1542 - Die Würgehand
Zeit nicht mehr normal abzulaufen und viel langsamer zu verstreichen.
Irgendwie wünschte sie sich weit weg.
Lydia hatte sich im Wohnzimmer in einen Sessel gesetzt und starrte auf den Flachbildschirm. Er war dunkel, da bewegte sich kein Bild. Das Ding anzuschauen, das ihr Mann unbedingt hatte haben wollen, war noch immer besser, als durch die Fensterscheibe in den Garten zu sehen, von dem nichts zu erkennen war.
Nebel - nur Nebel! Und doch reagierte sie wie unter einem Zwang.
Lange behielt sie die Blickrichtung auf den Fernseher nicht bei. Sie wechselte sie und schaute erneut gegen die Fensterscheibe.
Es hatte sich nichts verändert. Kompakt und dicht lag die Masse dort, aber sie drang nicht ein. Und, was ihr erst jetzt richtig auffiel, sie bewegte sich auch nicht. Normalerweise bewegten sich die Schwaden, auch wenn es fast windstill war. Hier lagen sie fest, und der Gedanke, dass es sich um einen künstlichen Nebel handelte, verstärkte sich immer mehr.
Lydia ging weiterhin davon aus, dass der Nebel nicht wie durch Zauberei entstanden war. Es musste ein Motiv geben, einen Grund, dass diese Masse entstanden war.
Und so blieb Lydia steif in ihrem sehr bequemen Sessel sitzen und starrte durch das Fenster nach draußen, was ihren Augen nicht unbedingt gut tat und sehr anstrengend für sie war.
Sie traute sich nicht mal, die Stereoanlage einzuschalten, um sich abzulenken. Das hätte sie auch nicht geschafft. Immer wieder musste sie gegen die Masse schauen, die ihr inzwischen wie eine Mauer vorkam.
Warum war der Nebel so plötzlich gerade um ihr Haus herum erschienen?
Sie fand keine Antwort auf diese Frage. Sie wusste nur, dass es eine geben musste. Nichts im Leben geschah grundlos.
Plötzlich zuckte sie zusammen Zugleich verließ ein leiser Schrei ihre Kehle. Sie hob die Schultern an und begann zu frösteln. Es war alles schnell gegangen, aber sie hatte sich nicht getäuscht.
Im Nebel hatte sie eine Bewegung gesehen. Und das war noch nicht alles!
Genau dort, wo es passiert war, gab es in der Masse eine helle Insel. Als wäre innerhalb des Nebels eine Lampe eingeschaltet worden, die ihr helles Licht ausstrahlte.
Lydia öffnete weit die Augen. Sie wusste instinktiv, dass eine Veränderung bevorstand, denn der helle Schein begann sich innerhalb der Masse zu verteilen.
Lydia Flagstone atmete schwer. Sie wartete darauf, dass sich die Veränderung fortsetzte.
Den Gefallen tat man ihr, Innerhalb des hellen Ausschnitts erschien etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Zuerst konnte sie nichts Genaues erkennen, dann aber wurde der Gegenstand deutlicher, und sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
Es war eine Hand!
Eine Klaue, riesig. Sie schwebte innerhalb der hellen Insel, und die gespreizten Finger waren dem Haus zugewandt, als wollten sie im nächsten Moment die Scheibe durchstoßen.
Es war keine Einbildung, das wusste Lydia genau. Diese verdammte Klaue existierte tatsächlich. Und sie war auch kein nebulöses Gebilde, sonder dreidimensional. Sie war bereit, zuzugreifen, und so wartete Lydia darauf, dass sie die Scheibe erreichte.
Und dann? Was würde dann geschehen?
Sie wolle es nicht wissen, aber die verdammte Hand war so groß, dass sie alles vernichten konnte. Nicht nur die Scheibe, sondern das gesamte Haus. Es würde ihr sicher leichtfallen, es zu zertrümmern.
Kam sie immer noch näher?
Es war für sie nicht genau zu erkennen. Der dichte künstliche Nebel verzerrte alles. So sah sie nicht, ob sich da etwas bewegte oder nicht.
Lydia Flagstone saß starr wie eine Puppe in ihrem Sessel. Sie schwitzte und fror zugleich. Sie empfand die Stille im Haus wie ein Gefängnis.
Es blieb nicht mehr lange ruhig.
Ein schrilles Geräusch zerstörte die Stille, und Lydia wusste sofort, dass jemand draußen an der Haustür stand und geklingelt hatte.
Das ist Gordon?, schoss es ihr durch den Kopf.
Sie hätte eigentlich erleichtert sein müssen, aber sie war es nicht, denn ihr ging durch den Kopf, dass ihr Mann einen Schlüssel besaß. Warum hätte er klingeln sollen?
Er hatte es trotzdem getan - oder?
Wieder schellte es. Sie empfand das Geräusch noch lauter als beim ersten Mal. Und jetzt trieb es sie in die Höhe.
Sie erhob sich mit einem Ruck, schwankte bei den ersten beiden Schritten, verließ danach den großen Wohnraum und betrat den Flur, der zur Haustür führte.
Jetzt hätte sie öffnen können. Sie traute sich nicht. Dafür wurde sie von einem Zittern erfasst, das schon einem leichten
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