1540 - Das Drachenriff
winkte ab. »Sag du es, Tore. Ich will nicht mehr.«
»Harding nennt sich Antiquitätenhändler. Wir sagen allerdings, dass er nur ein Trödler ist. Ein Mensch, der mit alten Sachen handelt, die er als maritim bezeichnet.«
»Auch der Spiegel?«, wunderte sich Purdy.
»Ja, auch der. Er hat mal auf einem Schiff gestanden, so jedenfalls haben wir es gehört.«
»Aber ihr wusstet nicht, dass es noch ein zweites Exemplar davon gibt?«
»Nein.« Tore schüttelte den Kopf. »Davon hat uns Harding nichts gesagt.«
»Sylvester muss ihn ebenfalls von Harding haben«, murmelte Purdy.
»Sie meinen, die beiden Spiegel sind Zwillinge?«, fragte der junge Mann.
Purdy nickte. »Wieso sollten sie uns sonst an denselben Ort transportiert haben?«
»Zwei gleiche Spiegel!«, flüsterte Tore. »Einer wurde nach London verkauft, der andere blieb in Bergen, und dieser Harding hat so lange gewartet, bis er die richtigen Kunden fand. Wir hatten eine neue Wohnung bezogen und mussten sie noch einrichten. Da kam uns der große Spiegel gerade recht. Wenn ich das gewusst hätte!«
»Kanntest du Harding näher?«
»Nein. Er war ein Trödler, und wir sind eben nur seine Kunden gewesen.«
»Gewarnt hat er euch nicht?«
»Nein. Aber ich erinnere mich daran, dass er so komisch gelächelt hat, als wir mit dem Spiegel sein Geschäft verließen. Es waren ja nur ein paar Meter bis zu unserer Wohnung. Sie liegt direkt am Hafenviertel. Harding hat seinen Laden auch dort.« Er schüttelte wieder den Kopf.
»Wer hätte gedacht, dass er uns so reinlegen würde.«
Purdy nickte. »Jetzt weiß ich etwas mehr. Ich habe nur keine Ahnung, was Harding damit bezweckt hat. Was wollte er? Warum hat er euch den Spiegel gegeben? Warum hat er ihn nicht behalten und damit Zeitreisen unternommen?«
»Keine Ahnung, Purdy.«
»Aber er muss etwas damit bezweckt haben.« Purdy blieb hart.
»Der ist ein komischer Typ«, meldete sich Gudrun. »Ich habe ihn nicht gemocht. Er war mir irgendwie unheimlich. Seinen Blick werde ich nie vergessen. Er war so lauernd. Harding konnte seine Freude kaum verbergen, als wir mit dem Spiegel abzogen. Da ist er mir noch widerlicher geworden.«
»Davon haben wir nichts«, sagte Purdy. »Das bringt uns nicht weiter. Ich glaube, dass Harding ein Motiv hatte, als er euch den Spiegel fast schenkte. Er ging davon aus, dass ihr irgendwann sein Geheimnis entdecken würdet. So wie es in London Franco Sylvester getan hat. Ob er auch hier war, weiß ich nicht…«
»Wir haben ihn nicht gesehen«, sagte Tore.
»Aber er muss wohl hier gewesen sein. Weshalb sonst sollte der Krieger durch den Spiegel zu ihm gegangen sein, um ihn zu töten?«
Die beiden jungen Norweger zuckten mit den Schultern.
»Jedenfalls landete ich auch hier«, fuhr Purdy fort. »Ich habe ebenfalls den Krieger gesehen und wäre auch in Gefangenschaft geraten, wenn dieser Killer sich anders verhalten hätte. So aber jagte er wieder hinein in die andere Welt, wurde dort erschossen und kehrte als Sterbender zurück. Der Spiegel in London ist noch aktiv, ich habe Suko gesehen, und ich gehe einfach davon aus, dass er zurückkehren wird. Und zwar nicht allein. Er wird John Sinclair mitbringen, darauf könnt ihr euch verlassen.«
»Wann denn?«, fragte Gudrun jammernd.
»Wir müssen einfach Geduld haben und dürfen auf keinen Fall die Nerven verlieren.«
»Hat die Drachenschlange auch Geduld?«
»Das muss sie, sonst wäre sie längst hier. So leicht wie früher wird sie keine Opfer verschlingen können, das lasst euch gesagt sein. Wenn man diese Gegend hier als Drachenriff bezeichnet, dann wird das seine Gründe haben. Ich gehe davon aus, dass hier einige Schiffe gesunken sind. Dieses Unterwassermonstrum wird sich die Seeleute geholt und sie vertilgt haben. Es kann sogar sein, dass dieser Harding mit ihm im Bunde steht.«
»Wie das denn?«, fragte Tore.
»Es ist ganz einfach. Die Spiegel sorgen dafür, dass Menschen auf die Insel gelangen und damit auch in Reichweite des verdammten Untiers. So kann es an seine Nahrung gelangen. Woher das Monstrum kommt, kann ich euch nicht sagen. Manche Dinge im Leben muss man einfach hinnehmen. Wie auch unser Schicksal.«
Gudrun und Tore schwiegen. Ihnen war jedoch anzusehen, dass sie sich die Worte durch den Kopf gehen ließen und intensiv darüber nachdachten. Aber die Zeit, um Antworten zu finden, die blieb ihnen nicht, denn aus dem unteren Bereich hörten sie Geräusche, und die klangen nicht eben gut.
Dass dieses Monstrum genau
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