1522 - Teuflische Gespielinnen
Hilfe.
Jetzt ging es besser. Die beiden Frauen im Spiegel schwebten darin wie in einem dunklen See. Der Dschinn mit seinem gelben Schädel hatte seinen Blick auf mich gerichtet.
Ich hob die Beretta an. Ich wollte den Kopf, nur den Kopf, falls dies überhaupt möglich war und mir der Spiegel dank seiner Konsistenz letztendlich keinen Streich spielte.
Genau in diesem Moment hörte ich die Klingel. Das Geräusch riss mich aus meiner Konzentration. Die Waffe zwischen meinen Händen sackte wieder herab…
Es schellte ein zweites Mal. Ich zählte mich zwar nicht zu den Hellsehern, aber ich wusste, dass es nur Suko sein konnte, der Einlass begehrte.
Ich hätte sitzen bleiben und meinen Plan durchziehen können, doch das wollte ich nicht. Das Klingeln machte mich nervös und so drehte ich mich nach links, um auf die Beine zu kommen. Es ging nicht so flott wie sonst, aber man ist in gewissen Situationen schon mit Wenigem zufrieden.
Nach dem vierten Klingeln hörte ich auch die Stimme von draußen. Es war tatsächlich Suko, der meinen Namen rief und dann mit lauter Stimme verlangte, dass ich öffnete.
»Ja, ja, ich kann nicht schneller.« Nach diesem Satz riss ich die Tür auf und ließ Suko ein.
»Endlich, John!«
»Was hast du denn?« Ich schloss die Tür wieder.
»Was ich habe? Du bist gut. Ich habe gesehen, wie der Kopf im Spiegel auftauchte. Es gibt ihn also noch.«
»Ja, und du hast mich wahrscheinlich daran gehindert, ihn zu zerstören.«
»Was?«
»Komm mit.«
Suko hielt mich fest. »He, du siehst nicht eben gut aus, Junge.«
»Mir geht es auch nicht besonders.«
»Was ist denn?«
»Erzähle ich dir gleich. Wir müssen uns erst mal um den Dschinn und die beiden nackten Frauen kümmern.«
»Dagegen habe ich nichts.«
Es waren nur wenige Schritte, die wir zurücklegen mussten. Beim Eintreten in das Zimmer konnten wir noch nicht in den Spiegel schauen, da er uns seine Schmalseite zuwandte.
Das änderte sich Augenblicke später, als wir stehen blieben und ich Sukos Lacher hörte.
»Und wo sind jetzt deine beiden nackten Frauen und der Dschinnschädel, John?«
Mein Freund hatte recht, denn beide schauten wir auf eine leere Spiegelfläche…
***
Ich konnte nichts sagen, weil ich das Gefühl hatte, meine Kehle würde voller Schlamm stecken. Szenen wie diese waren eigentlich ein Grund, sich selbst in den Hintern zu treten, aber das brachte auch nichts. So standen wir nebeneinander und sagten erst mal nichts.
»Ich höre ja nichts, Alter.«
»Mist, ich habe keine Erklärung. Doch«, korrigierte ich mich, »die habe ich schon.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Ich hätte den verdammten Spiegel nicht allein lassen und dich im Flur stehen lassen sollen.«
»Meinst du?«
»Sie haben die Chance genutzt und sind verschwunden. Frage mich nicht, wohin. Ich denke an eine Zwischenwelt, aber ich weiß auch, dass es davon verdammt viele gibt.«
»Sag mir lieber, was wir unternehmen sollen.«
»Ich weiß es nicht.«
»Du hattest vor, eine Silberkugel in den Spiegel zu jagen.«
»Ja. Nur haben wir jetzt kein Ziel mehr.«
»Doch.«
»Und welches?«
Mit dem rechten Zeigefinger deutete Suko auf die Fläche. »Schieß darauf, John, nimm den gesamten Spiegel, dann ist die Sache okay. Davon gehe ich mal aus.«
Ich war noch unschlüssig. Einfach auf die Fläche zu feuern war nicht mein Ding, aber eine andere Möglichkeit sah ich momentan leider auch nicht, und so zog ich erneut meine Waffe.
Es war egal, wohin ich schoss. Trotzdem nahm ich die Mitte des Spiegels ins Visier. Der Schuss klang überlaut. Wir sahen den Einschlag der Kugel und hörten ein Geräusch, das nicht dazu passte.
Kein Splittern oder Klirren wehte uns entgegen, nur ein dumpfer Laut, auch leicht klatschend, als hätte jemand mit der Faust auf ein Lederkissen geschlagen.
»Das war wohl nichts«, kommentierte Suko.
»Du sagst es.« Ich ging auf den Spiegel zu und schaute mir das Einschussloch an.
Ein normales Loch gab es nicht. Die Kugel hatte eine Delle in die Masse gedrückt, das war alles, und sie selbst war so tief eingedrungen, dass ich sie nicht mehr sah.
Ich strich mit der rechten Hand über die Spiegelfläche hinweg. Sie war normal hart und nicht mit Leder zu vergleichen. Auch mein Kreuz gab keine Warnung ab.
»Jetzt brauche ich eine Erklärung«, sagte Suko. »Ich auch.«
»Dann gib sie.«
»Der Dschinn brauchte den Spiegel nicht mehr. Er hat sich vollends aus diesem Gefängnis zurückgezogen. Das ist alles.«
»Perfekt, John,
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