1529 - Tochter, Mutter, Teufelssaat
Aussehen ungewöhnlich war?«
»Ha, ha - ungewöhnlich? Das ist nicht das richtige Wort. Meine Mutter sah schrecklich aus, John. Sie ist ein Mensch, sie ist eine Frau von ungefähr fünfunddreißig Jahren, aber sie sieht aus wie ein altes Skelett, über das man eine dünne bräunliche Haut gezogen hat. Ich habe noch nie einen Menschen erlebt, der in diesem Alter ein derartiges Aussehen besitzt. Ich kann es mir real nicht erklären, aber ich dachte daran, dass mein Vater ja der Teufel sein soll. Und das hat bei Camilla Spuren hinterlassen. Vielleicht will der Teufel sie nicht mehr, er hat genug von ihr, denn jetzt bin ich reif genug, wie ich hörte. Das alles ist nicht zu glauben, aber man hat es mir gesagt.«
»Ja, ich verstehe Sie!«
»Ach, das sagen Sie nur so.«
»Nein, ich meine es ehrlich.«
Meine Antwort überraschte Elisa. Sie sagte nichts mehr, sie schaute nur in meine Augen, und nach einer Weile verzogen sich die Lippen zu einem Lächeln.
»Seltsam, John, ich fange an, Ihnen zu glauben. Entweder bin ich naiv, oder…«
»Das sind Sie nicht, und ich möchte Ihnen vorschlagen, dass wir gemeinsam diesen Fall angehen.«
»Bitte?«
»Ja, ich möchte an Ihrer Seite bleiben, denn dieser Fall interessiert mich.«
»Hexen und der Teufel?«
»Genau.«
Ich sah keinen Grund, ihr weitere Erklärungen zu geben, das hob ich mir für später auf, wenn es sein musste. Zunächst einmal ging es rein um die Fakten.
»Können sie mir mehr über Ihre Mutter erzählen, Elisa?«
»Muss das sein?« Sie wich bei der Frage etwas zurück.
»Ich denke schon. Wenn ich Ihnen helfen soll, sollte die Wahrheit nicht verschwiegen werden.«
»Helfen«, murmelte sie, »seltsam, das Schicksal hat irgendwie seine Weichen gestellt. Ich will ja, dass man mir hilft, ohne Zweifel. Allein komme ich nicht zurecht. Aber wir kennen uns erst ein paar Minuten. Das ist es, was mich irritiert. Dennoch vertraue ich Ihnen. Das ist schon mehr als merkwürdig.«
»Es gibt wohl keinen anderen Weg, Elisa.«
»Das denke ich auch.«
Es dauerte noch eine Weile, bis sie die richtigen Worte fand. Und sie schaute mich auch nicht an, sondern blickte in den Wald hinein, als wäre die Frau mit dem hässlichen Aussehen dort zu entdecken. Aber sie ließ sich nicht blicken, und Elisa Foret redete mit leiser und tonloser Stimme.
Auch ihr Gesicht blieb ausdruckslos, sie hielt ihre Emotionen gut unter Kontrolle.
Ich erfuhr eine haarsträubende Geschichte, die manche Personen ins Reich der Fabel verbannt hätten. Genau das tat ich nicht. Ich hatte dafür schon zu viel erlebt. Ich war sehr aufmerksam, und unterbrach Elisa auch nicht, als sie mir hin und wieder einen fragenden Blick zuwarf, um meine Meinung zu hören.
Ab und zu raschelte es in unserer Nähe. Es waren nur die Blätter, mit denen der Wind spielte. Elisas Stimme sackte immer mehr ab, schließlich verstummte sie, und ich sah den fragenden Blick auf mich gerichtet.
»So, jetzt wissen Sie alles. Glauben Sie mir auch?«
»Warum sollte ich das nicht tun?«
»Wie?«
»Ja, ich denke, dass Sie mir die Wahrheit gesagt haben. So etwas denkt man sich nicht aus.«
»Meinen Sie?«
»Aber immer.«
Elisa schüttelte den Kopf. »Das hätte ich nicht gedacht. Ich komme mir jetzt wirklich wie in einem Märchen vor. Wir treffen uns rein zufällig hier mitten im Wald, und Sie nehmen mir etwas ab, das eigentlich unglaublich und verrückt klingt.«
»Sie haben eben Glück, den Richtigen getroffen zu haben.« Ich wechselte das Thema. »Und Sie sind erst siebzehn Jahre alt?«
»Ja, das bin ich. Genau in diesem Alter hat meine Mutter mich zur Welt gebracht. Sie ist jetzt doppelt so alt wie ich, aber sie sieht einfach schrecklich aus.« Elisa schüttelte den Kopf. »Ich möchte am liebsten nicht über ihr Aussehen reden. Es ist furchtbar. Nur noch Haut und Knochen. Der Teufel oder wer immer es ist, der muss sie gezeichnet haben. Kann auch sein, dass sie einen Schritt zu weit gegangen ist. Ich weiß es nicht.«
»Das macht auch nichts. Jedenfalls sollten wir uns das Geschöpf mal aus der Nähe anschauen.« Als ich diesen Vorschlag machte, hatte ich meinen Flug bereits abgehakt.
»Sie… Sie… ahm… Sie wollen dorthin?«
»Ja.«
Elisa erbleichte. »Das ist ja schrecklich.«
»Warum?«
»Sie haben doch erlebt, wie meine Mutter vorgegangen ist. Denken Sie daran, dass sie eine Hexe ist. Sie kennt sich mit Kräutern aus, sie verkauft Talismane und Amulette. Sie steht mit den finsteren Mächten auf gutem Fuß,
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