1542 - Die Würgehand
schrecklich.
Jemand jammerte. Es dauerte einige Sekunden, bis sie erkannte, dass sie selbst das Geräusch ausstieß. Es klang einfach so fremd.
Da sie auf dem Rücken lag, musste Chikaze sie nicht erst noch herumdrehen. Er hatte etwas anderes mit ihr vor. Wieder wurde sie hochgerissen, blieb aber auf der Couch knien und konnte in ihrer Haltung über die Lehne schauen.
Eine Hand drehte ihren Kopf so, dass sie durch die breite Scheibe in den Nebel blicken musste.
Dort lauerte noch immer die Würgehand als monströses Etwas. Die Finger waren der Scheibe zugedreht, und es sah aus, als wollten sie jeden Augenblick das Glas zerschmettern.
»Du bleibst so knien! Hast du verstanden?«, zischte Chikaze hinter ihrem Rücken.
»Ja.«
»Ich will, dass du alles siehst.«
»Das tue ich.«
»Nein, es kommt noch etwas!«
Die harmlose Antwort sorgte bei Lydia für ein Magendrücken. Plötzlich schlug ihr Herz schneller, und dann begann es zu rasen, als sie die Bewegung im Nebel sah.
Kam da jemand?
Für die Dauer von ein paar Sekunden musste sie auf die Antwort warten.
Dann sah sie es besser, und sie wollte ihren Augen nicht trauen, denn die Gestalt, die sich unter der Riesenhand bewegte, war ihr Mann…
***
Gordon Flagstone hatte es geschafft. Und er selbst war ebenfalls geschafft. Er hatte sich beeilt, um das zu sehen, was er trotz der Worte seiner Frau eigentlich nicht hatte so recht glauben wollen.
Es gab sein Haus nicht mehr!
Aufgelöst hatte es sich nicht, aber es war unter einer hellen und dichten Masse verschwunden. Er hatte nichts von ihm gesehen. Da lag nur dieses Nebelgebilde in der Landschaft.
Er hatte den Wagen außerhalb abgestellt und war zunächst zur Vorderseite gegangen. Weder eine Tür, ein Fenster oder die Hausmauer waren zu sehen, und das nicht mal schattenhaft.
Der Staatsanwalt wusste nicht, was er tun sollte. Er stand völlig ausgelaugt vor seinem nicht sichtbaren Haus und fühlte sich so verdammt hilflos.
Es zuckten Gedanken durch seinen Kopf, aber welche es waren, das wusste er nicht. Am liebsten wäre er tief im Boden versunken, und nur der Gedanke an seine Frau hielt ihn noch aufrecht. Sie befand sich im Haus, und zu ihr wollte er.
Aber nicht sofort. Er wollte sich zunächst noch an der Rückseite umschauen. Er würde in den Nebel hineingehen, der für ihn nicht echt war, und er wollte das Fenster erreichen. Vielleicht war es ihm möglich, in das Wohnzimmer zu schauen.
Mit diesem Vorsatz machte er sich auf den Weg und schlug zunächst einen größeren Bogen, wobei er außerhalb dieser Nebelmasse blieb.
Dann aber musste er hinein.
Noch mal richtig Luft holen, alle Bedenken zur Seite schieben und dann in das unbekannte Etwas hineingehen. Er dachte dabei an seine Frau und an nichts anderes mehr.
Sekunden später war es so weit. Er trat den ersten Schritt in die reglose Nebelmasse ein. Einen Moment fürchtete er, keine Luft mehr zu bekommen, aber das war nicht der Fall. Er konnte normal atmen und sah es schon mal als einen kleinen Vorteil an.
Er hatte auch damit gerechnet, auf einen Widerstand zu treffen, doch er konnte völlig normal seinen Weg gehen. Nichts hinderte ihn daran oder wollte ihn zurückhalten.
Den Blick hatte er starr nach vorn gerichtet. Er wollte weder nach oben noch zur Seite schauen. Ihn interessierte nur sein Haus, das in der dicken Watte verschwunden war.
Aber es gab auch die Gedanken, die ebenfalls sein Antrieb waren. Sie drehten sich um seine Frau. Er wusste, dass sich Lydia im Haus aufhielt, in dem sie jetzt zu einer Gefangenen geworden war und von nicht begreifbaren Mächten festgehalten wurde. Zu dem Schluss war Flagstone mittlerweile gekommen. Was hier passierte, das konnte keinen normalen Ursprung haben. Da musste etwas mit im Spiel sein, was mit dem Verstand nicht zu fassen war. Und inzwischen glaubte er auch den Zeugenaussagen der beiden Männer, die von einer gewaltigen Hand gesprochen hatten, durch die der Transporter zerquetscht worden war.
Und nun der Nebel, falls es überhaupt einer war. So richtig akzeptierte er ihn nicht. Was er hier erlebte, war unnormal.
Feige war Flagstone nicht. Zudem ging es um seine Frau, die er auch nach vielen Ehejahren noch liebte.
Auf seinem Grundstück kannte sich Flagstone aus. Er hatte es des Öfteren bearbeitet und zählte deshalb seine Schritte. So konnte er sich genau ausrechnen, wann er die Rückseite des Hauses erreicht haben würde, und das dauerte nicht mehr lange.
Zur eigenen Sicherheit hielt er seine
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