1537 - Der Schlafwandler
hatten?
Diese Frage schoss Sheila durch den Kopf, und sie gab sich selbst mit einem Nicken die Antwort.
Ihre Hand zuckte vor, um den Vorhang zur Seite zu ziehen, doch im nächsten Moment nahm sie sie wieder zurück. Sie wollte nicht gesehen werden. Ihre Neugierde war erwacht, und sie wollte wissen, was diese Person ihrer Freundin Glenda zu erzählen hatte.
Beide sprachen sie so laut, dass Sheila keine Probleme hatte, sie zu verstehen. Was sie allerdings hörte, ließ ihr Herz schneller schlagen.
Das war keine freundschaftliche Unterhaltung. Jeder Satz lief auf eine Konfrontation hinaus. Sheila erlebte, dass sich in ihrem Magens etwas zusammenzog, und sie dachte daran, dass Glenda und sie keine Waffen bei sich trugen.
Angel schon!
Den Namen kannte sie jetzt. Noch immer stand sie wie erstarrt hinter dem Vorhang. Die Lage spitzte sich zu, war aber zum Glück nicht lebensgefährlich.
Trotzdem musste Sheila etwas unternehmen.
Welcher normale Mensch hatte es schon mit einem Engel zu tun, der auf der anderen Seite stand? Nach einer gewissen Zeitspanne hatte Sheila genug gehört. Sie zog sich wieder zurück, und jetzt schlich sie wirklich auf Zehenspitzen zum Schreibtisch hin. Sie merkte, dass sie leicht zitterte, setzte sich wieder auf den Stuhl und holte ihr Handy hervor.
Sie tippte die Nummer ein, wartete und erschrak leicht, als sich John Sinclair meldete.
»Ich bin es - Sheila«, flüsterte sie. »Und ich sage dir gleich, dass ich nicht laut sprechen kann. Es ist etwas geschehen.«
»Okay. Ich höre zu.«
»Ihr müsst kommen. Sie ist da, John.«
»Wer?«
»Diese Frau, von der die beiden Zeugen gesprochen haben.« Sheila gab dem Geisterjäger eine Beschreibung und vergaß auch nicht, über ihre Waffe zu sprechen.
»Ist schon etwas passiert?«
»Noch nicht, John.« Sheila feuchtete mit der Zungenspitze ihre trockenen Lippen an. »Aber es kann nicht mehr lange dauern. Diese Frau nennt sich Angel, und sie behauptet, auch ein Engel zu sein. Es ist verrückt, aber es stimmt. Und sie sieht so aus, als würde sie keinen Pardon kennen.«
»Gut, wir kommen.«
»Noch mal die genaue Adresse, John.«
»Nicht nötig. Die kennen wir. Und versuche, diese Angel so lange wie möglich hinzuhalten. Es ist zwar keine weite Strecke, aber leider können wir nicht fliegen.«
»Ja, bis später.«
Sheila atmete tief durch und ließ ihr Handy wieder verschwinden. Erst jetzt stellte sie fest, dass kalter Schweiß ihren gesamten Körper bedeckte.
Sie stand vorsichtig auf. Nur keine zu laute Bewegung, dann ging alles in die Hose. Ihre Neugierde war noch nicht gestillt, und abermals näherte sie sich ihrem alten Beobachtungsposten. Allerdings schob sie den Stoff des Vorhangs noch eine Idee weiter zur Seite, damit sich ihr Blickfeld verbesserte.
Sie schaute hin und fühlte sich plötzlich wie gelähmt, denn es war noch jemand erschienen. Ein blondhaariger Mann in einem langen Mantel, der mehr an einen Bademantel erinnerte. Er tat noch nichts, aber Sheila wusste verdammt genau, auf welcher Seite er stand. Das konnte nur der Mann sein, von dem die beiden Zeugen auch gesprochen hatten.
Auf Sheila machte er einen normalen Eindruck, bis sie einen Blick in seine Augen warf.
Sie waren so kalt, so glänzend, dass man sich vor ihnen fürchten konnte.
Sheila suchte nach einem Vergleich, und den fand sie nach kurzer Zeit.
Aus diesen Augen leuchtete der Tod!
***
Er war gekommen, er war präsent, und er sagte kein einziges Wort. Er stand nur da, schaute, ohne dabei seine Augen zu bewegen, und Glenda fragte sich, ob sie einen Menschen in einem völlig normalen Zustand vor sich hatte. Sie konnte es kaum glauben, und sie erinnerte sich daran, dass Angel von einem schlafenden Zustand gesprochen hatte. Daher auch dieser Blick, denn der Mann sah aus, als wäre er nur körperlich präsent und mit seinen Gedanken ganz woanders. »Kennst du ihn?«, fragte Angel. Glenda hob nur die Schultern. Sie wollte nicht zu viel zugeben. Das überließ sie Angel.
»Er heißt Karel Sorbas. Er ist mein Partner, und er ist der Mensch, der diejenigen auf ihrem letzten Gang begleitet, die der Welt good bye sagen wollen.«
»Er ist ein Mörder.«
»Nein, das ist er nicht. Karel gibt ihnen Trost, und dann schaut er zu, wie sie vergehen. Das Wasser ist dabei wichtig. Er liebt es. Er mag kein Blut. Keine Kugeln, keine Messerstiche, das Wasser ist einfach der natürliche Übergang.«
»Und du freust dich über jeden Toten, nicht wahr?«
»Ich kann es nicht
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