1546 - Voltago der Diener
Möglichkeiten seiner Wadenblöcke waren enorm.
Zwei Minuten später erreichten sie eine Ortungszentrale. Sechs Truillauer taten Dienst, lagen jedoch gebannt in ihren Mulden. Faszination, dachte sie, die magische Anziehungskraft des Todes. Hier spiegelte sich auf großen Bildschirmen das Geschehen wider. Mit den Meßwerten vermochte sie nichts anzufangen - eher schon mit der optischen Aufbereitung.
Die Rebellenflotte war bereits zur Hälfte vernichtet.
Die CASSADEGA schoß aus allen Rohren. Nacheinander explodierten die Raumer der Topar; dagegen spürte Gesil das Residenzschiff nicht einmal sacht erzittern.
Jetzt traf Verstärkung für den Bewahrer ein. Fünfzig Kampfeinheiten materialisierten innerhalb des Systems.
Für die Topar war das das Signal zum Rückzug. Zehn Schiffe waren noch übrig, sie alle setzten sich blitzartig in unterschiedliche Richtungen ab. Eines wurde noch getroffen, der Rest entkam in den Hyperraum.
Und Qylinam?
Die Frau verfolgte mit Entsetzen, wie der Planet zerbrach. Fernoptiken holten die Katastrophe heran. In Zeitlupe lösten sich brennende, mondgroße Trümmer aus der Giftgaskugel und barsten in kleinste Splitter.
Nein, dort war niemand mehr am Leben.
Aber da war noch etwas.
Unsicher schaute sie Voltago an.
Der Klon mit der tiefschwarzen Haut ließ sich nichts anmerken, bemerkte wahrscheinlich wirklich nichts. „Bewahrer ...", flüsterte sie. „Ich spüre deine Nähe! Da bist du ja wieder."
Wieder einmal streifte sie der mentale Hauch der Neugierde. Dazu gesellte sich schier unbändige Freude, sie wiederzusehen. Und noch etwas, das sie nicht definieren konnte. Außerdem kämpfte Gesil wie immer mit den eigenen Gefühlen. Es war schrecklich: unter einem Mikroskop zu liegen, eine beschämende Sondierung über sich ergehen zu lassen.
Sie fuhr auf dem Absatz herum und wollte auf den Gang hinausstürzen. Doch wie unabsichtlich stellte sich Voltago genau zwischen sie und die Tür. Sie konnte nicht hinaus.
Zornig preßte sie die Lippen zusammen.
Hallo, Fremder! formulierte sie mühevoll auf gedanklichem Wege.
Vielleicht hatte sie es mit einem Telepathen zu tun. Ganz sicher aber mit einem Empathen; mit einem Wesen, das Gefühle aufnehmen und umgekehrt senden konnte. Denn Gesil spürte ganz deutlich Zufriedenheit.
Was macht dich so froh, Bewahrer? Was ist der Grund zur Freude?
Keine Antwort.
Dann aber haftete ihr Blick auf den Bildschirmen, wo in diesem Augenblick die Reste des Planeten Qylinam endgültig im atomaren Brand zerfielen. Wie viele Intelligenzwesen waren dort gestorben? Wie viele Gen verbrechen aber auch verhindert?
Und sie begriff, daß die Zufriedenheit des Bewahrers Qylinam galt. Irgend etwas war ganz nach Plan gelaufen.
Die Zerstörung einer wertvollen Basis zählte dabei nicht. „Was willst du, Bewahrer?" rief sie laut. „Welchen Wert mißt du mir zu?"
Keiner der Truillauer wagte es, sich nach ihr umzudrehen. Und Voltago zeigte keine Regung.
Im selben Augenblick entfernte sich der Bewahrer. Es war, als sei seine Nähe von einer Sekunde zur anderen gleichsam ausgelöscht. Er war entweder Teleporter oder aber sehr schnell. Oder er hatte seine empathischen Ausstrahlungen genau unter Kontrolle, und in dem Fall bemerkte sie seine Anwesenheit nur, wenn er es wollte.
Der neue Gedanke verbesserte nicht eben ihre Laune - genausowenig wie der Anblick dieses Dieners. „Geh mir aus dem Weg!" brachte sie mit kaum beherrschtem Zorn hervor.
Voltago trat einen Schritt zur Seite und sah sie verständnislos an.
Gesil lachte sarkastisch. Verständnislosigkeit war die einzige Regung, die seinem konturlosen Gesicht stand.
Nun, besser als Conn-Y-Spreik war Voltago allemal. Sie war es leid gewesen, den ganzen Tag von sprechenden Fladenwesen umgeben zu sein.
Ziellos lief sie durch das Residenzschiff. Erst Stunden später bat die Frau Voltago, sie zurück zu ihrer Unterkunft zu führen. Und tatsächlich, der Klon fand den Weg auf Anhieb. Dabei war er noch nie in seinem kurzen Leben an Bord der CASSADEGA gewesen.
Erst im nachhinein fiel ihr auf, daß er es gewesen war, der sie zehn Minuten vorher zur Orterzentrale geführt hatte. Aber auch Voltago war kein Wundertier. Es gab eine einfache, logische Erklärung: Durch die Wadenblöcke hatte er Funkverkehr.
Bedrückt legte sich Gesil schlafen.
Sie träumte von Millionen genormter Truillauer, die ein Riese nacheinander in einen Schmelzofen stieß.
Welche Grausamkeit. Die Finger des Riesen malten rätselhafte Zeichen in die
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