154 - Die Kralle des Todes
Ich-Form sprach. Jemand zwang ihm die Worte auf.
„Ich war Monti Tommaso", sagte der Untote krächzend und stockend. „Ich war es, der dir Hilfe versprach, Coco Zamis. Aber allen, die dir helfen wollen, wird es so ergehen wie mir. Angelina ist mächtiger als du, abtrünnige Hexe."
Ein meckerndes Teufelsgelächter erscholl, das bis zur anderen Straßenseite zu hören war. Die Zuschauer, die nicht genau wußten, was sie von der bizarren Szene zu halten hatten, standen gebannt da. Der Untote hob die Arme und tappte auf Coco zu, streckte die Finger, um sie um ihren Hals zu legen.
Coco erkannte die Gefahr. Der Untote würde zupacken, und seine Finger würden sich wie Stahlklammern unlösbar fest um ihren Hals legen. Blitzschnell vollführte die Hexe einen Zauber, obgleich sie es eigentlich nicht vorgehabt hatte. Funken umspielten den Körper des Untoten und zerrissen die Verbindung zu Angelina, die ihn steuerte. Tommaso brach auf der Stelle zusammen. Carina stand da wie gelähmt. Sie war noch bleicher als normal geworden.
Coco fühlte die Schwäche, die sie überfiel. Sie hatte eine Menge Kraft aufwenden müssen, um den Bann zu brechen und Tommasos Leichnam zu erlösen. Sie hoffte, daß Angelina nicht direkt in ihrer Nähe war. Dann würde es kritisch werden. Coco war sicher, daß sie in diesem Moment in einer Auseinandersetzung mit der Teufelin den kürzeren ziehen würde.
Sie packte Carinas Handgelenk und rannte los, zerrte das Mädchen einfach hinter sich her. Carina wehrte sich nicht, als Coco sie in den Fiat drängte, sich selbst auf den Fahrersitz warf und startete. Sie fädelte sich in den noch immer schwachen Verkehr ein und jagte den Wagen über den Platz und den Corso d'Italia davon. Falls Angelina sie verfolgte, mußte sie eine falsche Spur legen. Coco raste durch verschiedene Stadtteile Roms, schlug wilde Haken und ließ den Wagen schließlich an einem Taxistandplatz stehen. Dort konnte Abi ihn später abholen. Coco wechselte mit Carina in ein Taxi, nannte ein Ziel in der Nähe des Kolosseums und stieg auf halber Strecke wieder aus, ließ sich von einem anderen Taxi endlich zur Villa Pamphili bringen. Sie hoffte, daß auch der gewiefteste Verfolger die Spur verloren hatte.
Carina hatte während der gesamten mehr als halbstündigen Irrfahrt kein Wort gesagt. Sie war immer noch blaß und ließ sich einfach nur mitschleppen. Aber als sie jetzt die Eingangshalle des Hotels betraten, löste sich der Bann endlich.
„Laß mich gehen", sagte sie. „Ich will nicht so enden wie dieser Mann."
Angelina war erbost. Wieder hatte sie die Spur zum Unterschlupf der Hexe und des Dämonenkillers nicht gefunden. Sie hatte die Spur verloren.
Aber ich bekomme auch dich, Coco Zamis, dachte sie. Irgendwann…
In anderer Hinsicht war sie zufrieden. Der makabre Scherz, die Warnung durch den Toten, war ihr gelungen. Es würde für diese Carina, die sie in der Nacht nicht hatte auf spüren und töten können, Abschreckung genug sein. Carina würde sich weigern, etwas für den Dämonenkiller zu tun.
Das reichte eigentlich schon.
Spätestens in zwei Tagen war der Dämonenkiller tot.
„Willst du ihn sterben lassen?" fragte Coco.
„Ich möchte ihn nicht sterben lassen, aber ich will auch nicht selbst sterben, weil ich ihm geholfen habe", sagte Carina. „Das Risiko ist mir zu hoch. Der tote Greis war der Mann, auf den du gewartet hast. Er war nicht immer ein Greis, und er war nicht immer tot, nicht wahr?"
Coco preßte die Lippen zusammen. „Angelina hat ihn zu dem gemacht, was er jetzt ist", sagte sie. „Alt und tot. Angelina ist eine Dämonin. Niemand in der Schwarzen Familie kannte sie bisher, und doch entwickelt sie sich mehr und mehr zu einer Gefahr."
„Für die Schwarze Familie? Kaum", sagte Carina. „Coco Zamis, ich will nicht so enden. Laß mich gehen. Ich kann ihm und dir nicht helfen, ich muß an mich selbst denken. Ich habe einmal einen furchtbaren Preis dafür bezahlt, daß ich mich mit einer Dämonin einließ - meine Liebe. Ich will nicht noch einmal einen solchen Preis bezahlen."
Coco schüttelte den Kopf.
„Deine Liebe", sagte sie. „Erzähle mir davon."
„Tonio", sagte sie leise. „Der beste Mann der Welt. Eine Dämonin hat ihn mir genommen, und ich will nicht darüber reden. Ich will die Wunde nicht erneut aufreißen, es ist erst zu kurz…"
„Deine Liebe", sagte Coco wieder. „Du hast deinen Tonio geliebt, du liebst ihn wohl immer noch. Ich erkannte einen Schmerz tief in dir, als wir in
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