1517 - Die Mondhexe
Kraft in uns einsaugen. Der Mensch ist ein Wunderwerk der Natur, und genau das ist der Mond auch, der seit Urzeiten die Erde umkreist. In seiner Strahlung steckt Macht, steckt Geschichte, und dabei müssen Sie nicht an Vampire denken oder Werwölfe. Gehen Sie zurück in die Vergangenheit, da werden Sie den Zauber finden, den der Mond auf die Menschen ausgeübt hat. Und sie waren nicht so verbohrt wie die heutige Bevölkerung. Sie haben die Veränderung miterlebt, die ihnen der Mond brachte. Sie haben sich danach gerichtet, und ihre Zauberer und Schamanen haben es geschafft, seine Kraft auf die Menschen übergehen zu lassen. Jetzt sind wir dabei, sie aus den Tiefen des Vergessens hervorzuholen.«
»Es ist ein Trend«, sagte ich.
»Mehr als das.«
»Mondkalender. Leben nach dem Mondrhythmus…«
»Das alles gehört dazu.«
»Okay, das habe ich begriffen. Aber ich denke, dass Sie noch einen Schritt weitergehen.«
Sie verengte ihre Augen. »Was meinen Sie damit?«
»Dass Sie an die uralte Kraft des Mondes herankommen wollen. Das, was in den Tiefen verborgen lag. Eine Macht, eine Kraft, die Menschen verändern kann, denke ich.«
»Nicht schlecht, Mr Sinclair.«
»Kann sie das denn?«
Doreen fing an zu lachen. »Ich werde es Ihnen nicht sagen. Es ist möglich, und wenn dies passieren sollte, werden Sie bestimmt davon hören. Das kann ich Ihnen versprechen.«
»Können Sie uns nicht vorher schon einige Hinweise geben?«
»Nein, das kann ich nicht. Und das will ich auch nicht, denn alles braucht seine Zeit.«
»Okay, ich habe verstanden.«
»Dann ist es ja gut.«
Bei Doreen Anderson bissen wir auf Granit. Sie würde uns nicht mehr verraten und riet uns noch, mit unserem Bericht noch zu warten.
»Wie lange?«, fragte Suko.
»Wir werden sehen«, antwortete sie vage.
Damit waren wir praktisch entlassen. Auf weitere Fragen würde sie uns keine Antwort mehr geben.
Als sie in Richtung Ausgang winkte, da drehten wir uns um und gingen.
Natürlich machten wir uns Gedanken. Ich glaubte daran, dass sich Doreen Anderson nur wenig geöffnet hatte. Das meiste hatte sie für sich behalten. Wir hatten auch nicht damit gerechnet, dass sie uns die ganze Wahrheit sagen würde. Denn dass sich Menschen einfach auflösten, wenn sie der Kraft des Mondes ausgesetzt wurden, war etwas, über das sie mit zwei Fremden nicht reden konnte.
Im Vorraum blieben wir für einen Moment stehen. Ich wollte noch die eine oder andere Frage stellen und versuchen, Doreen Anderson festzunageln, als wir ein fremdes Geräusch hörten.
Ich drehte mich um, schaute auf die Tür und wusste jetzt, wer das Geräusch verursacht hatte.
Ein sich im Schloss drehender Schlüssel.
Die Tür war jetzt offen, und kaum eine Sekunde später betrat eine Frau die Schwelle, die ich von meiner ersten Begegnung mit ihr und aus den Beschreibungen des Ehepaars Brighton kannte.
Die Frau war fast nackt und hatte mit ihrem Erscheinen auch Doreen Anderson überrascht.
»Luna, du bist schon da…?«
***
Kalt - kalt wie eine Totenhand!
Archie Clavell wollte es kaum glauben. Ob Glaube oder Hoffnung und was auch immer, in seinem Kopf froren die Gedanken ein. Er konnte nichts anderes mehr tun, als die Frau anzustarren.
»Archie?«
Er hatte gehört, dass sein Name gerufen worden war, doch er gab keine Antwort. Es war für ihn völlig verrückt, und es dauerte eine Weile, bis er etwas begriffen hatte, wobei dieses Begreifen in eine Frage mündete, die er seiner Frau stellte.
»Wer ist das?«
»Sie heißt Luna.«
»Und?«
»Lass sie los, Archie.«
»Ja, ja.« Der Mann dachte längst nicht mehr an sein Vorhaben. Er sah die Frau jetzt mit anderen Augen an und merkte auch, dass sein Herz immer schneller schlug. Auf seinem Gesicht hatte sich der Schweiß gesammelt. Er rann sogar seinen Nacken hinab und hinterließ auf dem Rücken eine feuchte Spur.
»Wer ist sie, Ann?«
»Du hättest sie nicht sehen sollen.«
»Warum nicht?«
»Bitte, sei jetzt still. Es kann sein, dass du sonst dein Leben verlierst.«
»Was soll ich?«
»Ja, dein Leben. Die Abrechnung ist hier, und sie steht auf meiner Seite. Mein Gott, was hast du mich in all den Jahren gequält. Es war grauenhaft, und ich habe alles ertragen müssen. Ich habe es nicht für mich behalten können, Archie, denn man hat es mir angesehen, wie ich zu leiden hatte. Ich konnte es nicht mehr aushalten. Deshalb bin ich zu den Mondfrauen gegangen, und dort habe ich Hilfe gefunden, richtige Hilfe, wenn du verstehst. Ich war
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