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1546 - Voltago der Diener

Titel: 1546 - Voltago der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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kann."
    „Gut. Wenn du kannst, lege sie mir irgendwie ins Bett."
    „Das werde ich tun. Du hörst wieder von mir."
    Die Kugel verstummte, dann verschwand sie mit hoher Beschleunigung in Richtung Naßzelle.
    Dort gab es breite Belüftungsschlitze. Wahrscheinlich der einzige Weg in die Abgeschiedenheit ihrer Räume.
    Eine Vibrationswaffe ... Womöglich konnte sie sich damit für die lange Wartezeit revanchieren.
    Das Bett war ein sicherer Ort. Der Klon dachte offenbar nicht im Traum daran, über die Funktion der Automatiken hinaus irgend etwas in Ordnung zu halten. Sie lachte innerlich. Als Leibdiener war Voltago wahrlich ein Versager.
     
    *
     
    Die Tage vergingen noch langsamer als vorher; wenn das denn möglich war.
    In Gesil staute sich immer mehr Wut auf den Bewahrer an. Diesmal jedoch entzündete sich ihr Zorn nicht an seinem Sündenregister, der Unterdrückung Truillaus oder Monos’ Zeugung - sondern schlicht und einfach daran, daß er sie wie ein Ding behandelte. Sie hatte zu warten, weil er es wollte.
    Tief in der Nacht erwachte sie.
    Schon wieder ein Besuch des Herrschers? Rasch suchte sie durch die transparenten Wände die Umgebung ab, fand jedoch kein Zeichen. In sich spürte sie lediglich eine Art Widerhall seiner Nähe. Das Gefühl war stark - aber es war nicht ganz dasselbe.
    Dennoch saß sie hellwach im Bett. Gesil stand auf und horchte in ihren Geist. Tatsächlich, sie hatte nicht geträumt. Vielleicht konnte sie ihn diesmal stellen. Vielleicht hatte er heute nacht nicht die Kraft, ihr zu widerstehen, womöglich fühlte sich sein mentales Echo deshalb anders an.
    Ganz in der Nähe ...
    Ohne nachzudenken, schlug sie den Weg zur Tür ein. Gesil spürte die Richtung deutlich, und diesmal stand keine Wand zwischen ihr und ihm. Nur diese Tür. Mit bebenden Fingern tastete sie nach dem Öffnungssensor. „Habe ich dich", murmelte sie.
    Lautlos fuhr die Tür beiseite.
    Doch auf dem Gang stand nur Voltago. Verwirrt sah sich die Frau um; das Ergebnis blieb dasselbe. Der Klon strahlte fast dieselben empathischen Impulse aus wie der Bewahrer von Truillau.
    Ungläubig näherte sie sich dem Wesen mit der tiefschwarzen Haut. Aus dreißig Metern Entfernung fiel das Licht einer Deckenlampe auf sein Gesicht, und lange Schatten verliehen den Zügen ein dämonisches Aussehen. „Bist etwa du der Bewahrer?" fragte sie. „Hast du mich die ganze Zeit getäuscht?"
    Der andere bewegte die Lippen, doch lediglich ein leises, unverständliches Murmeln brachte er hervor. Gesil rückte mit einem Ohr nahe an seinen Mund. „Ich bin nur ein Spiegel", hörte sie. „Ein Spiegel ..."
    „Was spiegelst du?" fragte sie heiser. „Wie meinst du das?"
    Keine Antwort mehr.
    Welch eine unwirkliche, sonderbare Situation. Im nachhinein war sie nicht einmal sicher, daß er wirklich gesprochen hatte. Vielleicht hatte ihre überreizte Phantasie nur wahrgenommen, was sie hatte wahrnehmen wollen.
    Sie streckte die Hände aus und berührte seine Haut mit den Fingerspitzen. Erschrocken zuckte sie zurück. Die Haut war eiskalt, sie fühlte sich wie gefrorener Stickstoff an. War er doch ein Roboter? Wie konnte es zu solchen Temperaturen kommen?
    Gesil geriet völlig aus dem Gleichgewicht.
    Noch vor ein paar Sekunden hatte sie ihren Leibdiener für den Bewahrer selbst gehalten, nun wieder für ein Produkt aus Kunststoff und Metall.
    Seine tiefschwarze Haut überzog sich mit weißem Rauhreif. Die Augäpfel wurden zu glanzlosen, unbeweglichen Kugeln. Noch immer strahlte Voltago auf mentalem Weg Impulse aus, die denen des Bewahrers unglaublich ähnelten.
    Lediglich der Sinngehalt kam anders zu ihr herüber. Der Klon war nicht auf der Suche nach etwas, er suchte eher die richtige Einstellung zu sich selbst. Er hatte Gesil nicht gerufen. Dennoch hatte sie gehört - und schloß daraus auf eine geistige Verwandtschaft zwischen ihr und diesem Wesen.
    Und dann sein Gesicht. Gesil erschauerte am ganzen Körper. Die im Grunde ausdruckslosen Züge verwandelten sich. Unter dem Einfluß der Kälte modellierte Voltago seine Nase, die Wangen und die Stirn völlig neu. Gesil erkannte ihre eigenen Züge wie in einem Zerrspiegel.
    Aber Voltago machte weiter. Nun waren die Augen an der Reihe, und zum Schluß verwandelte sich jede kleine Falte in eine Kopie. Ein Lächeln überzog das Gesicht, das wie eine Holoaufzeichnung ihrem eigenen ähnelte.
    Ein Lächeln - und dann namenloser Schrecken.
    Gesil zuckte zurück.
    In Gedanken sah sie die Temperatur des Wesens weiter

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