1541 - Ball der Vampire
überhaupt?«
»Wir werden es versuchen.«
»Und wo?«
»Nicht hier. Aber ich möchte Ihnen raten, im Haus zu bleiben. Es kann durchaus sein, dass sich der Entführer bei Ihnen meldet, auch wenn der Fall nicht auf ein normales Kidnapping hindeutet.«
Yago Tremaine schwieg. Er wirkte nicht mehr wie der große Macher. Da traf eher der Vergleich mit einem Häufchen Elend zu. Er saß in sich zusammengesunken und hielt den Kopf gesenkt. Seine Lippen bewegten sich, ohne dass wir hörten, was er sagte.
»Ja, versuchen Sie Ihr Glück«, murmelte er schließlich. »Ich weiß ja, wie ich Sie erreichen kann.«
Es war alles gesagt worden.
Tremaine schaute kaum hoch, als wir uns verabschiedeten.
Vor dem Haus empfing uns das Dunkel der Nacht, und ich hörte Janes Stimme.
»Es nimmt ihn wirklich mit«, sagte sie. »Das ist kaum zu verstehen, aber auch Bordellbesitzer scheinen irgendwo eine menschliche Ader zu haben.«
»Ja, vielleicht.« Ich stand schon am Golf und nickte Jane Collins zu. »Ich denke, dass wir noch zu dir fahren und uns mit Justine Cavallo unterhalten, falls es möglich ist.«
»Okay, das machen wir…«
***
»Ist sie nicht schön?«, flüsterte der Vampir, der noch immer auf seinem Stuhl hockte.
Laura blieb dicht davor stehen und schaute hinab auf die Frau mit den langen blonden Haaren.
»Ja, das ist sie.«
Eine Hand mit langen Fingern strich durch das Haar.
»Ein Engel, ich habe mir einen Engel geholt, und das Blut dieser Frau wird mir köstlich munden.«
Laura verzog nur die Lippen. Es war vom Blut gesprochen worden, und das hatte sie wieder an ihre eigene Lage erinnert. Sie fühlte sich so trocken, so hungrig, und wenn sie jetzt auf die bewegungslose Person schaute, dann stieg das Verlangen in ihr hoch.
»Ich brauche es!«
»Das weiß ich.«
»Überlass sie mir!«
»Nein!«
Laura bewegte zuckend die Hände. Es war kein menschliches Gefühl, das sie erfasst hatte, es war die reine Blutgier. Sie war durch die unmittelbare Nähe der Frau noch stärker geworden, und das merkte auch der Vampir. Sein rotes Gesicht zuckte um die Mundwinkel herum, er öffnete die Lippen und zeigte seine Zähne. Dabei starrte er Laura aus seinen kalten Augen an, und sie verspürte etwas in ihrem Innern, das sie in ihrem neuen Dasein noch nicht gekannt hatte. Es war der Druck, gehorchen zu müssen, und sie wich zurück.
»Ja, sie gehört dir«, flüsterte sie.
»Das ist gut, wenn du es einsiehst. Du wirst dein Blut bekommen - wie auch die anderen, die bei mir sind.«
»Und wo finde ich sie?«
»Geh in den Keller. Dort seid ihr sicher vor dem Tageslicht. Die Nacht dauert nicht mehr lange. Aber die nächste wird folgen. Dann bekommst du das Blut eines besonderen Menschen zu trinken, wenn du willst.«
»Wer ist es?«
»Yago Tremaine.«
Laura riss für einen Moment die Augen auf.
»Kommt er denn her? Hierher zu uns?«
»Es wird ihm nichts anderes übrig bleiben«, flüsterte der Vampir. »Er muss kommen.«
»Wenn du das sagst.«
»Ja, und jetzt geh. Du findest die Treppe von allein. Unten wartet man auf dich. Leg dich nieder, ruh dich aus und warte die nächste Nacht ab. Ich sage dir Bescheid, wenn sie anbricht, aber das wirst du auch selbst merken.«
»Dann gehe ich jetzt.«
»Tu es…«
Sie tauchte ab in das Dunkel des ihr unbekannten Hauses. Der kalte Nachtwind wehte durch die Öffnungen der Fenster, aber Laura spürte ihn nicht auf der Haut. Sie war längst hinein geglitten in das andere Dasein, aus dem es kein Zurück mehr gab…
***
Manchmal bildet das Pech eine Strähne, und genau die hatte Jane und mich erwischt, denn unsere Freundin Justine Cavallo war unterwegs. Es hatte auch keinen Sinn, auf sie zu warten. Deshalb bestellte ich mir ein Taxi und ließ mich nach Hause fahren.
Jane hatte mir zwar angeboten, bei ihr zu übernachten, aber das lehnte ich ab. Ich wollte zusammen mit Suko ins Büro fahren und ihn dabei einweihen. Außerdem brauchte ich eine gute Mütze voll Schlaf.
Den bekam ich tatsächlich, auch wenn es nicht mehr als vier Stunden waren. Die Dusche nach dem Aufstehen machte mich einigermaßen munter, und danach rief ich bei Suko an, der mit seiner Partnerin Shao nebenan wohnte.
Ich wollte ihn noch vor der Fahrt zum Büro auf das Kommende vorbereiten und lud mich bei ihm zum Frühstück ein.
»Es gibt aber nur was Gesundes.«
»Egal, ich will nur was im Magen haben.«
»Dann komm rüber.«
Shao trug einen gelben Morgenmantel.
Suko war schon fertig angezogen und saß an dem
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