1542 - Die Würgehand
Ausdruck darin ließ sich mit den Begriff Todesangst umschreiben.
»Sie ist tot, wenn ihr weitergeht und schießen wollt! Ich schaffe das. Ich habe es schon oft bewiesen!«
»Schon gut, wir haben verstanden«, sagte Suko.
»Und du - weg mit der Kanone!«
Damit war ich gemeint, denn ich hatte die Beretta gezogen.
Langsam ging ich in die Knie und streckte meinen Arm mit der Pistole nach rechts aus. Dann ließ ich die Beretta los, die zu Boden fiel und noch weiter rutschte, weg aus meiner Reichweite.
»So ist es gut!«, lobte Chikaze. »Das ist sogar sehr gut.« Er lachte plötzlich. Das entspannte die Lage zwar nicht, gab mir jedoch Gelegenheit, mich umzusehen. Ich brauchte nur einen kurzen Blick, der völlig ausreichend war.
Ich schaute an der Frau vorbei auf die Couch. Und dort lag ein Mann, der sich nicht mehr bewegte. So ging ich davon aus, dass er tot war.
Zwar lag er so, dass ich sein Gesicht nicht so genau sah, aber ich erkannte ihn an der Kleidung und wusste, dass es Gordon Flagstone, der Staatsanwalt, war. Demnach musste die kleine blonde Geisel seine Frau sein.
Chikaze grinste. Er glaubte, die Lage unter Kontrolle zu haben.
Ich sah ihn zum ersten Mal und musste zugeben, dass er mir nicht eben sympathisch war. Man soll sich ja nicht vom Aussehen eines Menschen leiten lassen, in diesem Fall brauchte ich nur in seine kalten und bösen Augen zu schauen, um zu wissen, was mit ihm los war.
»Chinese, du wirst dich nicht bewegen«, flüsterte er Suko zu. »Du wirst nicht mal mit den Wimpern zucken. Halt die Arme hinter deinem verdammten Kopf verschränkt - ebenso du…«
Wir kamen seiner Aufforderung nach.
Nichts passierte. Keiner sprach ein Wort, und über meinen Rücken rann es kalt hinweg.
Chikaze zog sich zurück. Er schleifte die Frau mit, die kurz vor dem Ersticken stand. Sie mit ihrem weit geöffneten Mund zu sehen und zu wissen, dass sie keine Luft mehr bekam, war schon schlimm. In mir brodelte es. Mich erfasste ein heißer Zorn auf diesen verfluchten Mörder, der für mich mehr ein Tier war.
Seine Hände hatten zahlreiche Menschen zu Tode gewürgt. Darin hatte er Routine. Deshalb ging ich davon aus, dass er bereits durch ein kurzes Zudrücken die Frau töten konnte.
Sie näherten sich dem breiten Fenster zum Garten. Die anschließende Glastür war geöffnet. So stand sein Fluchtweg fest.
Suko flüsterte mir zu: »Ich werde es mit dem Stab versuchen.«
»Nein, lass es lieber. Sobald du dich bewegst, drückt er ihr die Kehle zu. Dann ist Mrs. Flagstone tot.«
»Okay, stimmt.«
Wir hatten nicht damit gerechnet, so gelinkt zu werden. Leider konnten wir es nicht mehr ändern. In meiner Brust spürte ich den harten Druck und hatte dabei das Gefühl, als steckte mein Herz in einer Stahlklammer.
Chikaze hatte die Tür erreicht. Wir rechneten damit, dass er nach draußen gehen und die Geisel mitnehmen würde, doch er verfolgte einen anderen Plan.
Wir waren mehr als überrascht, als er uns befahl, näher zu kommen, die Haltungen aber nicht zu verändern.
Wir taten ihm den Gefallen, verkürzten die Entfernung und hatten es schon zur Hälfte geschafft, als wir den Befehl erhielten, stehen zu bleiben. Auch da gehorchten wir.
»Ja, das ist gut«, lobte Chikaze uns und lachte. Seine verdammten Würgeklauen zog er nicht vom Hals seiner Geisel weg, die wahnsinnig unter dem Luftmangel litt.
Und dann tat er etwas, was uns beide völlig überraschte. Er lachte auf und stieß einen Moment später die Frau von sich weg. Alles ging wahnsinnig schnell. Zudem hatte Mrs. Flagstone genügend Schwung erhalten, um den Weg bis zu uns zu schaffen.
Wir standen mit hinter dem Kopf verschränkten Händen, und die Frau war so heftig auf uns zugestoßen worden, dass wir nicht mehr in der Lage waren, auszuweichen.
Sie traf uns beide, was auch besser für sie war, denn allein hätte sie sich nicht auf den Beinen halten können. Sie wäre zusammengebrochen.
Sie wurde von uns aufgefangen.
Der Vorgang dauerte nur Sekunden. Leider reichte diese Zeitspanne dem Würger zur Flucht. Er hatte sich längst herumgeworfen und war durch die Tür ins Freie gerannt.
In diesen Momenten war die Frau nicht mehr wichtig. Das hörte sich zwar schlimm an, aber wir wussten, dass sie noch am Leben war, auch wenn sie schwer kämpfte, und so nahmen wir in den nächsten Sekunden die Verfolgung auf.
Leider hatte Chikaze einen ziemlichen Vorsprung. Es hätte auch nichts gebracht, wenn wir ihn angerufen und zum Stoppen aufgefordert
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