1528 - Im Schlund der Bestie
den Außenspiegel schaute, war von der Straße und dem Ort nichts mehr zu sehen, da mir ein Hügel die Sicht nahm.
Dafür tauchte vor uns die kleine Kapelle auf.
»Das ist sie!«, sagte Steffi Kirchner leise. Sie fuhr noch langsamer, damit ich Zeit bekam, sie mir genauer zu betrachten.
Sie war wirklich nicht groß und hatte auch keinen eigenen Turm, der groß und schlank in den Himmel hineinstieß. Was wir sahen, war mehr ein Türmchen mit einem spitzen Dach.
Obwohl wir noch ein wenig von unserem Ziel entfernt waren, erkannte ich das Gelände genauer, auf dem die Kirche stand. Es war tatsächlich so etwas wie ein Friedhof, denn durch das Gittertor, das die helle Mauer unterbrach, waren einige Grabsteine zu sehen.
Das Gelände befand sich nur wenige Schritte von dem schmalen Weg entfernt. In westliche Richtung stieg das Gelände zu einem Hang an, und ich erfuhr, dass er hin und wieder, wenn hier etwas los war, als Parkplatz benutzt wurde.
Wir hielten direkt vor dem Eingang an. Die beiden Augen der Scheinwerfer glotzten gegen eine Mauer aus hellen Steinen, die verschiedene Größen und Formen hatten.
»Ja, wir sind da«, sagte Steffi mit leiser Stimme.
Ich legte ihr meine Hand auf die Schulter. »Und? Wie fühlen Sie sich jetzt?«
»Nicht erleichtert, John. Eher gespannt oder angespannt. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Ruhe trügerisch ist. Es ist niemand zu sehen, und ich komme mir trotzdem beobachtet vor. Und wie ergeht es Ihnen?«
»Ähnlich.«
»Dann können wir fast darauf wetten, dass es zu einer Begegnung mit unserem Freund kommt.«
»Das hoffe ich. Er will etwas von uns, das hat er uns bewiesen. Ich glaube nicht daran, dass er sein Vorhaben aufgegeben hat. Typen wie er verkraften es nicht, wenn sie von Menschen direkt oder indirekt besiegt werden. Der letzte Schlag muss immer ihnen gehören. Und genau dagegen habe ich etwas.«
»Also steigen wir aus?«
»Und wie!«
Ich war als Erster draußen und genoss diese klare und wunderbare Sommerluft. Es gab keine Menschen um uns herum, und wenn wir Stimmen hörten, dann die der Vögel, die sich noch über einen Sommer freuten, der bald vorbei sein würde.
Auch Steffi war ausgestiegen. Sie ging auf mich zu. Ich sah ihren steifen Bewegungen an, dass sie sich alles andere als wohl fühlte. Zudem zuckten ihre Augen hin und her, um die Umgebung abzusuchen.
Die Kapelle hatte helle Mauern und ein dunkles Dach. Wobei das helle Mauerwerk dieses Attribut nicht mehr verdiente. Es hatte im Laufe der Zeit einen grünen, moosigen Schimmer angenommen.
Ich sah keine Fenster an der Vorderseite der Kapelle, nur eine schmale Tür, die in eine Nische hineingebaut worden war. Deshalb sprach ich Steffi auf die Fenster an.
»Sie sind sehr klein, John, und befinden sich allesamt an den Längsseiten.«
»Okay.« Ich wies auf die schmale Seitentür. »Wissen Sie, ob sie geschlossen ist?«
»Nein.«
»Okay, ich probiere es mal.«
Die schmale Tür war abgeschlossen. Es gab noch den normalen Eingang, und dort hoffte ich, mehr Glück zu haben. Ich wartete auf Stefanie Kirchner, die mit zögerlichen Schritten den Friedhof betrat, der die Kirche umgab.
Alte Grabsteine. Manche richtig dünn, die schief im Boden steckten.
Neue Gräber sah ich nicht, aber mir fiel auf, dass manche der alten Grabstätten gepflegt waren. Darauf deuteten die frischen Blumen hin, die die Gräber schmückten.
Der Friedhof war nicht groß, auch wenn sich die Gräber rund um die Kirche verteilten. An der Eingangsseite sahen die Gräber recht ordentlich aus. Doch als wir uns an der Rückfront der kleinen Kirche umschauten, da konnte man von einem ungepflegten Ort sprechen.
Hier ragten auch keine Grabsteine oder Kreuze mehr aus dem Boden.
Wenn es die Erinnerungen an die Toten gab, dann waren es kleine Grabplatten, die zumeist hinter sperrigem Gestrüpp verschwanden oder von Bodenpflanzen überwuchert waren.
Ich wartete auf meine Begleiterin, die sich mir nur zögernd näherte. Steffi kam mir ängstlich und wachsam zugleich vor. Jeden ihrer Schritte setzte sie behutsam, wobei sie das alte Laub niedertrat, das knisternd unter ihren Sohlen raschelte.
Als sie stehen blieb, deutete ich nach vorn. »Das ist ein Unterschied zur vorderen Seite.«
»Sehe ich.«
»Haben Sie eine Erklärung dafür?«
»Nicht so direkt. Ich war nur einmal hier. Allerdings haben wir da schon über diese Kapelle und den Friedhof gesprochen. Der Pfarrer hat nach der Trauung ein paar Worte dazu gesagt. Wo wir hier
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