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1522 - Metalyse

Titel: 1522 - Metalyse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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vermutlich nicht spüren lassen.
    Enza eilte aus der Stadt und nahm einen Gleiter zum See. Bis abends saß sie am Ufer des Goshun-Sees, und als sie müde wurde und sich auf den Heimweg machte, da wußte sie, daß sie den größten Fehler ihres Lebens gemacht hatte.
    Sie heulte wie ein Schloßhund und bekam Depressionen. Sie konsultierte einen Psychologen, und der zeigte ihr den Weg.
    Und Enza beschritt diesen Weg.
    Sie ging nicht zu Notkus hinüber ins Haus, um sich zu entschuldigen. Sie wartete, bis er mit Freunden einen Ausflug auf die Südseite des Sees machte. Sie folgte ihm nicht mit dem Gleiter. Sie lief zu Fuß.
    Sie verlangte ihrem Körper alles ab und kam gegen Abend an. Sie erwischte ihn, kurz bevor die Gruppe zurückflog. Enza tauchte hinter einer Düne auf und nahm ihn einfach bei der Hand. Sie spürte seinen Widerwillen und sein Zögern, aber sie übersah es. Bis zum Wasser zog sie ihn und setzte sich in den Sand. „Ich liebe dich wie sonst nichts und niemanden auf der Welt", sagte sie mit rauher Stimme. „Ich möchte dich nie verlieren, und wenn ich dich nie im Leben bitten werde, mir etwas zu verzeihen, diesmal möchte ich es tun.
    Bitte verzeih mir. Ich habe gegen mein Gefühl gehandelt und habe Unsinn erzählt. Ich wollte dich nicht kränken. Ich war hilflos und fühlte mich von dir in die Enge getrieben."
    Notkus bekam große Augen. Er nahm sie in den Arm und drückte sie an sich. Erst jetzt merkte er, wie erschöpft sie war. „Komm", sagte er. „Du fliegst mit uns im Gleiter zurück!"
    „Notkus, ich möchte dir noch etwas sagen", haspelte sie hervor. „Ich möchte, daß du nie mehr an mir zweifelst.
    Ja, ich liebe dich. Ich kann mir keinen anderen Mann vorstellen als dich. Ich möchte dich heiraten. Ich nehme deinen Antrag an. Gib mir ein, zwei Jahre Zeit. Ich fühle mich einfach zu jung."
    „Gut, ich bin einverstanden", sagte er. Irgendwie wirkte er erleichtert. Er ahnte nicht, wie sehr sein Verhalten Enza half, über ihre persönliche Krise hinwegzukommen.
    Es dauerte einen knappen Monat, dann hatte sich ihrer beider Gefühlswelt wieder so erholt, daß es keine störenden Mißklänge mehr gab.
    Von da an sah man sie Tag und Nacht nur noch zusammen, und aus den zwei Jahren wurden drei.
    Irgendwann auf einem Ausflug tauchten sie ohne Ausrüstung in den See hinab. Sie hielten schwere Steine in den Händen, und als sie sie in zehn Metern Tiefe inmitten eines Beetes aus Seesternen und Muscheln losließen und sich fest umschlangen, da preßte Enza ihre Lippen auf die seinen. „Ich möchte deine Frau werden!" blubberte sie und freute sich wie ein Kind, weil er die Worte verstand. „Am besten gleich, spätestens morgen!"
    Und Notkus stieß unter Wasser einen lauten Jubelschrei aus.
    Sie schlossen den Ehevertrag um neun Uhr morgens. Sie suchten eine Wohnung in der Nähe des Campus und zogen zusammen.
    Und schon im ersten Jahr merkten sie, daß etwas zwischen ihnen war, was sie allen anderen jungen Wissenschaftlern überlegen machte.
    Der Begriff Synergistik allerdings kam erst viel später auf.
    Jetzt aber hing Enza in dieser Ballung aus Energiewirbeln und konnte sich aus eigener Kraft nicht befreien. Sie schrie um Hilfe und flehte. Sie hoffte, Notkus würde sie hören.
    Sie tat es nicht einmal aus Selbsterhaltungstrieb. Sie tat es, weil sie ihn liebte und ihn nicht jetzt schon verlassen wollte.
     
    *
     
    Myles Kantor empfand die Farben als Musik. Ein Lied von reinem Klang und ständig wechselnden Tonarten entstand in seinem Bewußtsein, er sah den schwarzen Schlund hinter sich liegen und richtete seine Aufmerksamkeit nach vorn. Die bunten Farbenspiele begleiteten die Musik und bildeten eine vollkommene Harmonie. Was er hörte, sah er auch.
    Ich muß es ihnen erzählen, jubelte er. Ich kann Farben hören!
    Er richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf den Kosmos vor sich. Die wabernden Energiefelder umtanzten ihn in einem wilden Reigen, und er hielt unwillkürlich still. Der Tanz wurde verrückter und hektischer, und als er sich wieder in Bewegung setzte, nahm die Hektik ab.
    In diesem Augenblick begriff der junge Kantor, daß er seine Bewegung mittels Gedankenkraft beeinflußte. Die Erkenntnis überrumpelte ihn und ließ ihn staunend die Welt des Mikrokosmos betrachten.
    Bin ich wie Ernst Ellert? fragte er sich.
    Er eilte davon, folgte den geschwungenen Bahnen einer Nuance aus Rotorange und gelangte auf einem weiten Weg in die Nähe des Schlunds zurück. Doch was er als dunkles Loch empfunden

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