Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1520 - Geschäfte mit Topsid

Titel: 1520 - Geschäfte mit Topsid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
mittelgroß, grobknochig und hager. Er hatte treuherzig wirkende Augen und einen prächtigen, seidenweichen Schnurrbart. Er wirkte ein bißchen beschränkt.
    Dao-Lin-H’ay beging jedoch nicht den Fehler, diesen ersten Eindruck für bare Münze zu nehmen.
    Er lieferte eine Fülle von Informationsmaterial, für das Dao-Lin-H’ay sich im Grunde genommen gar nicht interessierte. Sie überflog die einleitende Aufstellung der großen Familienunternehmen und gab sich überrascht, als sie den Namen L’ung entdeckte. „Eine sehr alte Firma", erklärte Teng-Ciao-L’ung stolz. „Ja, jetzt erinnere ich mich. Aber ich glaube nicht, daß irgend jemand in der Milchstraße einen größeren Posten Krallenschärfer gebrauchen könnte." Teng-Ciao-L’ung war ein viel zu wohlerzogener Kartanin, als daß er seiner Belustigung freien Lauf gelassen hätte. „Wir haben noch ein paar andere Dinge zu bieten", sagte er herablassend. „Zum Beispiel?"
    „Oh, es ist ein sehr breites Angebot", behauptete Teng-Ciao-L’ung. „Und du bist natürlich im Vorstand?"
    „Nicht direkt", schwächte Teng-Ciao hastig ab. „Mein Amt - du verstehst ..."
    „Nun, es kann in solchen Zusammenhängen auch sehr nützlich sein", bemerkte Dao-Lin-H’ay nüchtern. „Die großen Familien sind der Rückhalt der gesamten kartanischen Gesellschaftsordnung. Es wäre ausgesprochen dumm, die Macht der alteingesessenen Unternehmen zu schwächen."
    „Genau das sage ich auch immer", bestätigte Teng-Ciao-L’ung hocherfreut. „Und selbstverständlich kenne ich mich in all unseren Geschäftsbereichen bestens aus. Wenn dir an einer informativen Führung gelegen ist, dann bin ich gerne bereit ..."
    „Schon gut", schnitt Dao-Lin-H’ay ihm das Wort ab. „Du hast mich überredet. Wie wäre es, wenn wir uns in einer Stunde treffen?"
    „Mit dem größten Vergnügen!" Da war kein Zögern in seiner Antwort, und das hätte für ein reines Gewissen sprechen können.
    Aber Dao-Lin-H’ay hatte auch gar nichts anderes erwartet.
    Wenn die Familie L’ung ein paar Leichen im Keller zu liegen hatte, wie die Terraner in solchen Fällen zu sagen pflegten, dann war sicher auch dafür gesorgt, daß fremde Besucher nicht schon beim ersten Schritt darüber stolpern konnten.
    Ganz abgesehen davon, daß man den bewußten Keller erst einmal finden mußte.
     
    *
     
    Nein, nach einem Hort von professionellen Waffenschmugglern sah die Firma der Familie L’ung wirklich nicht aus. „Unser Hauptgebäude", erläuterte Teng-Ciao-L’ung. „Verwaltung, Forschung, Entwicklung, gewisse Teile der Fertigung, speziell der elektronische Sektor - all das ist hier untergebracht. Wir haben natürlich noch ausgedehnte Fabrikgelände außerhalb der Stadt, von unseren Niederlassungen auf diversen anderen Planeten ganz zu schweigen."
    Sie blickten vom Gleiter aus auf einen prächtigen Gebäudekomplex am Rande der Innenstadt hinab.
    Die Bausubstanz des Firmensitzes war alt - Dao-Lin-H’ay konnte sich noch gut daran erinnern, wie es früher hier ausgesehen hatte - aber man hatte sämtliche Gebäude offenbar erst vor relativ kurzer Zeit gründlich renoviert.
    Das Ganze hatte die Form eines gigantischen Zeltdorfes. Die Dächer glichen riesigen, sandfarbenen Stoffbahnen, die sich weit über die Wände hinausspannten und mit Hilfe stählerner Trossen im Boden verankert waren.
    Das Hauptgebäude mit länglichem, achteckigen Umriß wurde trotz seiner beeindruckenden Höhe von rund einhundert Metern von einigen turmartigen Nebenbauten überragt.
    Natürlich war diese ganze Konstruktion nicht mit der Ratshalle im Graben zu vergleichen - die Hohen Frauen hatten schon immer streng darauf geachtet, daß man ihnen auch in dieser Beziehung keine Konkurrenz machte.
    Aber es war ein durchaus beeindruckender Anblick. „Eine Rekonstruktion der ursprünglichen Baupläne", erläuterte Teng-Ciao-L’ung mit unüberhörbarem Stolz. „So hätte es von Anfang an aussehen sollen, als es geplant wurde - vor fast zweieinhalbtausend Jahren."
    Dao-Lin-H’ay bezweifelte das, denn einen so verrückten Baumeister hatte die Familie L’ung damals gewiß nicht beschäftigt.
    Vor zweieinhalbtausend Jahren hätte man so kühne Dachkonstruktionen gar nicht erst zu planen gewagt - nicht hier in Tozinkartan, und vor allem nicht hier oben, direkt am Rande des Grabens. Die stürmischen Winde schlugen hier mitunter derart unberechenbare Kapriolen, daß man nicht wußte, wohin sie all das wirbeln wollten, was sich ihnen in den Weg stellte:

Weitere Kostenlose Bücher