1528 - Im Schlund der Bestie
sich selbst verantwortlich. Vielen ist bekannt, dass der Teufel und das Kreuz wie Feuer und Wasser sind…«
»Aber doch nicht jedes Kreuz.«
»Das trifft zu.«
»Dann ist das Ihre ein besonderes?«
»So würde ich es sehen.« Ich wollte nicht auf Einzelheiten eingehen und ihr davon berichten, wer es hergestellt hatte und wie es in meinen Besitz gelangt war, für uns war wichtiger, dass wir diesen Keller verließen.
Stefanie Kirchner war vor dem Lift stehen geblieben und erwartete mich dort. Ihr fragender Blick war auf mich gerichtet, als sie mich fragte: »Sollen wir den Lift nehmen oder…«
Angetan war ich von dem Vorschlag nicht und fragte deshalb: »Gibt es noch einen anderen Weg?«
»Klar, die Treppe.«
»Dann nehmen wir sie.«
»Meinen Sie, dass es sicherer ist?«
»Das hoffe ich stark. In einem Treppenhaus habe ich immer mehr Ausweichmöglichkeiten als in einer Fahrstuhlkabine.«
»Wenn man es so sieht, schon.«
»Dann zeigen Sie mir den Weg.«
»Mach ich gern.« Sie warf noch einen letzten Blick in den Kellerverschlag mit dem Toten. Dabei schlug sie hastig ein Kreuzzeichen, danach wandte sie sich schnell ab. Sie ging so rasch los, dass ich Mühe hatte, ihr zu folgen…
***
Die Brandtür aus Metall zog ich auf. Steffi wollte vorgehen, doch ich hielt sie zurück.
»Nein, lassen Sie mich.«
»Okay.«
Vor mir lag die Treppe. Sie war aus Beton gegossen worden und recht eng. Ich ging davon aus, dass sie im normalen Treppenhaus breiter war.
Zunächst mal mussten wir mit den engen und auch hohen Stufen vorlieb nehmen.
Es war ein Geländer vorhanden, und deutlich sahen wir, dass dieser Zugang auch benutzt wurde. Wenn Menschen ihren Abfall oder alte Dinge, die sie nicht mehr brauchten, in den Keller schafften, dann nahmen sie auch mal diese Treppe. Es kam immer mal wieder vor, dass sie auf dem Weg einige Sachen verloren, und genau das war hier der Fall. Auf manchen Stufen lag Müll. Wischpapier, Joghurtbecher, ein paar leere Dosen Katzenfutter. Es fand sich so einiges, was die Menschen »bewusst« vergessen hatten.
»Das sind nicht meine Abfälle«, erklärte die Polizistin.
»Das hätte ich Ihnen auch nicht zugetraut.« Ich setzte den Weg nach oben fort und war immer noch wachsam wie ein Luchs.
Die Notbeleuchtung gab nicht besonders viel Licht, und über die dunklen Wände, die teilweise beschmiert waren, huschten die Schatten, die wir warfen.
Für mich stand fest, dass dieses höllische Phantom noch längst nicht aufgegeben hatte. Es hatte offenbar so etwas wie eine Aufgabe. Es holte sich Menschen, aber es holte sie sich nicht, um sie brutal zu töten, nein, diese Gestalt wollte ihnen die Seelen entreißen. Sie war ein Seelenräuber, und sie holte sich die Seelen der Menschen, indem sie ihre Körper übernahm.
Und wo hauste diese Bestie?
Vielleicht in einer anderen Dimension, in der es eine Tür zu unserer Welt gab. So hatte sich die Erde geöffnet, um den Seelenfresser in unsere Welt zu befördern.
Wer war er?
Der Vergleich mit dem Spuk schoss mir wieder durch den Kopf, denn eigentlich war er der Dämon, der sich Seelen holte, um sie in seinem Reich gefangen zu halten. Für ihn waren allerdings die Seelen der getöteten Dämonen wichtig, denn durch sie baute er sein absolut schwarzes Reich aus.
Der unbekannte Gegner, der neue Seelenfresser, hatte mit dem Spuk nichts zu tun. Sie kamen sich offenbar nicht in die Quere. Wäre es so gewesen, dann hätte der Spuk schon zugeschlagen, denn so etwas konnte er sich nicht gefallen lassen.
Ich musste meine Überlegungen schon relativieren, denn ganz so unbekannt war mir dieser Seelenfresser nicht. Ich hatte ihn ja gesehen. Er war eine menschenähnliche Figur mit einem Körper, dessen Haut in einem dunklen Blau schimmerte und auf dessen Rücken mächtige Federn wuchsen, die von der Form her zwei Flügel bildeten. Flügel oder Schwingen, wie sie bei Engeln vorkamen oder bei großen Vögeln.
Aber war diese Gestalt ein Engel? War sie ein Vogel? Nein, ich ging davon aus, dass beides nicht stimmte. Das Phantom der Hölle musste etwas ganz anderes sein. Zudem war ich mir nicht sicher, ob es tatsächlich aus der Hölle stammte oder nicht aus irgendeinem anderen schwarzmagischen Reich, von denen es leider genug gab.
Obwohl ich seine Gegenwart nicht spürte, war ich mir sicher, dass wir unter seiner Beobachtung standen. Wesen wie diese lauerten im Unsichtbaren und schlugen zu, wann immer sie es für richtig hielten.
Die Treppe endete vor einer Tür, die
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