1537 - Der Schlafwandler
sich um keinen Selbstmord gehandelt hat, da könnt ihr tausend Mal anderer Ansicht sein.«
»Wer sollte denn einen Grund gehabt haben, sie umzubringen?«
»Keine Ahnung«, gab Sheila zu. »Man kann das Motiv sowohl im geschäftlichen als auch im privaten Bereich suchen.«
»Und auf was tippst du?«
»Eher privat. Ich denke nicht, dass man sie erpresst hat, weil sie keine Schutzgelder zahlen wollte.«
»Wie war sie denn so privat?«
Sheila antwortete mir nicht sofort. »Hm, eigentlich war sie ein Mensch, der mit beiden Beinen im Leben stand und meist dessen positiven Seiten gesehen hat. Es gab allerdings auch andere, das muss ich jetzt zugeben. Mehr am Rande hat sie mal erwähnt, dass sie unter Depressionen leidet. Den Grund sagte sie mir nicht, doch in einem allgemeinen Gespräch berichtete sie mir, dass sie einen Suizid einem langsamen und qualvollen Sterben vorziehen würde.«
»Und das hat sie wohl getan«, erklärte Bill.
Sheila sah aus, als wollte sie ihrem Mann an die Kehle springen. »Nein, das hat sie nicht getan! Ich weiß es, verflixt. Da muss etwas anderes mit im Spiel gewesen sein. Und wenn ihr nichts unternehmt, werde ich mich in den Fall hineinknien.«
»Sieh mal einer an«, meinte Bill.
»Ja, so ist es.«
Ich winkte ab. »Langsam, Sheila. Erst mal werde ich mich mit meinen Kollegen in Verbindung setzen, um mehr über den Fall zu erfahren. Wichtig ist auch das private Umfeld. Darum könntest du dich kümmern. Lebte sie in einer Beziehung?«
»Nein, momentan nicht. Die letzte lag etwa ein halbes Jahr zurück. Davon wollte sie nichts mehr wissen.«
»Wie sieht es mit Verwandten bei ihr aus?«
»Sie hat einen Bruder. Er lebt irgendwo im Norden bei seinen pflegebedürftigen Eltern. Ich denke nicht, dass zu ihnen eine Spur führen wird. Wenn es eine gibt, dann hier in London.«
»Bekannte, Freunde?«
Sheila schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob sie viele gehabt hat. Vielleicht den einen oder anderen. Namen kenne ich allerdings nicht.«
»Könntest du denn versuchen, sie herauszufinden?«
Ihr Kopf ruckte hoch. »Darauf kannst du dich verlassen, John. Ich klemme mich dahinter.«
»Das ist gut.«
»Auch wenn es schwierig wird«, sagte sie. »Auf der anderen Seite muss man ehrlich fragen, ob es etwas bringt, wenn ich mich da hineinhänge. Sie ist tot, niemand holt sie wieder ins Leben zurück. Sollte es Selbstmord gewesen sein, möchte ich es trotzdem nicht abhaken, denn man kann einen Menschen auch in den Selbstmord treiben.« Ihre Augen weiteten sich. »So etwas gibt es doch. Oder nicht?«
Bill wiegte den Kopf. »Nun ja, ich weiß nicht so recht. Meinst du nicht, dass du da ein bisschen zu weit gehst?«
»Auf keinen Fall. Man muss alle Möglichkeiten erwägen. Das habe ich gelernt.«
»Mal eine andere Frage«, sagte ich. »Kannst du dir denn vorstellen, wer sie in den Selbstmord hätte treiben können?«
»Nein, kann ich nicht. Nicht konkret. Ich weiß zu wenig über sie. Aber ich werde versuchen, etwas herauszufinden, und dann sehen wir weiter.«
»Okay«, sagte ich, »hindern kann ich dich nicht daran. Kannst du mir sagen, wer die Untersuchungen geleitet hat?«
»Das kann ich leider nicht. Man hat mir keinen Namen verraten. Darüber habe ich mich auch noch geärgert.«
»He, du bist aber in Form.«
»Bin ich auch«, erklärte sie und fing an zu schnüffeln. »Meine Nase sagt mir, dass da etwas nicht in Ordnung ist. So einfach wirft man sein Leben nicht weg. Es sei denn, man wird dazu gezwungen. Da könnt ihr reden, was ihr wollt. Ich bin der Meinung, dass wir noch eine böse Überraschung erleben werden.«
»Hoffentlich nicht«, sagte ich und stand auf.
»Ich gehe noch mit zur Tür«, sagte Bill.
Ich winkte Sheila und Johnny zu, verließ das Arbeitszimmer und blieb mit Bill zusammen innen vor der Haustür stehen, lächelte und meinte: »Sheila ist wirklich in Hochform.«
»Das kannst du laut sagen, John. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht sie es auch durch. Ich muss auch zugeben, dass sie eine Nase für Dinge hat, die nicht stimmen. Es könnte also etwas dran sein an ihren Vorahnungen.«
»Nun ja, wir werden es herausfinden.«
Bill öffnete die Tür. »Willst du dich wirklich da reinhängen und mit den Kollegen reden?«
»Das habe ich vor.«
Bill grinste. »Ist schon okay, aber ich glaube, dass es diesmal kein Fall für dich sein wird.«
»Beschwör es nicht. Bei uns ist alles möglich. Das haben wir zuletzt bei Johnny
Weitere Kostenlose Bücher