1537 - Der Schlafwandler
leugnen. Was von ihm bleibt, füllt meine Welt, und nur das ist wichtig.«
»Wo liegt sie? Wo finde ich deine Welt?«
»Hinter den Spiegeln.«
»Wie bei Alice im Wunderland?«
»Spotte nicht. Aber ich habe beschlossen, dass du sie auch sehen wirst. Dort wird dein neues Leben beginnen. Du wirst alles vergessen, was du hier auf der Erde erlebt hast. Du wirst in den Bereich der Engel geraten, das verspreche ich dir.«
»Sorry, auf dieses Paradies kann ich verzichten!« Glenda wunderte sich über sich selbst, wie cool sie blieb. Sie bewegte sich nicht von der Stelle, und sie hielt den Blick fest auf die gefährliche Waffe in der Hand der Frau gerichtet, die von sich behauptete, ein Engel zu sein.
Ein Selbstmord würde das bei ihr nicht werden, sondern ein eiskalter Mord.
Gab es einen Ausweg?
Sie sah ihn nicht. Wenn sie zur Tür gelaufen wäre, hätte Karel Sorbas sie aufgehalten. Die andere Richtung war durch Angel versperrt, und so stellte sie sich darauf ein, sich mit den bloßen Händen gegen diese Übermacht verteidigen zu müssen.
Ihre Chancen sahen nicht nur schlecht aus, sie waren miserabel. Aber Glenda verlor nicht den Mut, denn sie setzte darauf, was in ihr steckte.
Es gab Zeiten, da hatte sie das Serum verflucht. Die aber waren vorbei, denn nun war sie in der Lage, sich selbst zu steuern. Sie konnte dieses Andere, dieses Fremde beherrschen. Nicht in jeder Lage, sie musste sich schon in einer Stresssituation befinden, und das war in diesem Fall so.
Für einen Moment glitten ihre Gedanken weg. Sie dachte an Sheila, die sich im Büro versteckt hielt, und Glenda hoffte, dass dies auch weiterhin so blieb.
Sie konnte sich vorstellen, dass Sheila von dem Gespräch das meiste mitbekommen hatte und die richtigen Schlüsse zog. Wenn es eben ging, musste sie im Büro bleiben und sich dort, wenn möglich, auch verstecken.
»Du wirst sterben!«
»Hier?«
»Ja.«
»Trotz der Zeugen, die draußen vorbeigehen?«
»Ja. Sie werden nicht viel sehen.«
Die letzte Bemerkung war so etwas wie eine Aufforderung an den Schlafwandler gewesen, und der hatte sie auch verstanden, denn er setzte sich von einem Moment zum anderen in Bewegung. Nicht Glenda war sein Ziel, sondern die beiden fahrbaren Ständer, die voll mit Kleidung hingen. Er packte sie an und schob sie parallel zum Fenster hin, sodass sie den Menschen draußen die Sicht nahmen.
»Bist du jetzt zufrieden?«
Glenda hob nur die Schultern.
Angel hatte noch eine Frage, und sie stellte sie in einem lässigen Plauderton.
»Wie heißt du eigentlich?«
»Glenda.«
»Ah, ein neuer Name, denn eine Glenda habe ich in meiner Sammlung noch nicht gehabt.«
Es war für Glenda wichtig, Zeit zu gewinnen, und deshalb ging sie sofort auf diesen Begriff ein. »Du sprichst von einer Sammlung?«
»Ja, das tue ich.«
»Dann haben du und dein Helfer schon mehr Menschen in den Tod getrieben, denke ich.«
»Ja, es sind einige, die sich jetzt in meinem Reich befinden. Der Engel, der sie in den Tod begleitet. Ist das nicht großartig? Sie gleiten hinein in ihr neues Leben. Sie können dort auch weiterhin existieren, nur eben nicht mehr als normale Menschen. Ich habe damit mein Ziel erreicht.«
»Wann hörst du auf?«
Angel lachte. »Wo denkst du hin? Meine Welt ist grenzenlos. Sie nimmt vieles auf, und auch für dich ist ein Platz reserviert, das muss ich dir doch wohl nicht sagen.« Sie schüttelte den Kopf. »Wir mögen eben keine Störenfriede, die unseren Weg kreuzen. Und deshalb wird für dich heute Schluss sein.«
»Ich weiß.«
»Bist du bereit?«
»Bin ich.«
Glenda hatte damit gerechnet, einen Angriff zu erleben, aber das tat Angel nicht. Verstört zeigte sie sich nicht, nur ein wenig verwundert, denn sie fragte: »Hast du keine Angst? Du kommst mir fast vor, als würdest du dich auf deinen Tod freuen.«
»Ich hasse ihn!«
»Dann willst du dich wehren?«
Glenda lächelte nur. Innerlich war sie angespannt. Noch war die Lage entspannt, doch das würde sich ändern - und es änderte sich auch.
Angel hob die Waffe an.
Nicht sehr schnell, sondern recht gemächlich, um die Angst ihres Opfers zu steigern.
Glenda tat nichts und sagte auch nichts. Sie ließ ihr Gegenüber nur nicht aus den Augen, und sie versuchte, sich innerlich auf die Abwehr einzustellen.
Konzentration!
Das Serum in ihrem Blut musste aktiviert werden. Die Lage nahm an Gefahr und Stress zu, denn Angel hatte die Klinge so gedreht, dass deren scharfe Seite auf Glenda zeigte. Noch schwebte die
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