1531 - Besuch auf Terra
merkwürdig. An den Rändern des Bildes kringelten sich bunte Muster. Im Innern der Verzierungen stand in geschwungenen Lettern: EINLADUNG. ICH BITTE DICH, PERRY RHODAN, ZU EINEM GESPRÄCH AN BORD MEINER ANEZVAR AM 25. FEBRUAR UM 23.00 UHR. WILLOM.
Das war in zwei Tagen.
Vielleicht war Willom doch noch zu einer vernünftigen Unterhaltung über alle Probleme bereit.
Die leise Hoffnung begleitete Perry Rhodan in den nächsten achtundvierzig Stunden.
*
Willom: Die ANEZVAR lag in einem abgelegenen Winkel des riesigen Raumhafens von Terrania. Zu dieser späten Stunde herrschte hier fast Dunkelheit. Der Bereich, in dem der Personen- und Warenverkehr florierte, war mehrere Kilometer entfernt. Zwischen dem Dreizackschiff und den erhellten Landeflächen erstreckte sich ein hoher Tannenwald, der ähnlich wie viele andere bepflanzte Streifen den Raumhafen auflockerte und ihm etwas Natürlichkeit in der Kälte der Technik und des Betons vermittelte.
Perry Rhodan hatte bewußt auf jedes Transportmittel verzichtet. Er bewegte sich zu Fuß. Auch hatte er zu dieser Einladung kein Geschenk mitgebracht, wie es nach den alten terranischen Sitten üblich war. Was hätte er dem Nakken auch zur Begrüßung übergeben können?
Ein lauer Nachtwind strich ihm übers Gesicht und wehte ihm ein paar Haare auf die Stirn. Mit einem Finger wischte er sie zur Seite. Er näherte sich den Lichtschranken, die hier eine reine Kontrollfunktion für den raumhafeninternen Verkehr erfüllten, und durchquerte sie. In der Zentrale des Raumhafens wußten die Wachhabenden Bescheid.
Das seltsam geformte Raumschiff ruhte auf einem schwach flimmernden Prallfeld. Aus dem Blickwinkel, in dem sich Rhodan näherte, erweckte es den Eindruck, als würde hier Neptuns gewaltiger Dreizack aus dem Beton in den sternenklaren Nachthimmel ragen.
Der Terraner setzte seinen Weg mit gleichmäßigen Schritten fort und umrundete die ANEZVAR ein Stück.
Neue Lichter tauchten auf. Zu einem geöffneten Einstiegsluk im Mittelteil führte eine von außen herangefahrene Antigravgangway.
Rhodan war sich sicher, daß Willom sein Kommen auch ohne technische Hilfsmittel längst festgestellt hatte.
Das Schneckenwesen mit seinen außergewöhnlichen 5-D-Sinnen verfügte über andere Wahrnehmungsmöglichkeiten als ein Mensch oder wohl jeder andere Bewohner der Milchstraße.
Rhodan hoffte, etwas über das seltsame Verhalten seiner Tochter Eirene von dem Nakken zu erfahren. Oder etwas, das ihn näher an die Lösung des Hauptproblems bringen würde - die Suche und das Auffinden von ES, die Aufklärung über den wirklichen Zustand der Superintelligenz und die Wiederbeschaffung der Zellaktivatoren.
Die Begegnung mit Willom sollte der Verständigung dienen. Lange hatte er darauf warten müssen. Seine Ahnung sagte ihm jedoch, daß der Nakk ihn aus einem ganz anderen Grund eingeladen hatte.
Rhodan glitt in dem Transportfeld der Gangway in die Höhe und betrat dort den Einstieg.
Blinksignale an den Wänden wiesen ihm den Weg. Eigentlich war dies eine überflüssige Maßnahme, denn der Nakk wußte doch, daß Rhodan oft genug auf Raumschiffen dieser Bauart gewesen war und sich hier orientieren konnte.
Sollten die Wegweiser am Ende gar eine Geste der Höflichkeit darstellen? Ein Entgegenkommen, das eigentlich keinen Platz in der Fremdartigkeit der Nakken haben konnte?
Irgendwo hier an Bord der ANEZVAR weilte auch Eirene. Sie hatte sich immer stärker abgekapselt, und niemand konnte sagen, warum. Vielleicht erhielt er hier eine Antwort auf diese Frage, eine Antwort von Willom, dem Eirene seit langem sehr nahestand.
Eine Klärung zum seltsamen Verhalten Homunks erwartete er gar nicht, aber seine Gedanken beschäftigten sich noch jetzt mit dem Boten von ES und seinem rätselhaften Verschwinden.
Mit lautlosen Schritten näherte sich der Terraner der Wohnzone Willoms. Sicher würde der Nakk auch jetzt jeden seiner Schritte verfolgen.
Ein fremder Ton lag plötzlich in der Luft, so als ob jemand ein Lied anstimmen würde. Eirene konnte das nicht sein. Sie hatte sich noch nie zum Gesang hingezogen gefühlt.
Und zu dem Nakken paßte ein solches Gebaren überhaupt nicht.
Es mußte also noch jemand an Bord sein.
Unwillkürlich war Perry Rhodan an einer Biegung des Ganges stehengeblieben. Er lauschte. Der unbekannte Sänger schien den richtigen Ton gefunden zu haben, denn nun klang seine klare Stimme auf. Eine leise und melancholische Melodie erfüllte die ANEZVAR.
Perry Rhodan
Weitere Kostenlose Bücher