifte ihn in den Flur hinein, wo er ihn ablegte.
Die kurze Aktion hatte bei ihm für einen leichten Schweißausbruch gesorgt. Er ging wieder zurück, um noch mal einen Blick die Straße entlang zu werfen. Er wollte sicher sein, keine Zeugen gehabt zu haben.
Schon nach dem ersten Blick tat er nichts mehr. Es hatte sich etwas verändert. Von der linken Seite her kamen zwei Männer, die etwas trugen. Kurze Zeit später erkannte er, dass es eine leblose Gestalt war.
Wieder ein Toter?
Dieser Gedanke schoss ihm zuerst durch den Kopf. Wenig später beruhigte er sich wieder, denn da hatte er die Männer erkannt, die den Leblosen trugen.
Es waren die beiden Engländer.
Jonny wurde von John Sinclair angesprochen.
»Halten Sie die Tür auf.«
»Wohin wollen Sie den Toten bringen?«
»Er ist nicht tot. Zunächst mal in Ihr Büro.«
»Ja, gut.« Rogowski warf einen Blick in das Gesicht des Bewusstlosen und sah, dass es Manescu war.
Das Blut war ebenfalls nicht zu übersehen, und Jonny wusste jetzt, dass die BalkanBestie abermals zugeschlagen hatte…
***
Wir waren beide froh, den Mann auf den Fußboden des Büros legen zu können, und als wir uns aufrichteten, betrat Rogowski den Raum. Er war unsicher, das sahen wir ihm an. Sein Blick irrlichterte leicht, denn er wusste nicht, wo er hinschauen sollte.
Zwischen uns blieb er stehen und flüsterte: »Ist er wirklich nicht tot?«
»Glauben Sie uns«, sagte Suko.
»Aber er sieht so aus.«
»Er wurde zweimal gebissen, dann ist er zum Glück bewusstlos geworden.«
»Und was soll mit ihm geschehen?«
»Gibt es hier eine Zelle?«
»Ja.«
»Wunderbar. Dort hinein legen wir ihn.«
»Und dann?«
»Warten wir ab.«
Rogowski nickte, blieb allerdings skeptisch. »Ist es nicht besser, wenn er in ärztliche Behandlung käme?«
»Klar, aber diese medizinische Versorgung gibt es hier nicht. Außerdem dürfen Sie nicht vergessen,
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