153 - Nachts, wenn die Höllenträume kommen
wie ein Mensch aussieht, hinterläßt er keine für uns erkennbaren Spuren.« Er kniff die Augen grimmig zusammen. »Wir werden ihn töten.«
»Loxagon hätte ihn lieber für sich«, warf Iskodis ein.
Agazzim sah ihn durchdringend an. »Willst du das Risiko eingehen, daß er auf dem Rückweg flieht? Nein, wir bringen Loxagon den toten Por, und wir sagen ihm, daß wir ihn erledigen mußten. Ich hoffe, ich kann mich auf dich verlassen.«
»Ich werde bestätigen, was du sagst«, versprach Iskodis, obgleich er wußte, daß es nicht ungefährlich war, dem Teufelssohn die Unwahrheit zu sagen. Aber es war auch nicht ratsam, sich gegen Agazzim zu stellen.
***
Pors Augen hatten sich verändert. Sie schwammen auf einmal in Blut, und die Hautstreifen entfernten sich immer mehr voneinander, wodurch das wahre Gesicht des Teufels mehr und mehr zum Vorschein kam.
Ein Streifen fiel ab, klatschte auf den Boden und verging. Die meisten Schüler ließen von Por ab.
»Ein Trick!« brüllte Vincent Berry. »Das ist alles bloß ein Trick! Der Bursche besteht aus lauter Tricks! Aber da kommt er bei uns nicht an! Wir machen ihn fertig!«
Als Berrys Faust in dem in Auflösung begriffenen Gesicht landete, heulte der Teufel wütend auf. Seine ungeheure Kraft packte den Muskelprotz und schleuderte ihn gegen die Wand.
Berrys Freunde gaben Fersengeld, und auch er hatte endlich begriffen, daß es vernünftiger war, sich abzusetzen. Por starrte ihn mit seinen Blutaugen an. Seine Wangen blähten sich. Ein Streifen nach dem anderen fiel ab, und die Fratze präsentierte sich Berry in ihrer ganzen Scheußlichkeit.
»Ein Monster!« stammelte Vincent Berry verstört. »Er ist ein Monster! Oh, mein Gott!«
Pors Maul öffnete sich, und als Berry die kräftigen Zähne des Unholds sah, packte ihn zum erstenmal die nackte Angst. Bisher hatte er geglaubt, es gebe nichts, wovor er sich fürchten müßte. Stets hatten sich die Probleme entweder mit Vaters Geld oder mit Vincents Muskelkraft aus der Welt schaffen lassen.
Por hob die Krallenhände. Berry verlor den Kopf. Ohne den Blick von Por zu nehmen, wich er zur Seite. Er stolperte über alles, was auf dem Boden lag.
Zweimal wäre er beinahe gestürzt. Spiegelscherben knirschten unter seinen Sportschuhen. Je weiter er sich von Por entfernte, desto schneller ging er.
Schließlich rannte er. Oben, in Sicherheit, riefen seine Freunde: »Vincent, mach schnell! Wir schließen ihn erst mal ein!«
Vincent Berry hetzte die Stufen hinauf. Erst ganz oben wurde er langsamer, damit die Freunde sahen, daß seine Angst doch nicht ganz so groß war wie die ihre.
»Mensch, warum bist du denn nicht eher gekommen?« fragte einer aufgeregt.
»Ich mußte ihm zuerst noch eins auf die häßliche Schnauze geben«, tönte Berry. »Aber er hat keine Wirkung gezeigt, obwohl ich vollen Dampf in den Schlag gelegt habe. Da sagte ich mir, daß es klüger wäre, es euch nachzumachen. Aber ihr seid Pfeifen, wißt ihr das?«
»Vincent, das ist ein Ungeheuer!«
»Ihr habt mich im Stich gelassen«, beschwerte sich Berry. »Ich allein war gegen ihn machtlos, aber gemeinsam hätten wir ihn gepackt.«
»Du bist verrückt. Nicht einmal mit vereinten Kräften wären wir mit ihm fertig geworden.«
»Wollen wir wetten?« erwiderte Berry.
»Mich kriegen da keine zehn Pferde mehr hinunter.«
»Feigling«, sagte Berry verächtlich. »Lieber ein lebender Feigling als ein toter Held«, gab der andere zurück.
Sie hatten die Tür zugeschlagen, verriegelt und abgeschlossen. Jetzt trommelten Fäuste dagegen, und ein Junge schrie wie von Sinnen: »Laßt mich raus! Macht die Tür auf! He, macht sofort die Tür auf! Seid ihr wahnsinnig? Ihr könnt mich doch nicht mit diesem Ungeheuer einschließen! Hilfe! H-i-l-f-e!«
»Verdammt, da ist noch jemand drinnen!« stöhnte einer von Berrys Freunden.
Doch keiner wagte den Riegel zu öffnen und den Schlüssel zu drehen. Drinnen schrie der Junge immer schriller. »Wollt ihr, daß das Monster mich umbringt! Hilfe! Ich weiß, daß ihr da draußen seid. Laßt mich raus! Bitte, laßt mich raus!«
»Weg da!« knurrte Berry und stieß zwei Freunde zur Seite. Dann öffnete er die Tür, und der Junge taumelte schluchzend an ihm vorbei.
Berry warf einen Blick die Stufen hinunter. Das Monster war nicht zu sehen. Berry schlug die Tür wieder zu und schloß ab. Nachdem er den Riegel in die Halterung gerammt hatte, drehte er sich um und sah die Freunde an, die ihn umgaben.
»Was tun wir nun?« fragte er.
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