1533 - Ende der Sonnenzeit
unangenehm genug. Der Erste konnte sich nicht ganz abfangen und schlug immer noch mit so großer Wucht gegen die unsichtbare Wand, daß er benommen auf die Knie fiel.
Mühsam richtete er sich auf. Für einige Sekunden wußte er nicht, wo er war. Dann aber schlug er mit den Fäusten gegen das unsichtbare Hindernis. „Götterbote!" schrie er. „So höre doch! Es geht um Leben oder Tod! Ich muß mit dir reden. Öffne!"
Doch sosehr er auch tobte und brüllte, es änderte sich nichts. Die unsichtbare Wand blieb.
Aspor sank langsam auf die Knie. Er legte die Hände vor die Brust. „Bitte", flüsterte er verzweifelt. „Laß mich doch hinein!"
Minutenlang verharrte er in dieser Stellung, bis er endlich einsah, daß er nichts erreichen würde.
Er erhob sich und kehrte langsam und zögernd zu Bespa zurück. „Der Götterbote ist also nicht bereit, uns zu helfen", stellte der Zweite nüchtern fest. „Jetzt zu Plan Nummer zwei: Wie sollen wir unser Leben retten?"
„Es gibt nur eine Möglichkeit", erwiderte Aspor. „Wir müssen den Alten erzählen, daß Galilea den Salamandern zum Opfer gefallen ist."
Bespa blickte ihn bestürzt an. „Sie will den Frieden", protestierte er. „Galilea hat auf Saprin geschossen, aber sie hat nicht versucht, uns zu töten oder sich zu rächen. Sie sagte: Friede öffnet uns das ewige Paradies!"
Aspor schürzte verächtlich die Lippen. „Ja - und?"
„Sie hatte recht. Wenn wir uns gegenseitig helfen, haben wir es alle leichter."
Der Erste schüttelte lachend den Kopf. „Du bist ein Dummkopf", erwiderte er. „Natürlich stimmt es, daß Friede besser für alle ist. Nur wird es nicht unser Friede sein, sondern der Friede der anderen! Wenn wir die Salamander schonen, dann landen wir auf dem Grund des Meeres. Dann fressen uns die Fische."
Bespa wandte sich ab. Er ging zu einem Busch, riß ein Blatt ab, legte es sich über Daumen und Zeigefinger und ließ es krachend zerplatzen. „Du hast recht", stimmte er zu. „Wir können nur überleben, wenn wir das Volk der Salamander für den Tod von Galilea verantwortlich machen."
„Es ist immer noch besser, wenn sie über die Klinge springen müssen, als wenn wir umgebracht werden", stellte Aspor fest. „Also, komm! Wir reiten zurück. Alles Weitere ergibt sich dann."
Bespa folgte ihm nur zögernd. Er mußte an Saprin denken. Sie war guten Willens gewesen. Er hoffte, ihr nicht in die Augen sehen zu müssen, wenn sie erkannte, daß sie verraten worden war.
*
Saprin zog sich in das Innere ihrer Wohnwabe zurück. Auf weichen Fasermatten streckte sie sich direkt neben der Öffnung im Boden aus. Sie reckte sich einige Male, um sich dann wohlig zu entspannen.
Sie spürte die Anstrengungen der vergangenen Stunden, und während sie einschlief, mußte sie an ihre Begegnung mit den Cryern denken. Sie war ganz anders verlaufen, als sie nach den Vorhersagen des Magiers erwartet hatte. Gewiß - zunächst hatte die Cryer-Frau auf sie geschossen, aber dann war doch alles friedlich verlaufen.
Eine friedliche Verständigung schien nahe zu sein. Doch nun hatte sich alles verändert. Katlat, der Magier, wollte keinen Frieden.
Saprin suchte nach einem Ausweg, fand jedoch keinen, sondern glitt sanft in den Schlaf hinüber.
Sie erwachte bald darauf durch das Geschrei vieler Männer und Frauen in ihrer Nähe.
Neugierig beugte sie sich nach unten und streckte den Kopf zur Öffnung hinaus. Mehrere Feuer brannten auf kleinen Steinhaufen tief unter ihr. So herrschte ungewohnte Helligkeit in der Höhle, und die junge Frau brauchte einige Sekunden, sich daran zu gewöhnen. Dann sah sie, daß Häuptling Reyton mit ausgebreiteten Armen und Beinen tief unter ihr im Wasser lag und sich nicht mehr bewegte.
Unter der Wohnwabe des Häuptlings baumelte die Matte. Sie war nur noch an einem Seil befestigt. Das andere war durchgerissen.
Erschrocken zog sich Saprin in ihre Wabe zurück.
Das ist der Magier gewesen! schoß es ihr durch den Kopf. Er hat Reyton getötet!
Mit einem Trick mußte Katlat es verstanden haben, eines der Halteseile zu durchtrennen, so daß Reyton in die Tiefe gestürzt war.
Aber warum hat er es getan? fragte sie sich.
Sie brauchte nicht lange zu warten, bis sie eine Antwort auf diese Frage erhielt. Während sie noch in ihrer Wabe lag und überlegte, vernahm sie die krächzende Stimme des Magiers. Er rief die Rarapetsch aus ihren Waben.
Vorsichtig schob Saprin ihren Kopf durch die Öffnung. Sie blickte hinaus und sah, daß die
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