1533 - Ende der Sonnenzeit
anderen beugten sich ihm nur, weil sie schwach waren.
Wir könnten ihn verjagen und den Frieden retten, wenn wir uns alle einig wären, erkannte Saprin.
Doch sie waren sich nicht einig, und die junge Frau begriff auch, warum das so war. Katlat würde sich sofort denjenigen herausgreifen, der Kritik zu üben wagte. Er würde ihn töten. Deshalb hatte er Reyton umgebracht.
Der Anschlag auf ihn war die Warnung gewesen, die der „Wahl" vorausgegangen war.
Er ist nur ein Mann, der den Frieden bedroht, dachte Saprin, aber niemand hat die Kraft, ihn aufzuhalten!
Von nun an waren die friedlichen Zeiten vorbei. Für die Männer, Frauen und Kinder des Stammes würde alles schlechter werden. Viele von ihnen würden bei dem bevorstehenden Kampf sterben, während Katlat mehr und mehr Macht gewinnen würde, bis ihn niemand mehr aufhalten konnte.
Ich würde es tun! redete sie sich ein.
Wenn ich eine Waffe hätte, würde ich ihn töten, „Nein!" rief Drosk, ein noch junger Mann, der in ihrer unmittelbaren Nähe wohnte. Sein Schädel war mit Narben bedeckt, die ihm ein Eisbaak beigebracht hatte, eines der gefährlichsten Raubtiere der Kaltzeit. „Wir werden dich nicht wählen, Katlat. Die Gesetze unseres Stammes besagen, daß der Häuptling unseres Stammes niemals auch der Magier sein darf. Für jedes Amt ist ein Mann vorgesehen. Niemals darf ein Mann beide Ämter bekleiden."
Katlat hielt einen Gegenstand in der Hand, den Saprin noch nie bei ihm gesehen hatte. Sie beobachtete, daß sein Finger sich auf ein rot markiertes Teil daran senkte. Plötzlich bewegte Drosk sich nicht mehr.
Wie zu Stein erstarrt stürzte er in die Tiefe. Eine plötzliche Lähmung schien ihn überfallen zu haben. „Die Götter und Dämonen haben ihn gestraft", verkündete Katlat. „Habt ihr es gesehen? Drosk hat den ungeheuren Frevel begangen, sich dem Willen des Volkes entgegenzustemmen. Dafür ist er bestraft worden."
Saprin wußte, daß es anders gewesen war. Sie wußte, daß der Magier Drosk getötet hatte. Aber sie schwieg. Sie wollte leben.
Der Krieg gegen die Cryer war nicht mehr aufzuhalten
5.
Bully deutete auf die Monitoren. „Da vorn ist es", sagte er. „Das ist die Antenne der Station."
Joon Wax öffnete mühsam die Augen. Wohlige Müdigkeit hatte ihn überfallen, und für einige Sekunden hatte er die dumpfe Schwere in seinem Kopf vergessen. Warum mußte ihn Bully ausgerechnet jetzt wecken? Hätte das nicht Zeit bis zur Landung gehabt? Was interessierte es ihn denn schon, ob die Antenne der Hyperfunkstation schon zu sehen war oder nicht? „Ja", ächzte er.
Bully lachte dröhnend. Er hieb dem neben ihm sitzenden Biochemiker die Hand auf den Oberschenkel. „Los, alter Junge!" rief er. „Wer saufen kann, der kann auch arbeiten! Die Pflicht ruft!"
„Können wir uns nicht einigen?" flüsterte Wax gequält. „Du bist nicht ganz so laut, und ich bemühe mich darum, aktiver zu werden."
„Ganz im Gegenteil", lachte Bully. „Ich werde noch etwas lauter, und du wirst superaktiv!"
Joon Wax stöhnte nur. „Moment mal, was ist das?" fragte Reginald Bull. Er zeigte auf die Monitoren. „Da stimmt was nicht. Die Hyperfunkstation hat einen Schutzschirm aufgebaut. Wieso denn?"
„Keine Ahnung", murmelte der Biochemiker. „Vielleicht will sie sich vor allzu laut brüllenden Raumfahrern schützen."
Der Shift senkte sich auf eine weite, von Dschungeln bedeckte Hügellandschaft hinab. Die Sonne stand tief am Horizont. Im Zielgebiet, in dem sie gleich landen würde, waren die Schatten schon sehr lang. Die Spitze einer Wasserfontäne leuchtete rot im Licht der untergehenden Sonne. Wax konnte erkennen, daß die von ihr ausgeschleuderten Wassermassen gegen den Energieschirm prallten, davon wegsprühten oder daran herunterliefen. „Platz genug zum Landen haben wir jedenfalls", stellte Bully fest. „Und du kannst dich ja vom Wasser abkühlen lassen. Ich habe mir sagen lassen, daß eiskaltes Wasser gegen die Folgen des Alkoholmißbrauchs hervorragend wirkt."
Wax richtete sich auf. „Ich werde meine Aufgabe erledigen", erklärte er. „So schnell wie möglich und so konsequent wie nötig. Alles andere interessiert mich nicht."
Bully grinste nur.
Er setzte den Shift etwa fünfzig Meter von der Fontäne entfernt auf. Zusammen mit dem Chemiker verließ er das Fluggerät, nachdem er noch einmal einen Funkspruch an die Hyperfunkstation abgesetzt hatte. Auch dieses Mal hatte er keine Antwort erhalten. „Glaubst du, daß die Station
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