1540 - Ein Freund der Linguiden
fremden Welt allein lassen? Auf einer Welt, wo ein unbekannter Helfer Sprünge von 500 Kilometern durchführt? Auf einer Welt, auf der der Schutzherr der Linguiden leben soll?"
Ihre Haltung versteifte sich, und ihre Krallen kamen kurz zum Vorschein. „Ich bin davon ausgegangen, daß du hinter dem Beschützer der Linguiden nur ein Wesen vermutest: ES. Aber ES feuert nicht auf Truillauer oder irgend jemand anders. Was willst du sagen?"
„Ich wollte eigentlich nur sagen, daß ich dich selbstverständlich begleite. Ich sehe darin eine Pflicht. Was das andere Thema betrifft, so stimme ich dir zu. Wer auch immer uns geholfen hat, mit ES kann er nicht identisch sein."
„Einverstanden, Terraner. Wir sind einer Spur gefolgt, die uns zu einer unbedeutenden Welt ohne höherstehendes Leben führte. Wir haben hier etwas oder jemand entdeckt, der über erstaunliche technische Möglichkeiten verfügt. Und der uns hilft. Es sieht nun so aus, als sei der Schutzherr tatsächlich hier. Es kann aber auch sein, daß der unbekannte Helfer nichts mit ES zu tun hat. Oder?"
„Vielleicht." Der Terraner setzte eine freundliche Miene auf. „Es, kann so sein, wie du eben gesagt hast.
Denkbar ist, daß der Mächtige der Linguiden hier weilt und ein anderer. Wer weiß. Nichts ist bewiesen. Aber irgend jemand war hier, und er kann nicht unbemerkt verschwunden sein."
„Dann laß uns gemeinsam Antworten finden!"
„Natürlich."
Auch Rhi-Naui mit der ARDU-2 meldete Startbereitschaft.
Kurz darauf waren sie unterwegs.
*
Etwa zwanzig Tage waren vergangen, seit die beiden Ausgestoßenen ihr Dorf hatten verlassen müssen.
Oberhalb der Flußbiegung mit den Felsen hatten sie ihr neues Heim gebaut.
Von Zuganemm gab es längst keine Spuren mehr, und das, was Inozemm als Fußabdrücke eines Riesen bei der Ankunft am ersten Tag identifiziert hatte, war auch nicht mehr vorhanden. Es war ohnehin nur mit viel Phantasie als Fußabdruck zu deuten gewesen.
In den ersten beiden Nächten hatten sie in einer Höhle am Ufer übernachtet. Aber schon am Mittag des dritten Tages ihres neuen Lebens war die Hütte hoch oben in einem Zwillingsbaum fertig gewesen.
Es gab viele Tiere auf ihrer Welt, die ihnen nachts gefährlich werden konnten. Mit der Fertigstellung der Hütte fühlten sich die beiden wesentlich sicherer.
Die Trennung von den anderen Sonnenanbetern hatte die beiden kleinen bepelzten Wesen angespornt. Und die Hoffnung, daß Zuganemm doch noch auftauchen und sie rehabilitieren würde, begleitete sie weiter.
Unweit der Hütte legte Inozemm ein kleines Feld an, wo er die mitgebrachten Samen ausstreute.
Sie mußten Vorräte für die kalte Jahreszeit sammeln. Das, was die Natur ihnen bot, reichte dafür nicht aus.
Sie hatten alle Hände voll zu tun, und manchmal war der Tag zu kurz, um alles zu schaffen, was vorgesehen war. Dennoch blieb Inozemm guten Mutes. Er träumte manchmal sogar davon, hier ein neues Dorf der Sonnenanbeter entstehen zu lassen, in dem er dann der Dorfälteste wäre. Und eines wußte er genau: Er würde keinen Medizinmann neben sich dulden, der seine Artgenossen erschrecken oder unterdrücken konnte.
Manchmal sprach er in der Folgezeit darüber mit seiner Gefährtin. Jelita starrte ihn dann stumm und bewundernd an. „Ich habe das Gefühl", sagte Inozemm einmal, „daß ich seit der Begegnung mit Zuganemm viel schlauer geworden bin. Ich erkenne viele Dinge besser als früher. Ich fühle mich stark und sicher, obwohl wir verstoßen worden sind."
Die Intelligenz Jelitas reichte nicht aus, um das auch nur annähernd zu verstehen. Aber sie akzeptierte, was der Partner sagte.
Es war ein Freudentag für Inozemm, als Jelita ihm mitteilte, daß sie schwanger war. Spontan verwandelte sich das Fell des Sonnenanbeters in helles Gelb, dem Ausdruck der Freude, der Farbe Ferduurs.
Er befühlte sorgfältig ihren Bauch und meinte, daß es Zwillinge waren, die sie bekommen würde.
Ein bißchen Angst hatte er schon, denn ohne die Hilfe der erfahrenen Alten war es schon ein Problem, die Geburt zu bewältigen. Er war zu unerfahren in diesen Dingen.
Er schlug Jelita vor, Hilfe von einem fremden Dorf zu holen, wenn die Zeit reif war. Ihr gefiel diese Idee nicht besonders, denn fraglos würde man sie als Ausgestoßene betrachten und damit als Freiwild.
Wenn in dem Dorf die Nahrungsvorräte knapp waren, dann wäre es diesen Sonnenanbetern wichtiger, solche zu rauben oder zu stehlen, als einer schwangeren Ausgestoßenen eines anderen
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