1518 - Sukos Albtraum
auftauchen.
»Ai Wei, ich brauche dich.«
Der Mann ging direkt auf Ai Wei zu, und Suko sah seine Felle da vonschwimmen.
Dem Aussehen nach konnte dieser Mensch der Chef sein oder zumindest jemand, der etwas zu sagen hatte. Er hielt einen Zettel fest, auf dem er sich etwas notiert hatte, und las es vor, als er neben Ai Wei stoppte.
»Das Programm hat sich geändert. Wir müssen einige Dinge verschieben.«
»Warum?«
»Zwei Artisten sind ausgefallen. Ihnen ist übel geworden. Sie übergeben sich laufend.«
»Was heißt das?«
»Dass du sofort mitkommen musst. Ich will, dass du in der ersten Szene schon dabei bist. Da wirst du den Zuschauern klarmachen, dass das Böse bereits vorhanden ist und nicht erst aus den Tiefen der Hölle gelockt werden muss, wie wir es sonst gemacht haben.«
»Was soll ich tun?«
»Angst verbreiten, nur Angst. Du jagst sie mit deiner Sense, aber lass es nicht zu schlimm werden, denn wir brauchen dich noch beim Finale.«
»Ja, ich mache mit.«
»Das ist gut.«
Ai Wei lachte. Den Grund konnte sich der Chef nicht vorstellen. Er wirkte nur erleichtert, dass er seinen Killer in der Show überzeugt hatte, und nur das war für ihn wichtig.
»Muss ich schon mit dir gehen?«
»Ja, die Vorstellung fängt gleich an. Ich möchte dich noch kurz einweisen.«
»Ist gut.«
Suko hatte alles gehört und war froh, auch weiterhin unsichtbar zu sein.
Da er die Show nicht kannte, war es ihm im Prinzip egal, wie sie ablief.
Er wollte nur, dass es nicht zu einer Katastrophe kam, und deshalb musste er mit ins Zelt.
Aber er musste sich eingestehen, dass die Trümpfe wieder anders verteilt waren. Jetzt hielt Ai Wei sie fest. Nun konnte er bestimmen, wie die Dinge laufen sollten.
Die beiden gingen. Der Chef hatte es eilig und machte sehr große Schritte. Ai Wei blieb hinter ihm. Er hatte nichts vergessen, denn er drehte sich ein paar Mal um, weil er dorthin schauen wollte, wo er Suko gehört hatte.
Er hätte ihn normalerweise gesehen, nur nicht in diesem Fall. Dafür hob er drohend seine Waffe, und für Suko stand fest, dass der Ausgang des Kampfes zwischen ihnen noch längst nicht feststand.
Die heiße Phase lag noch vor ihm…
Glenda hatte wirklich zwei Karten gekauft, die zur ersten Kategorie zählten. Das heißt, wir hatten das Glück, in der ersten Reihe sitzen zu dürfen, und so waren wir in der Lage, das Geschehen hautnah zu erleben.
Noch passierte nichts, abgesehen davon, dass sich das Zelt allmählich füllte. Glenda und ich machten es wie viele der Zuschauer. Wir saßen noch nicht auf unseren Plätzen, sondern standen, um so einen besseren Überblick zu haben. Unsere Blicke glitten über die Gäste hinweg, die sich im Halbdunkel des großen Zelts verteilten. Im Hintergrund war leise Musik zu hören. So etwas wie ein Willkommensgruß für die zahlenden Zuschauer, der aber nicht besonders ablenkte.
»Und wen suchst du?«, fragte Glenda.
»Dieselbe Person wie du.«
»Also Suko.«
Ich nickte. »Genau. Und ich denke mir, dass sich auch Shao hier irgendwo aufhält.«
»Als Phantom mit der Maske?«
»Keine Ahnung.« Ich hob die Schultern an. »Ich weiß ja nicht, wie die Show genau abläuft und könnte mir sogar vorstellen, dass sie in ihrem Outfit nicht mal besonders auffällt. Es kommt natürlich darauf an, was die anderen Artisten tragen.«
»Warten wir mal ab.«
Noch knapp zehn Minuten bis zum Beginn, wenn alles reibungslos ablief.
Wenn ich nach meinem Gefühl ging, so musste ich zugeben, dass ich nicht damit rechnete. Ich sah zwar keinen Beweis für meine Bedenken, dennoch konnte ich mich nicht davon freimachen. Es konnte auch an ähnlichen Vorfällen in der Vergangenheit liegen, denn wir hatten unsere bösen Erfahrungen bereits mit solchen Veranstaltungen gemacht. Da brauchte ich nur an den Zirkus Luzifer zu denken.
Die Beleuchtung war gerade so hell, dass jeder Zuschauer seinen Platz finden konnte. Aber das Licht wurde allmählich schwächer, und dies wiederum war für die Menschen ein Zeichen, dass sie ihre Plätze einnehmen mussten, was sie auch taten.
Glenda setzte sich noch vor mir hin. Ich gönnte mir einen letzten Blick in die Runde, die eigentlich keine war, denn es gab nur eine Bühne und keine kreisrunde Manege. So bildeten die Zuschauertribünen ein offenes Karree, denn eine Seite blieb frei. Vor dort traten die Akteure auf oder verschwanden auch wieder.
Nichts war zu entdecken. Beim Hinsetzen dachte ich daran, dass ich mich an Sukos Stelle ebenso verhalten hätte.
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