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153 - Das Ende der Technos

153 - Das Ende der Technos

Titel: 153 - Das Ende der Technos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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offensichtlich einer der Barbaren, mit denen Linus und seine Schwester zu tun gehabt hatten.
    »Dann machen wir ein kleines Feuer und brennen das Gras in einem Umkreis von fünfzehn Metern um die Bäume ab. So sehen wir später im Schein des Feuers jede Bewegung.«
    Sie erreichten ihr Ziel. Linus sog prüfend die Luft ein. »Kein betäubender Geruch. Also gibt’s keine Erfalen.«
    »Erfalen?«, fragte Eve neugierig nach.
    »Pflanzliche Parasiten, die ihre Opfer durch… hm… süßlichen Ausscheidungsgeruch schwindlig machen, sich von den Ästen fallen lassen und alles, was nicht mehr fliehen kann, durch eine Säure aus langen Lianenarmen zersetzen.«
    »Sonst noch etwas, das wir für unsere Sicherheit tun könnten?«, fragte Eve.
    »Einiges«, antwortete Su wie aus der Pistole geschossen.
    »Wir sollten zwei Wachen aufstellen. Und jetzt schon einen wasserdichten Unterschlupf einrichten, anstatt uns vom Regen überraschen zu lassen. Im Feuer heizen wir mehrere Steine auf, die speichern die Hitze besser. Von Fluss sollten wir ausreichend Wasser holen; vielleicht haben wir auch Glück und fangen ein paar Fische…«
    Fünfzehn und sechzehn Jahre waren die beiden Geschwister erst alt. Und dennoch besaßen sie einen unglaublichen Erfahrungs- und Wissensvorsprung.
    Als Eve die beiden verängstigt und dicht nebeneinander in einer Abstellkammer sitzend gefunden hatte, in der Dunkelheit des Bunkers absolut verloren wirkend, hätte sie sich nie träumen lassen, dass sie zwei Tage später auf die beiden mehr angewiesen waren als auf den tapferen Soldaten und seinen Revolver.
    ***
    Immer wieder musste sich Eve Neuf-Deville vor Augen halten, dass sie eigentlich schon tot waren. Langsam und in kleinster Dosierung drang die Serumsflüssigkeit nahe des Brustbeins in ihre Blutbahn. Wie ein künstliches Immunsystem stärkte sie den Körper und tötete alle Keime, Bakterien und Viren ab, gegen die die isolierten Bunkermenschen im Laufe der Jahrhunderte ihre Resistenz verloren hatten.
    Irgendwann würde der Tropf versiegen. Ein schmerzhafter Tod war die logische Folge. Es sei denn, man gehörte jener Minderheit der Technos an, deren Immunsystem sich im Laufe der letzten Monate und Jahre an die Oberwelt angepasst hatte.
    »Autsch!«, rief Li Donaghue und schickte einen gar nicht damenhaften Fluch hinterher.
    »Was ist passiert?«, fragte Eve alarmiert.
    »Ich bin an der Hülle des Baumes hängen geblieben – wie nennt man das Zeugs noch mal?«
    »Rinde«, sagte Eve. Sie hatten so viel verlernt in der langen Zeit der Isolation; etliche Worte waren nutzlos geworden und verloren gegangen.
    Sie begutachtete die Wunde der alten Frau. »Ist nichts Schlimmes«, sagte sie schließlich. »Nur ein Splitter. Moment – ich ziehe ihn raus.«
    Zwischen zwei Fingernägeln entfernte sie vorsichtig den etwa drei Zentimeter langen Holzspan aus der linken Handinnenfläche, tränkte ein Stückchen zerrissenes Tuch mit Alkohol und presste es auf den kleinen, kaum sichtbaren roten Fleck. »Setz dich und halt das ein paar Minuten lang auf die Wunde«, wies sie die Frau an.
    »Aber ich sollte euch doch helfen«, protestierte Li. »Ich komme mir so unnütz vor, wenn ich nichts zu tun habe.«
    »Sollten Linus und Su tatsächlich einen Fisch fangen, kannst du uns anschließend gern deine Kochkünste beweisen«, munterte Eve die Frau auf.
    »Wenn du meinst…«
    Sie wirkte unsicher. Kein Wunder. Wahrscheinlich hatte sie noch nie im Leben etwas anderes zubereitet als vorgefertigte Bunkerspeisen.
    »Fette Beute!«, rief Linus bereits von weitem. Stolz präsentierte er zwei silbern glänzende Fische, vielleicht dreißig Zentimeter lang, aus deren Bäuchen mehrere lange Fühler nach unten ragten. Noch bewegten sich die Tiere, doch der Junge scherte sich nicht viel darum. Sobald er ihr gemeinsames Lager erreicht hatte, schlug er die Fische mehrmals wuchtig gegen einen flachen Stein, bis jede Bewegung erstarb.
    Pat McGonnagle sah ihm missmutig zu. Den Mann musste es wurmen, dass ihm ein Halbstarker in praktisch jeder Beziehung den Rang ablief.
    »Würdest du mir beim Feuer helfen, Pat?«, fragte ihn Eve.
    »Ich komme mit dem Anzünden nicht so gut zurecht.«
    Sie klimperte mit den Augen und stellte sich bewusst ungeschickt an. Ihr fiel kein Stein aus der Krone, wenn sie ihren eigenen Stolz für ein paar Augenblicke hintan stellte.
    »Komme schon!«, brummelte der Soldat und stapfte herbei.
    Mit spitzen Fingern griff er nach dem Feuerzeug und hielt es ungelenk an den

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