1543 - Der Held von Sigris
Messer versetzte.
Es ist soweit! dachte sie. Jetzt beginnt es. Nach dem Tod Willoms ist dessen 5-D-Aura auf mich übergegangen.
Die Leere, die ich empfand, es war das Ungewohnte, das Nakkische, das auf mich überwechselte.
Sie warf den Körper herum und starrte aus weit aufgerissenen Augen an die feuchte und modrige Decke. „Willom!" flüsterte sie. „Du hast es gewollt. Ja, sicher hast du gerade das gewollt. Du hast gesehen, was in der Zukunft auf mich wartet. Du kennst die Realität, nicht nur die vielen Wahrscheinlichkeiten. Du hast es mit voller Absicht getan. Du hast dich geopfert!"
Tiefe Traurigkeit befiel sie bei dem Gedanken. Ihr Mentor und Lehrer sollte seine eigene Existenz aufgegeben haben, um ihr zu helfen. „Ich will das nicht, ich wollte es nie!" schrie sie laut. „Hörst du es noch? Nimmst du es mit ins Jenseits?"
Es hatte keinen Sinn. Willom war schon zu lange tot. Wenn noch etwas von ihm gegenwärtig war, dann steckte es tief in ihr. Es bildete die Voraussetzung dafür, daß das eintrat, was sie in der Pararealität auf Wanderer gesehen hatte.
Wie von der Sehne geschnellt sprang sie auf, rannte zur Tür und riß sie auf. Sie stürmte hinaus in die Kammern, rannte von einer zur anderen und fand die dreiunddreißig Truillauer schließlich ganz hinten am unteren Ende der Ruine, wo das Rauschen aus einer defekten unterirdischen Leitung mitsamt dem Gestank zu ihnen heraufdrang. Die Genormten registrierten den üblen Geruch vermutlich gar nicht. Idinyphe hielt sich die Nase zu. „Trau-Ke-Vot!" sagte sie heiser. „Wir müssen weg. Meine Zeit ist gekommen. Ich brauche dringend die Unterstützung meines SERUNS. Wir können nicht hier unten bleiben. Wie groß sind die Chancen, in das Schiff zu gelangen?"
„Noch sind sie gering, aber dein Anzug hat ganze Arbeit geleistet. Die Ordnungshüter suchen den südlichen Stadtrand ab, an Stelle des östlichen. Vielleicht könnten wir es bei Nacht schaffen."
„Ich bin euch keine große Hilfe. Ich werde mich bald in einen Nakken verwandeln!"
Der Truillauer fuhr empor. „Nein!" schrie er. „Wir haben den Auftrag, Idinyphe zum Bewahrer zu bringen, nicht aber ein Wesen, das sich in einen Nakken verwandelt hat!"
„Die Metamorphose ist unausweichlich. Ich erkenne es immer deutlicher. Willoms Tod macht sie erst möglich!"
„Täuschst du dich auch nicht?"
„Nein!"
Ihre Hände fuhren zum Bauch. Übergangslos hatte sie starke Schmerzen und kehrte hastig in ihre Unterkunft zurück. Sie ließ sich zu Boden sinken, kühlte ihre Gedärme, indem sie sich mit dem Bauch auf den kühlen Boden legte, und begann tief und heftig zu atmen. Nach einer Weile ließen die Schmerzen nach.
Ihre Gedanken klärten sich, und ihr Körper vermittelte ihr den Eindruck, daß sie mit ihren Äußerungen vielleicht ein wenig zu vorschnell gewesen war. Mit den Händen zog sie die Matte herbei, legte sich darauf und schlief nach wenigen Minuten ein.
Sie schlief tief und fest, und als sie erwachte, war es ihrem Chronometer nach Mitternacht. Die Schmerzen waren verschwunden, sie fühlte sich, als sei nichts gewesen. Sie griff nach der Lampe, die die Truillauer ihr zur Verfügung gestellt hatten, und machte Licht. Vorsichtig betastete sie ihren Körper, doch sie konnte keine Veränderung feststellen.
Irgendwo draußen entstand ein leises Geräusch, zu leise, um von einem Truillauer zu stammen, und zu laut, als daß es von einer Ratte oder anderem Ungeziefer hätte stammen können. Lautlos erhob sie sich und schlich zur Tür. Mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, daß etwas geschah.
Die Tür bewegte sich ein ganz klein wenig. Sie quietschte leicht, ruhte dann auf der Stelle. „Hallo!" hauchte es aus dem Dunkel. „Ist da jemand?"
„Komm herein!"
Sie trat hinter der Tür hervor ins Licht. Wen immer sie erwartet hatte, damit hatte sie nicht gerechnet. Ein kleines Wesen huschte über den Boden, etwa zwanzig Zentimeter im Durchmesser. Der Körper war mit einem dunkelbraunen Pelz bedeckt. Das Wesen sah aus wie ein Knäuel unordentlich aufgewickelter Wolle. Es trippelte auf nicht sichtbaren Gliedmaßen mitten in das Zimmer, schnupperte und ließ sich auf der Matte nieder. „Ein Ulupho!" flüsterte Idinyphe überrascht. Sie sank auf die Knie nieder und beobachtete das zierliche Wesen. „Ich bin Sardon vom genialen Stamm der Surifant. Du mußt von mir gehört haben, Eirene-Idinyphe!"
„Nenne mich nicht ...", begann sie, brach aber ab. Was hatte es für einen Sinn, dem kleinen Kerl
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