1535 - Tanz der Nocturnen
Nock-Schock mit uns?" bot Alban Sturm ihm an. „Wir haben sechs gute Gründe zum Feiern.
He, Mac, noch eine Runde Nock-Schocks und einen für ..."
„Nicht für mich!" rief Pirmin Deix so laut er konnte, dem robotischen Barkeeper zu. „Keinen Notturno für mich. Ich muß meinen klaren Verstand bewahren und halte mich lieber an Straab."
Der Roboter streckte einen Tentakel aus, auf dem er acht Glaser balancierte. Pirmin Deix griff sich schnell das Glas mit Straab, bevor ihm Alban Sturm einen Notturno unterjubeln konnte. Notturno war ein scharfes Gewürzgetränk mit berauschender Wirkung, das unter den Raumfahrern nicht zu Unrecht Nock-Schock genannt wurde, was soviel wie „Nocturnen-Schock" bedeutete. „Auf meine Jungs!" rief Alban Sturm mit erhobenem Glas und deutete mit einer ausholenden Bewegung auf die sechs Kadetten, die, bis auf eine Ausnahme, ihn mit leicht dummlich wirkendem Grinsen im Gesicht umstanden. Sie tranken einander und Pirmin Deix zu, und kippten den Inhalt ihrer Gläser in einem Zug. „Sie haben alle die letzte Prüfung, die Probe des Ernstfalls, mit Bravour geschafft", rief Alban Sturm über den Lärm hinweg. „Ich bin stolz auf sie. Jawohl! Und das ganze Kontor kann stolz auf sie sein."
„Ich gratuliere", sagte Pirmin Deix und nickte den Kadetten mit erhobenem Glas zu. Sie trugen alle noch ihre klobigen Raumanzüge und würden vermutlich erst dazu kommen, sich ihrer zu entledigen, nachdem sie ihren Rausch ausgeschlafen hatten. Pirmin Deix fügte in gutmütigem Spott hinzu: „Aber warten wir erst einmal ab, wie ihr euch macht, wenn es darauf ankommt."
„Ich wünschte, es wäre endlich soweit", sagte einer der Kadetten fast aggressiv. „Unsere Chancen, den Ernstfall demnächst zu erleben, sind ja nicht so gut."
Er war groß und schlank, hatte ein glattes Jungengesicht mit blauen Augen und mittelbraunes Haar. Er kam Pirmin Deix bekannt vor, aber der Kontorchef wußte nicht recht, wo er ihn einordnen sollte.
Schließlich konnte man ja nicht alle 200000 Leute beim Namen kennen.
Pirmin Deix ignorierte den herausfordernden Blick des Kadetten und sagte zu Alban Sturm: „Ich bin sicher, daß deine Jungs alles Handwerkliche aus dem Effeff zu beherrschen gelernt haben. Aber du hättest ihnen auch etwas Humor und Geduld beibringen sollen, Alban."
„Holy steht standig unter Hochspannung", sagte Alban Sturm entschuldigend, nahm Pirmin Deix am Arm und drängte ihn von seinen Kadetten fort. „Er schäumt formlich über vor Tatendrang." Als sie außer Hörweite der Kadetten waren, raunte er dem Kontorchef ins Ohr: „Sagt dir der Name Holborst Znaim etwas?"
„Klar!" rief Pirmin Deix in plötzlicher Erkenntnis aus. „Ich wußte doch sofort, daß ich den Jungen kenne. Das ist also aus Holborst Znaim geworden."
Deix erinnerte sich deutlich an die Geschehnisse, die sich vor acht Jahren angebahnt hatten. An den zwölfjährigen Holborst, der ein Einzelganger und Sonderling war und darum keine Freunde hatte.
Und dann hatte er Anschluß gefunden und die achtjährige Siela Correl zur Freundin gewonnen.
Vier Jahre lang, solange sie auf kindlicher Unschuld aufgebaut war, war diese Freundschaft gutgegangen. Aber Holborst Znaim kam mit sechzehn in ein gefahrliches Alter und begann für seine Freundin, obwohl sie erst zwölf war, Gefühle zu entwickeln.
Und damit war die Freundschaft beendet, Siela kündigte sie ihm auf, und Pirmin Deix war über diesen weisen Entschluß überaus erleichtert.
Offenbar hatte der halbwüchsige Holborst diese Abfuhr nicht einfach wegstecken können und sich, vermutlich aus einer Trotzreaktion heraus und um zu zeigen, was für ein Kerl er war, an der Weltraumakademie einschreiben lassen. „Holy ist soweit in Ordnung", sagte Alban Sturm. „Er ist nur ein wenig übereifrig und übertreibt bei allem, was er tut. Er überkompensiert eben ein wenig. Und leider kann er nicht lachen. Aber das bringe ich ihm auch noch bei."
„Du schaffst das schon", sagte Deix zuversichtlich. „Ist er über seine Jugendliebe hinweggekommen?"
„In den vier Jahren, in denen ich ihn unter meinen Fittichen hatte, ist Sielas Name nie über seine Lippen gekommen", erklärte Alban Sturm. „Ich glaube, das nagt nicht mehr an ihm. Willst du jetzt nicht doch einen Nock-Schock, Pirmin?"
„Nein, ich brauche noch einen klaren Kopf", lehnte der Kontorchef ab. „Ich habe eine Verabredung. Kümmere du dich nur wieder um deine Jungs."
„Du hast recht, Pirmin, sie stehen noch viel zu fest auf den
Weitere Kostenlose Bücher