154 - Die Kralle des Todes
bleiben." Blitzschnell schlüpfte sie aus ihrem Overall. Darunter war sie nackt. Sie drehte sich vor ihm wie eine Ballettänzerin und ließ ihn jeden Zoll ihres makellosen Körpers genießen.
Ich träume, dachte er. Das kann's doch gar nicht geben - ein völlig fremdes Mädchen taucht auf, um mit mir zu schlafen!
Eine halbe Stunde später dachte er überhaupt nichts mehr. Er genoß nur noch, was Angelina ihm bot, und sie gab und nahm und heizte ihm ein bis zur Erschöpfung. So sehr hatte er sich noch bei keiner Frau verausgabt, dachte er erschöpft, als sie schließlich von ihm abließ. Er war ausgebrannt, erledigt. Er sehnte sich danach, zu schlafen. Aber Angelinas Hände berührten seinen Körper schon wieder.
Er öffnete die Augen. „Nicht mehr", murmelte er.
Ihr schockrotes Haar leuchtete über ihm wie lebendiges Feuer.
Er stutzte und glaubte an eine Sinnestäuschung, während er sie ansah. Aber auch nach mehrmaligem Zwinkern blieb der Anblick. Aus ihrer Stirn ragten Hörner hervor. Und das war keine Karnevalsattrappe. Die Hörner waren echt. Er spürte es, als er eine Hand hob und sie berührte.
„Das gibt's nicht", keuchte er.
Und da sah er seine Hand.
Die Hand eines Greises.
Plötzlich glaubte er, sich in einem Alptraum zu befinden. Er versuchte sich aufzurichten, aber er schaffte es nicht ganz. Er war schwach, und sein Rücken schmerzte. Er sah Angelina an, die über ihm hockte. Jetzt erhob sie sich und zeigte sich ihm noch einmal in ihrer vollen Pracht. Ihr Körper war immer noch eine einzige Verlockung, aber aus ihrem Rücken ragten fledermausartige Schwingen, hier im Zimmer zusammengefaltet, eines ihrer schlanken Beine endete in einem Pferdefuß, und aus der Verlängerung ihres Rückens entsprang ein langer Schweif mit gezackter, leuchtender Widerhakenspitze.
Der Teufel!
Nein, die Teufelin, korrigierte der Magier sich entsetzt. Heilige Mutter Gottes, wollte er rufen und brachte die Worte nicht über die Lippen. Ein unerklärlicher, dämonischer Bann hinderte ihn daran. Er hatte mit des Teufels Tochter gebuhlt!
Keuchend richtete er sich auf. Und Angelina, die Teufelin, lachte spöttisch.
„Das hast du nicht erwartet, nicht wahr?" Sie stand jetzt neben dem Bett, in verführerischer Pose, und die teuflischen Attribute verstärkten noch den eigenartigen Reiz, der von ihr ausging. Aber Monti Tommaso verspürte nur noch Angst. Angst vor dem Höllenfeuer!
„Du fragtest, was ich von dir wollte", sagte sie. „Nun, ich wollte wieder mal einen Mann haben, und ich wollte dich daran hindern, deine Verabredung in Rom einzuhalten. Das ist eigentlich schon alles."
Er keuchte.
„Warte", sagte sie. „Du willst dich im Spiegel betrachten, nicht wahr? Warte…" Sie huschte leichtfüßig davon; der Pferdefuß machte sich kaum bemerkbar.
Es ist ein Alptraum, dachte Tommaso verzweifelt. Ich will aufwachen! Warum wache ich nicht auf? Er sah seine Hände an, seinen nackten Körper. Da kam Angelina zurück. Sie hatte den kleinen Spiegel aus dem Bad abgehängt und hielt ihn Tommaso entgegen.
„Ich habe dir rund fünfzig Jahre deines Lebens genommen", sagte sie. „Wie hoch ist deine Lebenserwartung? Etwa um neunzig, nicht wahr? Ich denke, es reicht."
Es reichte.
Der Magier verkraftete die Veränderung nicht, die mit ihm vor sich gegangen war. Er sah sein runzliges, haarloses Gesicht im Spiegel, er war ein neunzigjähriger Greis geworden. Der Schock war zu groß. Monti Tommaso erlitt einen Herzschlag.
Angelina trat zum Fenster, das sich in den Hinterhof öffnete. Sie beugte sich hinaus und pfiff leise. Aus dem Schatten löste sich der King-Kong-Ähnliche.
„Fang ihn auf und warte auf mich", befahl die Teufelin. Sie schleppte den federleichten Leichnam des Greises zum Fenster und kippte ihn hinaus. Grom fing ihn geschickt auf.
Angelina verwandelte sich zurück. Pferdefuß, Schweif, Schwingen und Hörner bildeten sich zurück und verschwanden. Sie war wieder ein hübsches Mädchen um die zwanzig, mit fast hüftlangem schockroten Haar. Gelassen kleidete sie sich an und verließ Tommasos Wohnung. Unten wartete Grom auf sie, um den Toten und sie davon zu tragen. Sie bewegten sich durch die Hinterhöfe, durch die Schatten. Nachts um drei schlief Rom. Niemand achtete auf sie…
Aber Carina konnte die T eufelin Angelina in dieser Nacht nicht finden…
Coco Zamis fuhr allein zur Piazzale Brasile hinaus, jenen kleinen Platz am Ende von Roms Mode- und Schickeriastraße, der Via Vittorio Veneto. Hier unterbrach
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