1533 - Ende der Sonnenzeit
über Sorbat hereinbrechen, und dann würde der ganze Planet mit Schnee und Eis bedeckt sein. Selbst Teile der Ozeane würden zufrieren. „Also los", sagte er zu Joon Wax. „Wir landen mit einem Beiboot."
Der Biochemiker schluckte. Mit zitternder Hand fuhr er sich über den kahlen Schädel, und der Schnauzbart schien noch tiefer herabzusinken als gewöhnlich. „Muß ich wirklich mit?" fragte er.
Bully blickte ihn an, als sei er maßlos überrascht. „Natürlich! Habe ich das nicht gesagt?"
„Aber mir geht es nicht gut."
Bully war erbarmungslos. „An der frischen Luft wird sich das bald ändern", erwiderte er. „Komm jetzt!"
Er verließ die Zentrale, ohne sich noch einmal umzusehen. Joon Wax stieß einen Fluch aus, der selbst einem Howalgoniumschürfer die Schamröte ins Gesicht getrieben hätte, blickte sich hilfesuchend um und folgte ihm, nachdem er überall nur schadenfroh grinsende Gesichter gesehen hatte.
Er beschimpfte sich wegen der Tatsache, daß er Experimente mit neuartigen Getränken gemacht und dabei einige Tatsachen nicht beachtet hatten, die selbst einem Grundschüler der Chemie bekannt waren.
Als er in das Beiboot, eine kleine Maschine vom Typ „Shift" stieg, hatte er das Gefühl, daß sich ihm die Schädeldecke ablöste, und als sich das Schleusenschott zischend hinter ihm schloß, krampfte sich ihm der Magen zusammen. „Wir fliegen direkt zur Hyperfunkstation", erklärte Bully. „Ich bin sicher, daß wir in zwei Stunden zur CIMARRON zurückkehren. Wir werden dann an Bord klären, ob wir es mit einer Nachricht von ES zu tun haben oder nicht."
Joon Wax blickte ergeben zur Decke der Kabine.
Zwei Stunden! Er wäre froh gewesen, wenn er die bereits hinter sich gehabt hätte.
Bully wandte sich an die Bordsyntronik. „Nimm Verbindung mit der Funkstation auf", befahl er. „Sie sollte wissen, daß wir kommen."
Einige Sekunden verstrichen, dann leuchtete ein roter Pfeil auf dem Monitor vor ihm auf. „Die Hyperfunkstation antwortet nicht", teilte der Syntron mit.
Joon Wax stöhnte verhalten. Ihm war augenblicklich klar, daß Bullys zeitliche Kalkulation unter diesen Umständen nicht zu halten war. Es würde nicht bei zwei Stunden bleiben.
*
„Was machen wir jetzt?" fragte Bespa. Tränen liefen ihm über die schwarzen Wangen. Immer wieder fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht, um sie wegzuwischen. „Wir gehen zurück", entschied Aspor. „Zurück? Du meinst zum Götterboten?" staunte der Zweite. „Aber das Tor war verschlossen. Er wollte nicht mit uns reden."
„Das könnte jetzt aber ganz anders sein", erwiderte der Erste. „Galilea ist tot. Er weiß es. Also ist ihm auch bekannt, daß wir Hilfe benötigen. Er wird sie uns nicht verweigern. Uns würde ja genügen, wenn er uns einen Rat erteilt."
„Aber wir waren noch nie im Innern des Tempels", gab Bespa zu bedenken. „Galilea ist immer allein hineingegangen."
„Wir werden es wagen." Aspor richtete sich energisch auf. „Oder willst du ins Dorf gehen?
Willst du den Alten sagen, daß Galilea tot ist?"
„Aber es ist die Wahrheit."
Aspor stieg auf den Käffa und hielt Bespa die Hand hin. Der Zweite ergriff sie und ließ sich auf den Rücken des Reittiers ziehen. „Natürlich ist es die Wahrheit", entgegnete Aspor. „Aber wir können es nicht beweisen. Es gibt keine Leiche."
Er deutete zu den Wolken hinauf. „Galilea hat ihr Leben dort oben ausgehaucht, und sie war boshaft genug, sich dabei in Stücke reißen zu lassen", fuhr er fort. Mit einem energischen Fausthieb trieb er den Käffa an. „Das ist richtig." Entsetzt sank Bespa in sich zusammen. „Wenn wir ins Dorf zurückkehren und den Alten berichten, was geschehen ist, wollen sie einen Beweis von uns. Können wir ihn nicht erbringen, stehen wir automatisch im Verdacht, Galilea umgebracht zu haben."
Bespa schlug die Hände vors Gesicht. „Wir können nicht zurück", stammelte er. „Niemals. Wir müssen in die Wälder gehen und uns irgendwo eine Höhle suchen, in der wir überwintern können."
„Dafür ist die Zeit zu kurz", stellte Aspor klar. Sie ritten auf dem gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren. In der Ferne konnten sie bereits die metallene Nadel sehen, die hoch über das Grün der Bäume hinausragte.
Erst jetzt wurde Bespa sich des ganzen Umfangs ihres Elends bewußt. Aspor hatte recht. Sie hatten keine Zeit mehr, genügend Vorräte für die Kaltzeit zu sammeln. Vielleicht fanden sie eine Höhle, aber die mußte isoliert werden.
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