154 - Die Kralle des Todes
war sofort aufgebrochen, als sie die ersten Impulse wahrnahm. Sie waren kaum feststellbar gewesen. Aber Angelina hatte sie erkannt. Denn sie lauerte schon seit Federico Rettis Tod darauf, daß Coco Zamis etwas unternahm.
Und doch war sie zu spät gekommen. Coco Zamis war wieder untergetaucht.
Angelina fragte sich, wo sich ihr und Hunters Versteck befand. Sie konnte es nicht finden. Rom war keine gute Stadt für Dämonen ihrer Art. Sie wußte nur, daß Hunter dem Tode nahe war. Rettis Krankheitskeim war perfekt. Hunter würde sterben. Das allein war für Angelina ein Grund, zu triumphieren. Es ging ihr nicht um Rache für ihre Niederlage in Florenz und die Vernichtung ihrer Adoptivsippe. Sie wollte sich vielmehr einen Namen schaffen, indem sie das vollbrachte, was vor ihr keinem gelungen war: den gefürchteten und gehaßten Dämonenkiller zu töten.
Nun, es war so gut wie vollbracht. Es gab für ihn keine Rettung mehr. Die verzweifelten Bemühungen der Zamis, Hilfe zu erheischen, waren der beste Beweis dafür.
Fontanelli hatte es vorübergehend geschafft, den Keim zu blockieren. Das mochte auch anderen gelingen, nur abtöten konnten sie ihn nicht. Aber Angelina war nicht gewillt, Hunters Ende weiter hinauszögern zu lassen. Sie mußte alle Versuche im Keim ersticken.
Grom kam zurück, das Ungeheuer.
Retti hatte Grom gezüchtet, hatte ihn aus einem sibirischen Steppenwolf entstehen lassen. Das Wölfische konnte Grom nicht verleugnen, auch wenn er eher wie ein gigantischer Supergorilla aussah. Aber er heulte den Mond an.
Und er war schnell, bissig und schier unverwundbar.
Retti hatte ihn für einen Film gezüchtet, als das perfekte Monster. Er hatte allen vorgemacht, es sei ein „elektronisches Wunderwerk der modernen Technik". Aber jetzt war Grom ausgebrochen. Er folgte Angelina mit hündischer Ergebenheit. Nun, es blieb Grom auch nichts anders übrig, denn die Dämonin steuerte ihn.
Grom war ihr bestes Transportmittel. Er trug sie auf Händen über gewaltige Entfernungen. Auch hierher hatte er sie gebracht und am Kreuzweg abgesetzt. Die Dämonin mit dem langen, schockroten Haar lachte spöttisch. Sie konnte sich keinen besseren Vasallen wünschen als Grom.
Schade nur, daß er eine so auffällige Erscheinung war. Ebenso auffällig wie sie selbst.
„Warte", befahl sie ihm.
Grom erstarrte zur Bewegungslosigkeit. Angelina zog das Geschehen auf dem Kreuzweg in die Gegenwart zu sich. Sie sah Coco Zamis und Abi Flindt. Sie verfolgte die telepathische Unterhaltung. Also zwei Helfer hatte die abtrünnige Hexe gefunden! Ein Mädchen namens Carina und einen Magier, der sich Monti Tommaso nannte.
Zamis, Carina, Tommaso… zu dritt mochten sie den Keim eindämmen. Abtöten konnten sie ihn nicht, aber Dorian Hunters Tod würde sich dadurch um Tage hinauszögern. Aber Angelina wollte ihren endgültigen Triumph nicht mehr verschieben. Nicht um eine Stunde!
Sie machte sich daran, herauszufinden, wo sie Carina und Tommaso aufspüren konnte.
Auch Safirna hatte den geistigen Ruf vernommen. Aber sie gab vorerst kein Antwort darauf.
Sie dachte nach.
Vielleicht würde sie wieder auf steigen zu einstiger Größe. Damals, unter Asmodi II, war ihr Name bekannt gewesen. Doch ihr Stern sank mit Asmodis Tod. Kaum mehr ein Opfer fand sich, das sie heilen und daraus Kraft gewinnen konnte. Ihre Kräfte zehrten sich aus, sie alterte und siechte dahin. Denn sich selbst heilen und kräftigen konnte sie nicht.
Wenn sie die Kralle des Todes von einem Sterblichen nahm, wenn sie Krankheiten oder Verletzungen heilte, die kein menschlicher Arzt mehr zu kurieren vermochte, dann entzog sie ihrem Opfer zugleich Kraft einer völlig anderen Art, und sie verjüngte sich, wurde wieder stärker und straffer. Es war ein Austausch von Energien, und das, was sie im Tausch nahm, war ihr Lebenselixier. Das aber, was sie gab und heilte, machte ihr den Patienten untertan. Er wurde zu ihrem hörigen Sklaven und befolgte jeden Befehl willig. Auf diese Weise hatte sich Safirna einst einen ganzen Stall von Sklaven und Liebhabern gehalten. Doch diese Liebhaber verzehrten sich bald, und die Sklaven siechten bald dahin, denn das, was Safirna ihnen gab, tötete sie auf lange Sicht. Die Verletzungen wurden geheilt, aber das andere, das dafür kam, war nicht minder gefährlich.
Safirna mußte heilen. Wenn sie es nicht tat, starb sie selbst. Doch sie war auch noch anderweitig gehandikapt.
Nichts wäre einfacher gewesen, als einen Sterblichen anzugreifen und so
Weitere Kostenlose Bücher