153 - Nachts, wenn die Höllenträume kommen
Blick zu. Dann wandte er sich wieder an seine »Bräute«. Diese Bezeichnung schnitt mir wie ein Messer ins Herz, aber war sie nicht zutreffend?
»Ich bin Por«, sagte er, im Vertrauen darauf, daß ihn die Mädchen verstanden. Ihre Augen ruhten auf ihm. »Ich komme von weither«, fuhr er fort. »Aus der Hölle. Ich mußte vor Loxagon, dem Teufelssohn, fliehen…«
Ich horchte auf, denn Loxagon war für mich nicht nur ein bekannter Name - es war ein Reizwort!
Ich erfuhr - wie die Mädchen - viel über Por, und allmählich begann ich den Alptraumteufel mit anderen Augen zu sehen. Er war ein Höllenwesen, das zum Guten tendierte.
Das war auch der Grund, weshalb ihn Loxagon töten wollte. Por sprach über seine Flucht, und er sagte, daß sich Kopfjäger auf seine Fersen geheftet hätten. Höllenkrieger, deren Aufgabe es war, ihn tot oder lebendig in die Dimension der Verdammnis zurückzubringen. Aber Por wollte nicht zurück.
Er wollte hierbleiben, unter Menschen leben und seine Teufelskraft gegen die schwarze Macht einsetzen. Ein Ziel, das ich eigentlich hätte begrüßen müssen, und vermutlich hätte ich das auch getan, wenn ich nicht länger mit dem Kopf nach unten an diesem Dachbalken gehangen hätte.
Por kam auf seine Höllenkraft zu sprechen, die ihm und anderen in jüngster Vergangenheit viel Ärger eingebracht hatte. Er konnte sie nur schlecht kontrollieren. Immer wieder richtete sie Schaden an.
Er hoffte, daß er sie irgendwann besser in den Griff bekommen würde, gleichzeitig aber befürchtete er, daß ihm das nicht gelingen würde.
Was dann? fragte ich mich. Wird er ein Katastrophenteufel bleiben, in dessen Nähe alles Erdenkliche zu Bruch geht - obwohl er eigentlich Gutes tun will?
Was sollte aus Por werden? Er war ein Gegner des Bösen - aber auf der Seite des Guten nicht einzusetzen, weil er zuviel Schaden anrichtete.
»Ich habe die Absicht, mich in dieser Stadt niederzulassen«, sagte Por. »Aber ich möchte nicht allein leben, deshalb habe ich mit euch Kontakt aufgenommen…«
An und für sich wäre dagegen nichts einzuwenden gewesen - wenn die Mädchen aus freien Stücken hierher gekommen wären. Aber Por hatte sie zu sich befohlen. Er hatte ihren Willen, ihre Entscheidungsfreiheit ausgeschaltet.
Auf der Erde gibt es gewisse Spielregeln. Por setzte sich über alle hinweg. Es geschah gewiß nicht mit böser Absicht, sondern in Unkenntnis. Dennoch konnte ich es nicht gutheißen.
Höchstwahrscheinlich waren alle sieben Mädchen in festen Händen. Einige von ihnen waren vielleicht sogar verheiratet. Das störte den Alptraumteufel jedoch nicht, sich für sie zu entscheiden.
»Ich brauche ein Weib an meiner Seite«, sagte er. »Eine von euch wird mich von nun an durchs Leben begleiten.« Wieder schritt Por die Front langsam ab.
Er blieb vor meiner Freundin stehen, und mir war, als hätte man mich in Eiswasser getaucht. »Wie ist dein Name?« erkundigte er sich.
»Vicky Bonney«, sagte sie emotionslos.
»Du bist sehr schön«, stellte Por fest. »Dein Haar glänzt wie poliertes Gold, und das Blau deiner Augen gleicht dem des Himmels.«
Ich schluckte, und von meiner Stirn tropfte der Schweiß auf den staubigen Boden. Hatte sich Por bereits entschieden? Würde er die anderen Mädchen fortschicken und Vicky für sich behalten?
Er betrachtete mich nicht als seinen Feind. Er hatte lediglich dafür gesorgt, daß ich ihm nichts anhaben konnte. Wenn er mir aber Vicky wegnahm, war er mein Feind! Jeder, der sich an Vicky vergriff, war das.
Por ging weiter. Ich atmete auf. Er blieb vor einem brünetten Mädchen mit rehbraunen Augen stehen und erkundigte sich nach ihrem Namen.
Sie antwortete, und er pries auch ihre Schönheit. Ihm schien die Wahl nicht leichtzufallen.
Ich konnte ihm nicht klarmachen, wie sinnlos sein ganzes Bestreben war. Vielleicht wäre er guten Argumenten zugänglich gewesen. Vielleicht hätte ich ihm zureden können, daß dies der falsche Weg war. Doch wie sollte ich reden - mit dem dicken Knebel zwischen den Zähnen?
Die Welt war neu für ihn. Er wußte nicht, wie wir hier lebten. Es wäre denkbar gewesen, daß er sich anzupassen versucht hätte, wenn ich ihm erklärte, daß man bei uns nicht so vorging.
Er fragte noch ein drittes Mädchen nach seinem Namen. Das schienen seine Favoritinnen zu sein. Vicky war in der engeren Wahl.
»Eine von euch wird bei mir bleiben«, sagte Por. »Die anderen werden nach Hause zurückkehren und sich an nichts erinnern.« Er forderte jene, die
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